Siegen. Bernd Schneider wird am Samstag 67 und scheidet aus dem Dienst aus. Er ist der letzte ehrenamtliche Kreisbrandmeister.

Die Feuerwehr wurde Bernd Schneider in die Wiege gelegt. Die ersten Worte waren nicht Papa oder Mama, sondern „Feuerwehr“, scherzt sein Vater Manfred Schneider. Kein Wunder: Denn Kreisbrandmeister Bernd Schneider, der am Samstag seinen 67. Geburtstag feiert und damit aus dem aktiven Dienst ausscheidet, ist in einem Feuerwehrgerätehaus geboren worden.

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Hausgeburt im Feuerwehrgerätehaus

Manfred Schneider, freiwilliger Feuerwehrmann und Gerätewart des damaligen Löschzugs Klafeld-Geisweid, wohnte mit Ehefrau Herta in der Hausmeisterwohnung des Feuerwehrgerätehauses. Dort brachte Herta Schneider den Jungen 1957 in einer Hausgeburt zur Welt.

Brandmeister Manfred Schneider versorgte auch die Fahrzeuge. Und wenn die Sirenen heulten und die Feuerwehrmänner – damals gab es keine Frauen in der Feuerwehr – zum Gerätehaus spurteten und zum Einsatz ausrückten, schaute der kleine Bernd aus dem Fenster und winkte seinem Vater hinterher. Im Laufe der Jahre und seiner Schulzeit sehnte Bernd seinen 15. Geburtstag herbei, denn nun konnte er selbst aktives Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr werden. Zwar gab es schon die ersten Jugendfeuerwehren, aber nicht in der Stadt Siegen und vor der noch nicht eingemeindeten Stadt Hüttental. Damit war Bernd im aktiven Dienst, beim Einsatz aber erst einmal in der letzten Reihe.

Nachdem sein Vater Manfred 1971 stellvertretender Stadtbrandmeister wurde, belegte Sohnemann Bernd auch verschiedene Feuerwehrlehrgänge. Vom einfachen Feuerwehrmann arbeitete er sich empor zum Oberfeuerwehrmann, in den 80er Jahren zum Gruppenführer, Zugführer, Verbandsführer sowie zum stellvertretenden Wehrführer in der Feuerwehr der Stadt Siegen, wo er 1998 zum Wehrführer und stellvertretenden Kreisbrandmeister ernannt wurde.

Auch beruflich arbeitet sich Bernd Schneider voran. Nachdem er eine Lehre als Maschinenschlosser erfolgreich abgeschlossen hatte, machte er einige Jahre später seine Meisterprüfung, legte die Prüfung zum Maschinentechniker ab und machte sich mit einem Brennschneidebetrieb selbstständig.

An der Spitze der Feuerwehrleute in NRW

2005 wird Bernd Schneider zum Kreisbrandmeister des Kreis Siegen-Wittgenstein ernannt; er löst Gerhard Müller als Kreisbrandmeister ab. Im selben Jahr wird Bernd Schneider Vorsitzender des Kreisfeuerwehrverbandes Siegen-Wittgenstein, den er bis 2021 leitet, und 2011 stellvertretender Vorsitzender des Verbandes der Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen. Sein Wort hat Gewicht in Düsseldorf und auch in Berlin. „Wenn es uns nicht bald gelingt, das Ehrenamt nachhaltig zu entlasten, uns selbst von liebgewonnenen Aufgaben zu befreien sowie neue Wege zu gehen, so wird es auf längere Sicht das System so nicht mehr geben“, sagt Bernd Schneider auf vielen Veranstaltungen.

Foto von 2009: Landrat Paul Breuer, Vater Manfred Schneider, Sohn Bernd.
Foto von 2009: Landrat Paul Breuer, Vater Manfred Schneider, Sohn Bernd. © Jürgen Schade | Jürgen Schade

Bernd Schneider, der der letzte ehrenamtliche Kreisbrandmeister Siegen-Wittgensteins ist, sieht die gewachsenen Strukturen freiwilliger Feuerwehrarbeit in Gefahr. Die Kommunen müssten Geld in die Hand nehmen, wenn sie weiter „Gefahrenabwehr für kleines Geld“ haben wollten. Fahrzeugwartung, Schlauchwerkstatt, Atemschutz und Geräteprüfung müssten zentral wahrgenommen werden. Auch die persönliche Schutzausrüstung müsse zentral geregelt werden, „davon sind wir kilometerweit entfernt“.

Viel zu tun: Gefahrenabwehrzentrum muss kommen

Schneider drängt auf die Realisierung des schon lange geplanten Gefahrenabwehrzentrums für den Kreis „Die üblicherweise an Krisendemenz leidenden Politiker sollten die Krisen der letzten Jahre dazu nutzen, den Katastrophenschutz neu und zukunftsweisend aufzustellen. Denn angesichts von Naturkatastrophen und einer drohenden Energiemangellage ist festgestellt worden, dass Planstellen im Bereich des Katastrophenschutzes bei den Behörden Jahrzehnte unbesetzt waren.“ Am Herzen liegt Bernd Schneider nicht nur die Jugendfeuerwehr, sondern auch die Kinderfeuerwehr, die er mit aufgebaut hat.

Plötzlich hatte ich die Polizei mit Blaulicht hinter mir.
Bernd Schneider, Kreisbrandmeister

Rund 3.500 Feuerwehrmänner- und Frauen sowie Jugendfeuerwehren und Kinderfeuerwehren in 114 Einheiten im Kreis Siegen-Wittgenstein stehen für Sicherheit. Zu Hunderten von Einsätzen wurde Bernd Schneider gerufen. Das kann auch einmal komisch werden. „Ich wurde zu einem Einsatz alarmiert, war aber mit meinem Privat-Pkw unterwegs und da habe ich mir mein Blaulicht aufs Dach gesetzt und das Martinshorn eingeschaltet“, erzählt er, „plötzlich hatte ich die Polizei mit Blaulicht hinter mir, die dann über Funk ihrer Leitstelle Bescheid gab, dass da jemand mit seinem Privat-Mercedes mit Blaulicht und Martinshorn über die HTS fahre“. Bernd Schneider mischte sich ins Funkgespräch mit ein: „Sagt mal eurem Streifenwagen, sie könnten die Verfolgungsjagd abbrechen, ich bin der Kreisbrandmeister und auf Einsatzfahrt“.

Das einzige Foto mit allen bisherigen Kreisbrandmeistern wurde 2005 aufgenom men: Ernst Dittmann (Kreuztal, verstorben 2018), Armin Setzer (Müsen), Gerhard Müller (Wilnsdorf) und Bernd Schneider (Siegen). 
Das einzige Foto mit allen bisherigen Kreisbrandmeistern wurde 2005 aufgenom men: Ernst Dittmann (Kreuztal, verstorben 2018), Armin Setzer (Müsen), Gerhard Müller (Wilnsdorf) und Bernd Schneider (Siegen).  © Jürgen Schade | Jürgen Schade

„Viele Großbrände bleiben mit in Erinnerung“, sagt Bernd Schneider. Besonders der Großbrand bei Isovar, den abgerutschte Friedhof in Kaan-Marienborn, der Tod zweier Kinder bei einem Wohnungsbrand am Hohen Rain. Und der Mord an der kleinen Elmedina aus Siegen und vor einem Jahr an Luise aus Freudenberg. Besonders mitgenommen hat ihn der Tod von Markus Schwarze, seinem Kameraden und Freund, Leiter der Feuerwehr Burbach, den er vor drei Wochen mit beisetzen musste. „Aber es hat in meiner Dienstzeit auch schöne Ereignisse gegeben, an die ich mich gerne zurückerinnern werde.“

Hauptamtlicher Nachfolger ab 1. April

Im Verband der Feuerwehren will Bernd Schneider weiter aktiv bleiben. An der Spitze der Feuerwehr in Siegen-Wittgenstein bleiben Sebastian Reh (Netphen) und Dirk Höbener (Bad Laasphe) als stellvertretende Kreisbrandmeister. An die Spitze der Feuerwehr tritt erstmals ein hauptamtlicher Kreisbrandmeister: Das soll - so wurde es vom Kreistag beschlossen - Matthias Theis werden, der Leiter des Amtes für Brand- und Bevölkerungsschutz und Rettungswesen in der Kreisverwaltung.

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