Siegen. Erheblicher Sanierungsstau im Begegnungs- und Beratungszentrum für queere Menschen: Aus Politik breiter Widerspruch gegen Instandhaltungspläne.

Das „Andersroom“ ist marode. Das Begegnungs- und Beratungszentrum für queere Menschen in Siegen im ehemaligen Feuerwehrgerätehaus an der Freudenberger Straße hat erheblichen Sanierungsstau, meldet die Queere Initiative Siegen (QIS) als Trägerverein. Die Stadt hatte als Eigentümerin vorgeschlagen, auf eigene Kosten – rund 175.000 Euro – Fenster, Fassade und Toranlage zu erneuern; was die QIS nicht aus eigenen Mitteln beheben könne. Gegen diesen Plan kommt aber umfassender Widerspruch aus der Kommunalpolitik.

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Hintergrund sind die Eigentums- und Nutzungsverhältnisse. Das Gebäude gehört der Stadt, verwaltet wird es von der Kommunalen Entwicklungsgesellschaft (KEG). 2004 wurde ein Leihvertrag zwischen der KEG und der Schwulen Initiative Siegen geschlossen, wie die QIS seinerzeit noch hieß: Danach wurde der Initiative das Gebäude unentgeltlich zur Verfügung gestellt, statt es abzureißen, im Gegenzug verpflichtete sich der Verein dazu, die „komplette Instandhaltung (auch in Dach und Fach) und alle Betriebskosten (...) zu übernehmen“. Das steht in der Verwaltungsvorlage der kaufmännischen Gebäudewirtschaft, über die der Rat am 22. November zu beschließen hat und damit ist der Bauausschuss quer durch alle Fraktionen überhaupt nicht einverstanden.

Zwei Einbrüche im Siegener Andersroom - Türen kaputt, aber inzwischen gesichert

Zumindest seien sehr viele Fragen offen, so der einhellige Tenor. Wenn der Verein die Mittel nicht aufwenden könne, sei dann der Vertrag unseriös, sittenwidrig, fragwürdig?, fragte Joachim Pfeifer (SPD). Warum müsse die Stadt sanieren, wenn das doch vertraglich anders festgehalten sei? Wenn nun die Stadt saniert und der Verein im Gebäude bleibe - was grundsätzlich zu begrüßen sei - was sei dann mit dem Vertrag? Nur weil der Verein etwas Gutes tue, müsse das dennoch geklärt werden.

Wir wollen, dass der Verein zumindest in Siegen bleibt. Er ist extrem wichtig für die Stadt
Jürgen Schulz, Grüne

Der finanzielle Rahmen sei sehr hoch angesetzt, fand auch Frank Reifenrath (CDU). Für die angedachte energetische Sanierung gelte es zunächst Fördermöglichkeiten zu prüfen, bevor der städtische Haushalt vollumfänglich mit dieser Summe belastet werde; weiterhin gelte es eigene Kosten zu reduzieren. Und der Verein müsse in der Lage sein dafür zu sorgen, dass er auch in Zukunft die Bausubstanz erhalten könne. Zumal es dort nach Vandalismusschäden wohl ein beliebiges Kommen und Gehen durch die kaputte Tür geben solle. Dem widersprach Ansgar Cziba (Grüne): Nach zwei Einbrüchen seien die beschädigten Eingänge „sachgerecht verstärkt und gesichert“ worden.

Baupreissteigerung auch bei Andersroom in Siegen befürchtet

„Wir wollen, dass der Verein zumindest in Siegen bleibt“, sagte Jürgen Schulz (Grüne), „er ist extrem wichtig für die Stadt“, also gelte es, das Bestmögliche für Siegen und QIS herauszuholen. Zumal 175.000 Euro nach viel klingen, angesichts der Preissteigerungen bei anderen städtischen Bauvorhaben aber womöglich nicht das Ende seien. „Da kommt noch eine ganze Menge mehr dazu.“

Ursula Simon (AfD) fragte nach „unsachgemäßer Nutzung“ und sich daraus ergebenden Regressansprüchen gegen die QIS.

Hintergrund: Siegener Verein musste wegen Schleifmühlchen-Kreisel weichen

Der Vertrag laufe 20 Jahre, wusste Peter Meyer, Leiter der Zentralen Gebäudewirtschaft, zu berichten. Also nicht mehr lange. Fenster und Türen seien kaputt, daher müsse man sich auch um die Fassade kümmern - das bedeute keine Grundsanierung, sei aber erforderlich, damit kein bauphysikalischer Unfug getrieben wird. Die Fenster zu erneuern mache hinsichtlich des Wärmeschutzes nur Sinn, wenn auch die Fassade gedämmt wird. Die offenen Fragen sollen zum Haupt- und Finanzausschuss, spätestens aber zum Rat geklärt werden.

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Hintergrund: Bevor die SIS in das ehemalige Feuerwehrgerätehaus zog, hatte die Initiative am Schleifmühlchen ihre Räume. Als die Stadt dort den Kreisverkehr bauen wollte, der dann jahrzehntelang ein berühmt-berüchtigtes Provisorium blieb, zog der Verein in die Immobilie an der Freudenberger Straße um und nannte das Zentrum in Anspielung auf den Kreisel „Andersroom“.