Hilchenbach. Als Hans-Peter Hasenstab Bürgermeister wurde, war Yann noch klein. Inzwischen brennt sein Vater Gin und mehr – der Sohn kommt auf den Geschmack.
Als er seinem Betrieb einen Namen gab, ging Hans-Peter Hasenstab pragmatisch vor. „Hasen“ sollte vorkommen, und eine günstige Platzierung im Auflistungen. „1 Hase“, „2 Hasen“, „3 Hasen gab es schon – also wurden es „4 Hasen“, zufällig auch passend zur Zahl der drei Hasenstabschen Abkömmlinge. Die hatten bisher mit dem Geschäft des Vaters nichts zu tun. Bisher. Nun macht Yann Hasenstab mit. Der 22-jährige Informatikstudent hat an der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau (LVWO) Weinsberg die Ausbildung zum Brenner begonnen.
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Zwei Jahre lang wird Yann Hasenstab Mathematik und Fruchtanbau, Marketing und Mikrobiologie, Brennereitechnologie und Unternehmensführung lernen, bis er die Prüfung ablegt. „Und dann mal sehen, was kommt.“ Am besten von der Brennerei leben. Oder dazu noch einen Nebenjob machen, wenn es nicht reicht. Der Vater ist bester Dinge: Die Branche ist im Umbruch, die kleinen Nebenbei-Brenner werden bei den zunehmenden Restriktionen in der Gesetzgebung nicht mithalten können, zum Überleben werden professionelle Ausstattung und Expertise im Marketing gebraucht. „Es gibt Chancen in dem Metier“, sagt Hans-Peter Hasenstab.
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Yann Hasenstab war noch ein ganz kleiner Junge, als sein Vater 2004 zum Bürgermeister von Hilchenbach gewählt wurde. Und er war 16, als Hans-Peter Hasenstab sich entschied, kein drittes Mal zu kandidieren, ein paar Gläser auf den Tisch stellte und Rathaus und Stadt mit seiner beruflichen Neuorientierung überraschte. Da war Yann in dem Alter, in dem außer Bier und Wein – nicht sein Fall – Pfeffi und Berliner Luft angesagt waren. Süß und billig halt. „Ich habe relativ lange gar nicht getrunken.“ Und dann eher das, was er zu Hause so roch: „Schoko-Chili-Likör habe ich gern getrunken. Mittlerweile ist er mir schnell zu süß.“ Sein „absoluter Favorit“, sagt er, ist der Himbeergeist. Wobei der Geschmack des Brenners nicht unbedingt das Maß der Dinge für die Produktion sein solle.
Ganz neu: Süßkirsche im Rumfass
Da unterscheidet er sich vielleicht ein bisschen vom Vater. Nicht, dass der das Geschäftliche nicht drauf hätte. Aber eigentlich, so räumt Hans-Peter Hasenstab ein, sei sein Sortiment mit 35 Geisten und Likören „wirtschaftlicher Unsinn“. Doch sich auf fünf Sorten zu beschränken, „fand ich langweilig“. Er produziert halt gern – und er liebt es, bei den Verkostungen mit Interessierten zu fachsimpeln, immer in Gruppen von bis zu 12 Leuten, die er mit Likör und Prosecco empfängt, bevor es an die hochprozentigen Geiste geht. Wobei: Likör wird nicht durch die Umdrehungen, sondern durch den Zuckergehalt zum Likör. Vierhasens Ingwerlikör hat einen Alkoholgehalt von 40 Prozent.
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Hans-Peter Hasenstab sieht seine Aktivität als Halbtagsjob. Bei gutem Wetter geht er raus und sammelt Früchte: Vogelbeeren in Fellinghausen, Schlehen in Oechelhausen, Fichtennadelspitzen direkt zu Hause in Vormwald. Einiges kauft er dazu, „bei Waldbeeren habe ich im Siegerland keine Chance“. Und die Kräuter für den Grüne-Soße-Geist sind sowieso getrocknet. Grüne Soße? „Man kann alles trinken“, betont Hans-Peter Hasenstab. Aber Grüne Soße oder Fichtennadel als Alkohol aus dem Flakon in den Wok gesprüht oder einen Esslöffel Lemongrassgeist dazugegeben… Auch Fernsehkoch Olaf Baumeister hat das in Hasenstabs Küche schon ausprobiert.
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Die Geiste der Vierhasen sind zuckerfrei. „Wer daran Gefallen gefunden hat, kommt immer wieder“, sagt Hans-Peter Hasenstab. Zumal es ja auch immer wieder Neues zu probieren gibt. Die Süßkirsche aus dem Rumfass zum Beispiel. Die Kirschspirituose – Kirschgeist darf man nicht sagen, sagt die EU – hat ein Jahr lang in einem Fass gelagert, in dem sich zuvor Jamaica-Rum befand. „Als nächstes nehme ich Holunder. Der muss wahrscheinlich länger als ein Jahr drinbleiben.“ Dass der Schöpfer solcher Gaumengenüsse seine Verwaltungs-Vita niemals ganz abschütteln wird, räumt Hans-Peter Hasenstab selbstironisch ein: „Ich habe schon bei meinen Etiketten die Kostenschere im Kopf gehabt.“ Um nur eins zu drucken, werden die Sorten von Hand dazugestempelt und das Erzeugnis (Wein, Geist oder Spirituose) angekreuzt. Der Kunde bekommt Handarbeit.
Preisgekrönt
64 Mal hat die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz seit 2016 Erzeugnisse aus der Hilchenbacher Vierhasen-Brennerei mit Gold und Silber ausgezeichnet.
Fünf Mal stellte Hans-Peter Hasenstab den Siegerbrand.
2023 gibt es sieben Mal Gold für den Aronia-, Schlehen-, Waldhimbeer-, Hagebutten-, Kaffee-, Erdbeer- und Kräutergeist und Silber für den Sanddorngeist und den Kaffeelikör.
Der Kräuterlikör lagert in Holzfass – eine Besonderheit. Vierhasen verwenden sonst nur noch Edelstahlfässer, seit der Unternehmensstart mit Apfelwein-Glasballons sich nachdrücklich nicht bewährt hat: Einer der gefüllten Ballons ist zerborsten.
Siegberg-Gin aus Vormwald
Hans-Peter Hasenstab nutzt eine Reihe von Kanälen für den Absatz seiner Erzeugnisse: den eigenen Hofladen (dienstags und donnerstags von 17 bis 19, mittwochs von 11 bis 13 Uhr), sein Regal in der Metzgerei Schmitt, den Versand für Online-Bestellungen. Und dann ist da noch der Siegberg-Gin. Für Guido Müller, Christian Klein und Sinje Cramer hat Hans-Peter Hasenstab eine Cuvée aus Fichtennadelgeist und seinem Gin hergestellt. „Die wollten noch mehr Siegerland, da sind wir bei der Fichte gelandet.“ Das Produkt hat nicht nur den Auftraggebern geschmeckt, sondern auch eine große Kundschaft gefunden. „Marketing können die besser als ich“, sagt Hasenstab über seine Partner, die eigentlich hauptsächlich eine PR- und Marketingagentur betreiben. So war es nur eine Frage der Zeit, dass auch noch ein Likör dazu kam. Der „Heimatbitter“ ist Hasenstabs Siegerländer Bitterlikör, veredelt mit Salbeigamander. „Schmeckt unheimlich gut mit einer Orangenschale dazu.“
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Nach Gießen, Köln, Braunschweig, Koblenz, Mainz und Wiesbaden liefern die Vierhasen Mokkalikör. Die kleinen Röstereien schicken den Kaffee nach Vormwald, wo er geschrotet, mazeriert und destilliert wird, und gewürzt, unter anderem mit Kardamon und Vanille. Aus fünf Kilo Kaffee werden 100 Flaschen Likör. „Ich habe immer größere Kreise gezogen.“ Und trotz so viel Aktivität: Nur 30 Mal im Jahr Hans-Peter Hasenstab die Brennerei in Betrieb. „Die Produktion könnte man hochfahren“, sagt Sohn Yann, „ohne sich in die Quere zu kommen.“
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