Grund. Viele Menschen, die sonst nicht tätowiert sind, spricht das Organspende-Tattoo an. Anne Skaradek tätowiert es in Hilchenbach kostenlos.
Es kann jeden treffen: Auf einmal braucht die Schwester, der Onkel, die beste Freundin oder man selbst eine Organspende. Doch die wenigsten beschäftigen sich mit diesem Thema. „Wer will sich schon mit dem Tod auseinandersetzen?“, sagt Anne Skaradek. Aber das sei wichtig – denn Organspenden können Leben retten. Die Tätowiererin aus Grund tätowiert seit einigen Monaten das Organspende-Tattoo („OptInk“-Tattoo) der Initiative „Junge Helden“. Eines Organspendeausweises und der Absprache mit den Angehörigen bedarf es trotzdem noch – aber dank des Tattoos kann im Notfall leichter auf die Spendenwilligkeit aufmerksam gemacht werden.
Organspende: Tätowiererin will auf wichtiges Thema aufmerksam machen
„Mein Neffe ist mit einem komplexen Herzfehler zur Welt gekommen“, erzählt Anne Skaradek. „Das verändert den Blick auf solche Themen.“ Die 37-Jährige hat schon längere Zeit einen Organspendeausweis, ist auch bei der DKMS als Stammzellenspenderin registriert. „Doch wenn das erste Mal sowas in der Familie ist, verändert das etwas.“ Man habe nur begrenzt Möglichkeiten zu helfen, wenn man nicht der passende Organspender sei.
Mit den Tattoos könnte sie die Thematik „in den Fokus rücken und zu Gesprächen anregen“, betont die Tätowiererin. Vielleicht würde sich dadurch der ein oder andere mit der Möglichkeit der Organspende auseinandersetzen. Auch wenn die Frage polarisiere: So bekam Anne Skaradek bereits eine Broschüre zugeschickt, die dazu aufruft, keine Organe zu spenden. „Bei anderen Tätowierern ging das schon in eine bedrohliche Richtung.“
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Doch Anne Skaradek lässt sich nicht unterkriegen: Mehr als 60 „OptInk“-Tattoos hat sie in drei Monaten in ihrem Tattoostudio „Grund-Farbe“ gestochen. Und sie hat schon weitere, feste Termine für genau diese Tattoos bis Oktober in ihrem Terminkalender.
„Der überwiegende Teil, der sich das stechen lässt, hat sonst noch gar keine Tattoos.“ Genau diese Körperbemalung sei da oft eine „Initialzündung“: Viele Menschen hätten schon über ein Tattoo nachgedacht, aber dann kein passendes Motiv gefunden oder sich einfach nicht endgültig dazu durchgerungen. „Bei manchen bleibt das Organspende-Tattoo auch das einzige.“
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So habe sich kürzlich erst ein 71-Jähriger ein solches bei ihr stechen lassen, berichtet Anne Skaradek. Oft seien es auch Feuerwehrmänner, Pflegefachkräfte oder Menschen, die in anderen sozialen Institutionen arbeiten, die das „Junge Helden“-Tattoo wählen würden.
Die Initiative „Junge Helden“: Das steckt dahinter
„Junge Helden“ ist ein gemeinnütziger Verein, der sich zum Ziel gesetzt hat, über Organspende aufzuklären und zu motivieren, darüber eine Entscheidung zu treffen und diese auch den Angehörigen mitzuteilen. Mittlerweile engagieren sich auch Stars wie Schauspieler Jürgen Vogel und Moderatorin Johanna Klum für die Initiative. Als Tattoostudio sei es ganz leicht, bei der Aktion mitzumachen, erzählt Anne Skaradek. „Ich habe den Verein einfach angeschrieben und dann wurde ich auf der Seite erfasst.“
Nicht jeder, der sich für ein Organspende-Tattoo interessiere, entscheide sich auch endgültig dafür. Man könne ganz unverbindlich bei ihr anfragen, danach gäbe es ein Beratungsgespräch, erzählt Anne Skaradek.
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Viele würden das Tattoo auch individualisieren. So würde der ein oder andere z. B. die Geburtstage der eigenen Kinder darin verewigen. „Das Motiv steche ich in seiner klassischen Form, bis zu einer Größe von bis zu 6 Zentimetern in der Höhe, kostenlos“, erzählt Anne Skaradek. Ihr ist es wichtig, bei einer guten Sache mitwirken zu können – dafür nimmt sie auch in Kauf, dass sie nicht immer dafür Geld bekommt. Für Änderungen, Erweiterungen und Verzierungen berechnet sie einen Aufpreis.
Organspende-Tattoo: Das ist das Prinzip dahinter
Dennoch: Das Tattoo ist kein rechtsgültiges Dokument. Relevant sind ein ausgefüllter, unterschriebener Organspendeausweis und die Gespräche mit der Familie über die Entscheidung. Gerade im Notfall muss es meist schnell gehen. Das Organspende-Tattoo ist da ein wichtiger Hinweis für eine Willensbekundung, die dann wirkt, wenn die Angehörigen Bescheid wissen. Denn oft entscheiden sie, was passiert, wenn die Lage unklar ist.
„Man sollte einen Organspendeausweis haben und bei sich tragen“, so Anne Skaradek. „Man kann seine Meinung auch auf einem Stück Papier festhalten und mit seiner Unterschrift und Datum zu einem gültigen Dokument werden lassen“, heißt es auf der „Junge Helden“-Homepage.
Die Rahmenbedingungen
Die Voraussetzungen dafür, dass man nach dem Tod Organe spenden kann, sind im Transplantationsgesetz genau geregelt: Bei der verstorbenen Person muss der unumkehrbare Ausfall der gesamten Hirnfunktionen (Hirntod) festgestellt worden sein. Zudem muss eine Zustimmung zur Organspende vorliegen – z. B. im Organspendeausweis oder in der Patientenverfügung, wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung(BZgA) auf ihrer Homepage erläutert.
Ab dem vollendeten 14. Lebensjahr können Menschen in Deutschland ihren Widerspruch zur Organspende erklären, ab dem 16. Lebensjahr ihre Bereitschaft. Es gibt kein Höchstalter für eine Organspende.
Ein Organspendeausweis kann kostenfrei bei der BZgA bestellt werden; häufig liegt er auch in Arztpraxen oder Apotheken aus. Mehr Infos zum Thema gibt’s auf organspende-info.de, mehr Infos über das Tattoo auf junge-helden.org.
Anne Skaradek empfiehlt, dass Tattoo an einer offensichtlichen Stelle zu verewigen: „Am Unterarm innen oder am Handgelenk.“ Das Motiv sei „sehr zeitlos, sehr klar“ – ein Halbkreis wird mit einem weiteren Halbkreis zum Ganzen. „Ein Symbol für das Geschenk des Lebens – die Organspende“, heißt es seitens der „Jungen Helden“.
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Dieses Motiv zu stechen, sei technisch nicht ganz einfach, der Kreis sei die Schwierigkeit, erzählt die Tätowiererin aus Grund. „Doch wenn man schon 60 Stück gestochen hat, ist man routiniert.“
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