Lützeln. Ziegen erkunden gerne die Umgebung. Anna-Lena und Ruben Reuter machen Ausflüge mit ihren Böcken – und nehmen andere Menschen gerne dabei mit.

Die fünf Mönche stehen das ganze Jahr über auf einer Weide in Burbach. Mönche auf einer Weide? Ja, nicht die zweibeinigen mit Kutte – die vierbeinigen mit Fell. Denn ein kastrierter Ziegenbock heißt in der Fachsprache „Mönch“. Davon haben Anna-Lena und Ruben Reuter gleich fünf Stück auf ihrem Grundstück in Lützeln.

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Das Ehepaar bietet ganzjährig Ziegenwanderungen durch den Hickengrund an. „Uns macht es total Spaß und das möchten wir auch anderen Leuten ermöglichen“, erzählt Anna-Lena Reuter. Doch das war nicht immer so, denn „ursprünglich waren die Ziegen zur Landschaftspflege gedacht“. Aber nach einigen Ausbrüchen der Herde hätten die beiden das Potenzial der Böcke als Wandergefährten erkannt. „Auf dem neuen Zaun ist stärkerer Strom, es ist schon lange keiner mehr ausgebrochen.“ Es scheint, als würde der Wunsch der Tiere, die Umgebung zu erkunden, nun durch die regelmäßigen Ausflüge erfüllt. „Wir haben angefangen, die Ziegen zu trainieren“, erklärt die Ziegenexpertin. Von verschiedenen Halftern über unterschiedliche Leinen hätten die beiden viel ausprobiert. Immer mit dabei: Ziegenpellets. „Für Futter machen die alles, das ist wirklich das Größte für sie.“

Wanderungen für alle Anlässe mit den Hickenziegen in Burbach buchbar

Es habe lange gedauert, bis die mittlerweile fünf Ziegen soweit waren, gefahrlos mit Fremden zu wandern. Zunächst wurde mit Familie und Freundinnen und Freunden geübt. Dann musste das Paar ein Gewerbe anmelden, brauchte die Erlaubnis des Veterinäramts, musste die Wanderrouten vorher aufzeichnen und vieles mehr. Anna-Lena Reuter erinnert sich: „Wir haben uns durch den Behördendschungel gekämpft, aber dann konnte es im letzten Jahr endlich losgehen. Am Anfang haben wir von der Mundpropaganda gelebt und hatten nicht allzu viele Anfragen. Das war für uns aber auch ganz gut so, weil unser Sohn damals noch sehr klein war und wir dann jedes Mal jemanden fürs Kind brauchten.“

Unterwegs laufen die Tiere frei, Anna-Lena und Ruben Reuter sind immer dabei und geben Hinweise zum richtigen Umgang mit den Ziegen.
Unterwegs laufen die Tiere frei, Anna-Lena und Ruben Reuter sind immer dabei und geben Hinweise zum richtigen Umgang mit den Ziegen. © Carsten Schmale/Hickenziegen

Anfangs seien es vor allem Besucher und Besucherinnen aus der Region gewesen, denen schnell auffiel, dass es schöne Natur auch hier in der Umgebung gibt. Mittlerweile seien es jedoch insbesondere Personen aus Großstädten wie Frankfurt oder Dortmund, die so einen Einblick in das „Dorfleben“ erhalten. Das Ehepaar bietet drei verschiedene Routen über 3,5 Kilometer, 4 Kilometer oder 5 Kilometer an. „Wir probieren es immer bei einer Tour pro Tag zu belassen, damit die Ziegen Zeit zum Wiederkäuen haben. Manchmal geht das nicht, aber dann achten wir darauf, dass es nie zwei große Touren an einem Tag werden“, sagt Anna-Lena Reuter. In der Regel werden die Touren von Freitag bis Sonntag angeboten, aber auch Touren für besondere Anlässe sind buchbar. „Wir hatten schon Junggesellenabschiede oder Kindergeburtstage. In der Weihnachtszeit hat der Nikolaus den Kindern im Anschluss an die Tour ihre Ziegendiplome überreicht und zu Ostern gilt es, so viele Eier wie möglich unterwegs zu finden.“

Ziegenbock Hansi ist der Chef der Truppe – aber das kann sich auch ändern

Jedes Kind muss von einem Erwachsenen begleitet werden, der die Verantwortung für das Tier übernimmt. Sobald die Wandergruppe auf den Waldwegen angekommen ist, werden die Ziegen von der Leine losgemacht und trotten die restliche Zeit neben ihren Begleiterinnen und Begleitern her. Nur an Straßenübergängen oder bei entgegenkommenden Hunden oder Menschen sollten die Böcke sicherheitshalber wieder festgemacht werden.

Anna-Lena und Ruben Reuter bieten Wanderungen durch den Hickengrund mit ihren fünf Ziegenböcken an.
Anna-Lena und Ruben Reuter bieten Wanderungen durch den Hickengrund mit ihren fünf Ziegenböcken an. © Carsten Schmale/Hickenziegen

Aktuell ist Ziegenbock Hansi der Chef der Truppe. Das bedeutet: Er geht voran, er frisst zuerst und ist auch sonst immer der Erste. Die Rangfolge machen die Böcke untereinander aus und von Zeit zur Zeit wechselt der Anführer auch mal. Gustav, ein hornloser Mischling, und Kalle, eine Bunte Deutsche Edelziege, waren die ersten Ziegen der Reuters. Kurz darauf folgten Hansi und Willi, zwei Tauernscheckenböcke. Der im März 2022 geborene Rudi, ebenfalls ein Tauernscheckenbock, ist der fünfte im Bunde. Und am Freitag, 30. Juni, erweitert sich die Herde um zwei Tauernscheckenböcke. Die beiden Neuzugänge stammen aus Rudis Wurf. Bis sie Teil der Wanderungen sein werden, wird es jedoch noch etwas dauern. „Sie müssen erstmal ihren Platz in der Herde finden, dann müssen wir sie trainieren und an uns gewöhnen. Erst dann können wir sie mit auf die Wanderungen nehmen“, erklärt Anna-Lena Reuter.

Vom Aussterben bedrohte Ziegenrasse charakterlich gut für Wanderungen geeignet

Die Familie möchte nun bei den Tauernscheckenziegen bleiben, weil sich deren Charakter gut für die Wanderungen eignet. Außerdem ist die Rasse durch ihr schwarz-weiß geflecktes Fell sowohl vor einem dunklen Hintergrund als auch im Schnee gut zu erkennen. Zeitweise war diese Ziegenrasse vom Aussterben bedroht und auch jetzt gilt sie noch als hoch gefährdet. Gerettet wurde sie durch eine private Züchtung in Rauris, Österreich, so dass es sie nun auch im Hickengrund geben kann.

Die Eheleute haben mit vielen verschiedenen Halftern und Leinen experimentiert.
Die Eheleute haben mit vielen verschiedenen Halftern und Leinen experimentiert. © Hickenziegen | Carsten Schmale

Das Ehepaar Reuter wird häufiger für die Aufnahme von Böcken angefragt. Denn im Normalfall werden nur einige Böcke zum Decken der weiblichen Ziegen benötigt und dann gibt es für sie keine Verwendung mehr. Auf der Weide in Burbach dürfen die Böcke jedoch glücklich bis an ihr Lebensende stehen und fressen. „Wir können nicht alle nehmen, wir müssen schauen, dass sie zur restlichen Herde passen und vor allem kein aggressives Verhalten an den Tag legen. Sie müssen ruhig und lieb sein, um für uns als Wegbegleiter in Frage zu kommen“, erläutert Anna-Lena Reuter. Die Touren werden immer von dem Ehepaar begleitet, sodass nichts passieren kann. Sie weisen die Wandergruppe auf verschiedene Verhaltensweisen der Ziegen hin und erklären im Vorfeld, was es bei dem Spaziergang zu beachten gibt.

Geld ist nicht so wichtig bei den Hickenziegen – sondern um Spaß für Mensch und Tier

„Wenn die Ziegen sich selbst finanzieren und für uns vielleicht noch ein kleines Taschengeld dabei herausspringt, dann ist das schön, aber darum geht es ja auch gar nicht“, sagt Anna-Lena Reuter. Viel wichtiger sei es, sowohl den Ziegen als auch den Menschen eine Freude zu bereiten. Für Leute aus der Stadt sei das eine ganz neue Erfahrung und auch Leute, die auf dem Land aufgewachsen sind, gehen nicht täglich mit Ziegen spazieren. Es sei einfach etwas Besonderes. Und daran möchte Familie Reuter andere Menschen gerne teilhaben lassen.

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Das Angebot für Ziegenwanderungen gilt ganzjährig, die Hauptsaison ist jedoch von März bis Oktober. Das liegt vor allem daran, dass Ziegen kein Wasser mögen – also auch keinen Regen. Die Touren können auf der Homepage hickenziegen.de gebucht werden. Aktuell sind es fünf Ziegen, die mit auf Wanderschaft gehen, daher kann eine Tour nur mit mindestens fünf und maximal zehn Personen gebucht werden, damit keine Ziege allein zurückbleiben muss. Bei besonderen Anlässen kann die Anzahl der Teilnehmenden schonmal variieren, doch auch das muss im Vorfeld abgestimmt werden.