Siegen-Wittgenstein/Olpe. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung stockt: Am Arbeitsmarkt kommt das nicht an. Fachkräftemangel wird immer drängender. Mögliche Lösungen:

„Auch wenn viele Faktoren im Jahr 2022 großen Einfluss genommen haben auf das wirtschaftliche Geschehen und die Risikobewertung der regionalen Unternehmen, der Arbeitsmarkt hat sich robust gezeigt. Der Ukraine-Krieg und die damit stark angestiegenen Energie- und Rohstoffpreise, die Inflation und weiterhin Material- und Lieferengpässe sind nur einige Störgrößen, gegen die sich der Arbeitsmarkt behaupten musste“, resümiert Simone Stuhrmann, Geschäftsführerin Operativ der Siegener Arbeitsagentur, ein erneut bewegtes Jahr.

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Die Beschäftigung blieb stabil, die Arbeitslosigkeit hat das Niveau vor Corona wieder erreicht und der Bestand an gemeldeten Stellen liegt weiter auf einem Allzeithoch. „Es ist festzustellen, dass sich die Situation am Arbeitsmarkt zunehmend von der wirtschaftlichen Lage entkoppelt. Dies liegt daran, dass viele Betriebe ihre Fachkräfte auch in anspruchsvollen Zeiten halten wollen“, erklärt Simone Stuhrmann. „Bei der rückblickend positiven Entwicklung für die Region wissen wir um die bestehenden Herausforderungen am Arbeitsmarkt, die Qualifikations- und Kompetenzerfordernisse der Unternehmen an die Bewerber – all das ist durch die Corona-Pandemie zeitweilig in den Hintergrund getreten und zeigt sich jetzt umso stärker wieder.“

Ausblick: regionale und globale Probleme wieder deutlich im Vordergrund

Die Arbeitsagentur will in ihrer Beratungsarbeit das Ausbildungsinteresse der Jugendlichen in der Region schärfen, in Weiterbildung von Arbeitslosen und Beschäftigten investieren und Personengruppen wie Frauen, Schwerbehinderte und Ältere bei der Aufnahme einer Beschäftigung besonders unterstützen, berichtet Stuhrmann.

Durchschnittlich 10.555 Menschen waren im Agenturbezirk Siegen im Jahr 2022 arbeitslos. Das sind 990 Personen oder 8,6 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Arbeitslosenquote lag im Durchschnitt bei 4,5 Prozent, im Jahr 2021 lag sie noch bei 4,9 Prozent. Auch wenn sich die Arbeitslosigkeit insgesamt wieder auf dem Niveau vor Corona eingependelt hat: Seit Mitte des Jahres ist sie sprunghaft angestiegen. Hauptgrund dafür ist die Arbeitsloserfassung von rund 2250 Geflüchteten aus der Ukraine ab Juni 2022 und deren Betreuung durch die hiesigen Jobcenter. Im Zuständigkeitsbereich der beiden Jobcenter (SGB II) der Kreise Siegen-Wittgenstein und Olpe sei aufgrund dessen die Zahl der Arbeitslosen auf ähnlichem Niveau wie im Vorjahr und lag im Durchschnitt bei 6761. Im Rechtskreis der Agentur für Arbeit Siegen (SGB III) dagegen sei die Zahl arbeitsloser Menschen um 935 auf 3794 Personen deutlich gesunken.

Ausblick: regionale und globale Probleme wieder deutlich im Vordergrund

Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung verzeichnet ein leichtes Plus. Die Unternehmen im Bereich der Agentur für Arbeit Siegen haben ihre Belegschaft trotz unsicherer Zeiten größtenteils gehalten und neue Mitarbeitende eingestellt, heißt es weiter. Mit 179.989 Personen stieg die versicherungspflichtige Beschäftigung Ende März 2022, dem letzten Quartalsstichtag der Beschäftigungsstatistik mit gesicherten Angaben, um 1,3 Prozent zum Vorjahr.

Die Anzahl von gemeldeten Arbeitsstellen unterlag im Jahresverlauf merklichen Schwankungen. In der Jahressumme wurden 2,9 Prozent oder 321 Stellen weniger gemeldet als im Vorjahr. Der Stellenbestand lag im Jahresdurchschnitt bei 4700, was eine weiterhin hohe Nachfrage der Betriebe verdeutlicht. Der größte Bedarf an Arbeitskräften besteht aktuell in der Lagerwirtschaft, dem Maschinenbau- und der Betriebstechnik sowie der Fahrzeugführung im Straßenverkehr.

Das Instrument Kurzarbeit hat im vergangenen Jahr keine so bedeutende Rolle bei der Entlastung der Wirtschaft gespielt wie in den vorangegangenen Jahren. Insgesamt wurden im Agenturbezirk Siegen im vergangenen Jahr 646 Anzeigen auf Kurzarbeit gestellt, mit 15.221 potenziell betroffenen Personen. Im Vorjahresvergleich hat sich die Lage in 2022 sichtlich entspannt, wenngleich immer noch mehr Anzeigen bei der Arbeitsagentur eingegangen sind als vor der Pandemie.

Ausblick: regionale und globale Probleme wieder deutlich im Vordergrund

Mit Ausblick auf das Jahr 2023 befindet sich der Arbeitsmarkt weiter im Wandel: Das Voranschreiten des demografischen Wandels stelle die Region und die Unternehmen vor eine große Herausforderung. In den kommenden fünf Jahren werden 9,1 Prozent der Beschäftigten das Alter von 65 Jahren erreichen und somit nach und nach aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Schon heute hätten Unternehmen Probleme den Bedarf an erforderlichem Nachwuchs durch eigene Ausbildung zu decken, da die Jugendlichen zu einem längeren Verbleib im Schulsystem tendieren oder sich vermehrt gegen eine Ausbildung und für ein Studium entscheiden.

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Eine Chance liege in der ebenfalls voranschreitenden Digitalisierung, durch die auch komplexe Tätigkeiten zunehmend automatisiert und so fehlende Arbeits- und Fachkräfte teilweise kompensiert werden könnten. „Mit Abklingen der Pandemie rücken die bekannten globalen wie regionalen Herausforderungen wieder deutlich in den Vordergrund: Arbeitskräftebedarf, Strukturwandel und Digitalisierung. Durch die Zusammenarbeit aller am Arbeitsmarkt beteiligten Akteure an diesen Themen kann die Region und der Wirtschaftsstandort Südwestfalen nicht nur gestärkt aus der Krise hervortreten, sondern sich auch mit Blick auf den internationalen Wettbewerb behaupten“, fasst Arbeitsmarktexpertin Simone Stuhrmann zusammen.