Setzen. Wenn ein hervorragender Chor aus der Region auf der Bühne steht, stehen die Chancen ziemlich gut, dass ein Mitglied der Familie Müller mitsingt.

Marina Müller-Schneider lächelt noch heute zufrieden über den Erfolg ihres Ensembles VoiceBox beim „Sing & Swing Festival“ des Chorverbandes NRW vor wenigen Wochen im Orchesterzentrum Dortmund. Zusammen mit knapp 20 Sängerinnen und Sängern erzielte VoiceBox als einziger Chor Südwestfalens den Titel „Meisterchor“.

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Und das bei extrem strenger Bewertung einer Jury, der u.a. Rolf Schmitz-Malburg angehörte, der spätestens seit seinen fachkundigen Kommentaren beim Fernsehwettbewerb „Der beste Chor im Westen“ die vielen aktiven und passiven Chorsänger Deutschlands tief beeindruckt hat. Mit einem Programm von drei anspruchsvollen Songs aus dem Bereich Pop, Musical, Jazz erreichte der Siegerländer Chor einen Wertungsschnitt jenseits der ominösen 21 und damit den ersehnten Titel, den viele namhafte Ensembles wie auch die hier bekannten „Ladies First“ aus Dortmund nicht erreichten.

Das Chor-Gen liegt in der Familie – angefangen bei Günter Müller (85)

Doch an diesem Erfolg hatte nicht nur Marina, die als Chorleiterin auch den B-Schein für Pop und Jazz besitzt, einen entscheidenden Anteil, sondern noch drei andere Müllers: Vater Rainer, Onkel Jürgen und Cousine Sina. Es „müllert“ also gewaltig in der heimischen Chorwelt. Inzwischen etwas weniger bei Marina Müller, die sich ganz auf ihr Referendariat an einer Schule in Much konzentriert und die Leitung ihrer anderen vier Chöre aufgegeben hat.

VoiceBox beim Konzert in der Haardter Kirche: Mitte links Rainer, rechts daneben Jürgen, vorne als Chorleiterin Marina Müller.
VoiceBox beim Konzert in der Haardter Kirche: Mitte links Rainer, rechts daneben Jürgen, vorne als Chorleiterin Marina Müller. © Wolfgang Leipold

Das Müller-Gen Marinas Musikalität kommt nicht von ungefähr: Opa Günter, inzwischen 85 Jahre alt, singt nach wie vor in seinem heimischen Chor, dem MGV „Harmonie“ Setzen, und das seit mehr als einem halben Jahrhundert. Davor spielte er Akkordeon in einer dreiköpfigen Combo, die sich „Tornados“ nannte und in der Tanzmusikszene des Siegerlandes einen großen Namen hatte.

Papa Rainer, auch schon 62, begann seine Chorlaufbahn im zarten Alter von 14 Jahren – und wo? Natürlich auch bei „Harmonie“ Setzen, der damals von Werner Tillmann geleitet wurde, einem charismatischen Chorleiter, der schon früh sein Leben verlor: An einem Wintertag auf dem Weg zu einer Chorprobe. Rainer Müller zog es aber rasch auch zu Chören jenseits des Setzetals. Er braucht schon alle Finger seiner Hände, um die Ensembles aufzuzählen, in denen er schon gesungen hat. „Es waren aber nie mehr als gleichzeitig sechs“, betont er schmunzelnd.

Von den Scorpions und Iron Maiden zu „Harmonie“ in Siegen-Setzen

Dagegen ist sein Bruder Jürgen fast ein Spätzünder. Er stand eher auf der Rockmusik der 80er Jahre, besuchte Konzerte der Scorpions und Iron Maiden. „Ich musste mir ständig die Chormusik von Vater und Bruder anhören“, sagt er, „und bin dann mit einem Freund zusammen in die Proben gegangen“: Natürlich zu „Harmonie“ Setzen. Jürgens Tochter Sina hat neben VoiceBox zur Zeit keinen anderen Chor, könnte sich aber vorstellen, wieder mehr in die Welt des Gesangs einzutauchen.

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Auch Birgit Müller, Rainers Frau, war schon früh mit dem Chor-Virus infiziert und in insgesamt fünf Gruppen aktiv, macht aber gegenwärtig eine „Chorpause“. „Mamma ist die Organisatorin im Hintergrund“, sagt Marina, die weiß, dass all die Proben- und Konzerttermine der Müllers nicht einfach zu koordinieren sind. Der unbestrittene Höhepunkt ihrer Chorlaufbahn kam für Rainer und Jürgen Müller vor einigen Jahren. Es hatte sich auch im Kreis Olpe herumgesprochen, dass beide exzellente Basssänger sind. Und so meldete sich Volker Arns, der Leiter des neu gegründeten Ensembles „BIGGEsang“, ob sie nicht in seinem ambitionierten Chor mitmachen würden. Und ob sie wollten! Wobei Arns bekannt hohe Ansprüche an seine Sängerinnen und Sänger stellt und äußerst erfolgsorientiert arbeitet.

„Der beste Chor im Westen“: Nach dem Sieg standen die Telefone tagelang nicht still

Das bewies BIGGEsang eindrücklich, als sie vor drei Jahren beim WDR- Wettbewerb „Der beste Chor im Westen“ knapp vor dem Neunkirchener Frauenensemble „Encantada“ den ersten Platz erzielten. Der Wettbewerb wurde bundesweit übertragen und erreichte Fernseh-Rekordzahlen. Und ganz Chor-Deutschland freute sich mit BIGGEsang über den verdienten Erfolg. Sina erfuhr in Leipzig von diesem Triumph, die Telefone bei den Müllers standen tagelang nicht still. Rainer erzählt: „Mein ehemaliger Ausbilder rief an und fragte: Wo ist der Künstler?“ und Jürgen, von Beruf Lehrer, war für Tage der große Star bei seinen Schülern. „Dieses Erlebnis kann uns keiner nehmen“, sagen beide, „BIGGEsang konnte sich vor Konzertanfragen kaum retten.“ Und Marina Müller erinnert sich: „Volker hat meinen eigenen Werdegang als Sängerin und Chorleiterin entscheidend geprägt.“

Dann kam Corona und ein Konzert nach dem anderen fiel der Pandemie zum Opfer. Doch nun läuft es wieder. Bei KulturPur sangen sie mit Lahnvokal und Encantada vor vollem Haus und auch im Dezember standen einige Konzerttermine an.

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Doch auch jenseits des großen Publikums und der Fernsehkameras wird Gesang bei Müllers groß geschrieben. So haben Rainer, Jürgen und Vater Günter einige Titel des Kölner Karnevalstrios „Die Drei von der Eierquell“ drauf. Und wenn alle sieben Müllers bei Familienfesten zusammen singen wollen, haben sie es nicht weit: Sie wohnen direkt nebeneinander.