Siegen. Die Unternehmen in Siegen und Umland stehen vor einem schweren Winter. IHK-Vizepräsident: Jobs sind in Gefahr.
„Wir werden uns warm anziehen müssen – und zwar weit über den kommenden Winter hinaus!“ – das Fazit von Christian F. Kocherscheidt, Vorsitzender der Unternehmerschaft Siegen-Wittgenstein, am Ende eines Vortragsabends im Südwestfalen-Saal der IHK Siegen war ernüchternd. Gemeinsam hatten Unternehmerschaft und IHK Prof. Dr. Michael Grömling vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln dafür gewonnen, eine Bestandsaufnahme der wirtschaftlichen Eckdaten vorzunehmen und einen Ausblick darauf zu geben, was die krisengeschüttelte Wirtschaft in den kommenden Monaten erwartet.
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Investitionskrise und Konsumkrise
Die zentrale Botschaft des Wirtschaftsexperten: „Die Volkswirtschaft geht infolge einer Investitionskrise und einer Konsumkrise verwundet in den Winter.“ Die Bauindustrie, die vergleichsweise gut durch die Corona-Zeit gekommen sei, schwächele ausgerechnet jetzt. Hinzu kommen jetzt erhebliche Rückgänge im privaten Konsum. Prof. Dr. Grömling: „Es ist geradezu einzigartig, was in dieser Zeit an Einbruch und Erholung zu beobachten war. Aber uns fehlt die Luft, wieder dort anzuknüpfen, wo wir vor Corona standen.“ Vielmehr sei die Entwicklung von anhaltenden Produktionsproblemen in der Industrie geprägt, insbesondere in der Automobilindustrie, die im vergangenen Jahr einen erneuten Einbruch erlitten habe, aber auch der Maschinenbau hinke hinterher.
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Während es schon in den 70er und 80er Jahren drastische Steigerungen bei Energiepreisen gegeben habe, komme in der derzeitigen Krise ein „Produktionsschock“ hinzu. In dieser Kombination sei das einmalig, zumal die Weltwirtschaft durch Corona noch spürbar angeschlagen sei. Das treffe unmittelbar die Außenwirtschaft: Wenn gespart werde, dann in der Regel zuerst bei Investitionsgütern, ist sich Prof. Dr. Grömling sicher. Der Krieg in der Ukraine belaste die Wirtschaft in vielfacher Hinsicht. Zu den gravierendsten Auswirkungen gehörten hohe Energiepreise, ausfallende Vorleistungen, fehlende Gaslieferungen, fehlende Mitarbeiter und wegbrechende Absatzmärkte. Der Referent geht von Einschränkungen in der Energieversorgung und Störungen aus. Es drohe ein „Fiasko“, wenn einzelne Produktionsstätten einfach von der Gasversorgung ausgenommen würden.
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Die aktuellen Konjunkturprognosen für Deutschland fallen ausgesprochen schlecht aus: Wurde Anfang des Jahres mit Blick auf 2023 noch ein Wachstum zwischen 3 und 4 Prozent vorhergesagt, rechnet das Institut der deutschen Wirtschaft jetzt mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im Jahresdurchschnitt um 1,75 Prozent. Die Rezession ist demnach unausweichlich.
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Nicht an Schuldenbremse festhalten
Bei aller grundsätzlichen Sympathie für die Schuldenbremse sollte hieran aus seiner Sicht nicht dogmatisch festgehalten werden. „Es kann nicht richtig sein, Unternehmen weiteren Kostenschocks auszusetzen, während viele von ihnen um ihre Existenz kämpfen.“ Die Rahmenbedingungen müssten dringend verbessert werden: Hierzu gehörten Infrastrukturen, institutioneller Rahmen, Innovationsklima, Kosten und Steuern, aber auch Energie- und Rohstoffpreise.
Christian F. Kocherscheidt dankte Prof. Dr. Grömling für den Einblick. Der IHK-Vizepräsident schlug die Brücke in den heimischen Wirtschaftsraum: „Wir sind in Südwestfalen stolz auf unsere Weltmarktführer und den hohen Anteil industrieller Arbeitsplätze. Aber wenn heimische Unternehmen ihre Produktion herunterfahren oder einstellen müssen, stehen Arbeitsplätze auf dem Spiel. Die marode Talbrücke Rahmede tut ihr Übriges.“
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