Siegen/Wilhelmshaven. Prof. Christian Brülls ist Chefarzt am St. Marien-Krankenhaus in Siegen und inzwischen auch Flottillenarzt bei der Marine.
Für Professor Dr. Christian Brülls aus Siegen geht ein Jugendtraum in Erfüllung. Zwanzig Jahre nach seinem Grundwehrdienst beim Heer trägt er nun auch den dunkelblauen Dienstanzug der Marine.
Auf der Fregatte „Rheinland-Pfalz“ warteten neue Aufgaben auf ihn. Der Chefarzt für Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin im St. Marien-Krankenhaus Siegen ist seit dem letzten Jahr Flottillenarzt.
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Zum allerersten Dienstantritt habe er sich beim Kommandanten als Obergefreiter gemeldet. Da sei er noch der „Badegast“ gewesen, schildert Brülls leicht ironisch; als „Badegast“ bezeichnet man die Gäste an Bord eines Schiffes. Zunächst lernte der Flottillenarzt – damals noch vorläufiger Dienstgrad – die Besonderheiten an Bord kennen, brachte jedoch zugleich medizinisches Know-how von seinem damaligen Arbeitgeber, dem Universitätsklinikum Aachen, mit. „Die Tage an Bord vergingen viel zu schnell“, erzählt Brülls. Am Abend tauschte er sich noch mit der Schiffsbesatzung F-125 Echo der Fregatte „Rheinland-Pfalz“ über seinen Dienst an Bord aus. Am nächsten Tag muss er schon wieder zurück ins Klinikum.
Lehrgang in München wartete auf Mediziner
Später folgte ein Lehrgang zum Sanitätsstabsoffizier der Reserve in München. Auf dem Dienstplan standen Recht, Innere Führung, Taktik im Einsatz und allgemeinmilitärische Themen. Auch außerhalb des Hörsaals wurde er gefordert. So galt es u. a. den Waffengebrauch mit der P8 einzuüben und die Hindernisbahn zu überwinden. Nachdem die Ausbilderinnen und Ausbilder zuvor das Überwinden der Hindernisse vorgeführt hatten, wären die Gefühle gemischt gewesen. „Von Ungläubigkeit, Respekt und der Frage: ‘wie soll ich das bloß schaffen’, ist alles dabei gewesen“, so Brülls. Und weiter: „Als Grundwehrdienstleistender habe ich die tiefste Gangart wirklich gehasst und ich stelle fest, dass sich meine Emotionen gegenüber dem Gleiten nicht verändert haben.“
Gefragt, ob er durch den Lehrgang zum Sanitätsoffizier geworden sei, gibt sich Brülls bescheiden: „Sicher nicht.“ Man nehme aber sehr viel, auch für das zivile Leben, mit. Ein Lehrgang könne aber immer nur Grundlagen vermitteln, alles Weitere werde dann auf dem Dienstposten erlebbar, fasst Brülls seine Zeit in München für sich zusammen.
Siegener Arzt: „Man muss sich aufeinander verlassen können“
Vergangenes Jahr nahm der Flottillenarzt an der Rettungsübung „Schneller Delphin“ der Marine teil. „Meine Aufgabe war es die Abläufe genau zu beobachten.“ Spannend „und alles andere als alltäglich“ sei die Versorgung der Patienten an Bord und der seeseitige Patiententransport von Bord des Tenders „Rhein“ gewesen, so Brülls. Am Rande und nach der Übung habe es darüber hinaus noch die Gelegenheit für einen intensiven Austausch mit den Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern gegeben, so der heutige Chefarzt im St. Marien-Krankenhaus.
Später, an Bord der Fregatte „Rheinland-Pfalz“, war der Flottillenarzt selbst gefragt. Hier war er Teil einer „Rolle“, einer Übung an Bord zur Schadensabwehr. Das Spektrum solcher Übungen reiche vom Sturz über den Austritt toxischer Gase bis hin zu Feuer im Schiff. „Selbst auf einer großen Fregatte, wie die Rheinland-Pfalz, ist der beengte Raum ein wesentlicher und zugleich begrenzender Faktor in den Rollen“, so Brülls. Man müsse sich aufeinander verlassen können. Jeder müsse wissen, was er zu tun hat.
Weitere Erfahrungen in Kiel gesammelt
In seinem jüngsten Einsatz als Reservist wechselte Brülls die Rolle des Beobachters mit der des Planers für den nächsten Übungsdurchgang „Schneller Delphin“ in diesem Jahr. Die in Kiel gesammelten Erfahrungen bringe er nun im Marinekommando im Bereich Marinesanitätsdienst in die Planung mit ein. Ohne zu sehr ins Detail zu gehen, sei in diesem Jahr die Erweiterung der Rettungskette ins Auge gefasst worden. Künftig ginge es nicht nur um die Zusammenarbeit zwischen der Bordsanität und dem Sanitätsdienst an Land, sondern auch um die Eingliederung des zivilen Rettungsdienstes.
Auch wenn die Begriffe bei einem Massenanfall von Verwundeten etwas anders klingen – die Bundeswehr spricht von einem MASCALMass Casualty (Mass Casualty) während der zivile Rettungsdienst von einem MANV spricht – sind die Anforderungen in so einer Situation recht ähnlich. Wobei es hier und da strukturelle Unterschiede in der Handhabung einer solchen Situation gäbe. Eine gemeinsame Übung zwischen Bundeswehr und zivilem Rettungsdienst könne das aufgreifen, um die Zusammenarbeit im Ernstfall zu optimieren. „Dabei geht es auch um das Verständnis für den jeweils anderen“, so Brülls.
Siegener Chefarzt bietet auch truppenärztliche Versorgung
Zum Abschluss seiner Tätigkeit im Marinekommando gab es für Brülls noch ein sehr freudiges Ereignis und gleichzeitig einen großen Meilenstein: Ihm wurde der Dienstgrad Flottillenarzt der Reserve offiziell verliehen.
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Brülls möchte auch weiterhin seinen Dienst an Bord versehen: „Schiffsarzt zu werden, bedeutet aber nicht nur das Schiff zu kennen und an Übungen teilzunehmen, sondern man nimmt auch die ganz alltäglichen Aufgaben der truppenärztlichen Versorgung wahr. In der schwimmenden Hausarztpraxis werden Sprechstunden, Verbandswechsel, ab und an kleinere chirurgische Eingriffe und Impfungen durchgeführt. Dadurch ist man der Besatzung auch nah.“