Siegen/Freudenberg. Zur Tatzeit nicht schuldfähig, aber eine Gefahr für die Allgemeinheit: Im Prozess zum Messerangriff in Freudenberg sind die Plädoyers gehalten

Im Totschlag-Prozess gegen den 20-Jährigen, der sich wegen einer Messerattacke mit Todesfolge am Freudenberger Kurpark vor dem Landgericht Siegen verantworten muss, sind die Plädoyers gehalten worden: Anklage und Verteidigung sind sich einig, dass der Mann zum Tatzeitpunkt nicht schuldfähig war. Dazu wurde ein Sachverständiger gehört.

+++Mehr Nachrichten aus Siegen und dem Siegerland finden Sie hier!+++

Der 20-Jährige hatte sich Ende November im Kreisklinikum vorgestellt, wurde von einer Psychiaterin untersucht, die am Freitag aussagte. Der Angeklagte habe sich freiwillig an die Klinik gewandt, weil er Hilfe brauche, so die Zeugin, sie könne sich sonst kaum an den Patienten erinnern. Während seines zweitägigen Aufenthaltes habe sie einmal mit ihm gesprochen, dabei habe er sehr angespannt, aber freundlich auf sie gewirkt. „Er sagte mir, dass er viele unterschiedliche Stimme in seinem Kopf höre“, so die Psychiaterin. „Der Patient berichtete von Halluzinationen und beschrieb, dass ihn andauernd von jemanden verfolgt werde.“

Die Diagnose für den psychischen Zustand

Die Ärztin habe auf Verfolgungs- und Beobachtungswahn schließen können und diagnostizierte Paranoide Schizophrenie. Der 20-Jährige soll außerdem geäußert haben, dass er Angst habe jemanden zu verletzten. Sie habe ihm verschiedene Medikamente verschrieben, die seine Symptome lindern sollten.

Während des Aufenthalts in der offenen psychiatrischen Station sei seine Laune sehr wechselhaft gewesen, von niedergeschlagen und traurig bis gereizt und aufgebracht. In der Nacht sei er auch laut und wütend geworden, habe aber niemanden angegriffen oder bedroht. Seinen Zorn habe er geäußert, indem er mehrfach gegen die Tür trat. Durch Medikamente habe er sich aber schnell beruhigen können. Am nächsten Tag sei er von seiner Mutter abgeholt worden. Ein weiteres Gespräch mit den diensthabenden Ärzte habe sie aber abgelehnt.

Die Vorstrafen des Angeklagten

Der Beschuldigte hat schon mehrere Strafen in unterschiedlichen JVA-Einrichtungen verbüßt. Darunter Verurteilungen wegen räuberischer Erpressung und körperlicher Verletzung in besonders schweren Fällen unter Waffengewalt mit Messern, Schlagstöcken, Schusswaffen und Elektroschockern. Das Gericht geht daher davon aus, dass von dem Angeklagten eine enorme kriminelle Energie ausgehe und er unbelehrbar sei. Das beweise auch der mehrfach bewiesene Besitz von Waffen trotz einem verhängen Verbot.

+++Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook!+++

Der Sachverständige kommt unter Einbeziehung der chaotischen Lebensumstände des Beschuldigten zu dem Schluss, dass er zum Tatzeitpunkt akut psychotisch war und daher nicht schuldfähig. Er bestätigt seine schizophrenen Züge. Teil des Krankheitsbild sei seine impulsive Aggressivität. Darüber hinaus habe er den Eindruck, dass der Beschuldigte an kognitiven Störungen leide, da er sich der Tragweite seiner Tat nicht bewusst sei.

Die Forderungen zur Strafe

Der Staatsanwalt stimmt zu: Er habe keine Zweifel, dass bei dem 20-Jährigen eine psychische Erkrankung vorliege und sehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, erneut straffällig zu werden, wenn er nicht stationär unterbracht und medikamentös eingestellt werde. Die Anklage fordert, die Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung fortzusetzen und beantragt außerdem Sicherungsverwahrung. Die Nebenklage, die die Mutter des Opfers vertritt, schließt sich an.

Auch die Verteidigung teilt die Meinung des Sachverständigen, plädiert auf nicht schuldfähig. Sein Mandant sei psychisch in einem schlechten, labilen Zustand gewesen, der etwa auch dazu geführt habe, dass er einem Mithäftling mit einer Gabel ins Gesicht stach. Die Tat in Freudenberg sei tragischerweise vorhersehbar gewesen, so der Anwalt mit Bezug auf die vielen kriminellen Vorfälle, in die sein Mandant in den vergangenen Jahren involviert war.

Auch er spricht sich dafür aus, die Unterbringung fortzusetzen. Es sei aber zu prüfen, ob diese auch auf Bewährung möglich ist. „Mein Mandat muss medikamentös richtig eingestellt und seinen Bedürfnissen entsprechend vernünftig untergebracht werden, um eine geeignete Therapie beginnen zu können“, so der Anwalt.

+++Täglich wissen, was in Siegen und dem Siegerland passiert: Hier kostenlos für den Newsletter anmelden!+++

Die Verhandlung soll am 22. September vor der Jugendkammer des Landgerichts Siegen fortgesetzt werden.