Obersdorf. Eine neun Kilometer lange Runde fühlt sich in Wilnsdorf für viele Wanderer wie ein Sonntagsspaziergang an. Auf der Tour gibt’s viel zu sehen.

„Ooooh!“ Der Ausruf freudigen Erstaunens passt gut zum „O“, zur runden Markierung des Wanderwegs, der auf gut neun Kilometern den Wilnsdorfer Ortsteil Obersdorf umkreist. Aussichtsreich ist dieser Weg, abwechslungsreich und reich auch an Kulturgeschichte. Seit zehn Jahren findet er sich auf der Wanderkarte der Gemeinde, ist dank eines engagierten Heimatvereins bestens gezeichnet und lenkt den Blick sowohl auf die Höhenzüge in der Ferne als auch auf Sehenswürdiges in nächster Nähe.

Wandern im Siegerland bietet Blick zurück in die Geschichte

Los geht es an den Parkplätzen am Höhenweg; wer mit den Öffentlichen anreist, verlässt den Bus R 14 zuvor an der Rödger Kirche und wandert von der Bundesstraße B 54 den Höhenweg hinauf. Erstes Ziel ist der Fußballplatz, an dessen Ende die Obersdorfer Runde nach rechts abzweigt, um dann gleich an der nächsten Weggabelung halblinks weiterzuführen. Die Hänge des Hombergs (451 Meter) überraschen mit wunderschönen Aussichten nach Norden.

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Der Weg führt nun rund 1,7 Kilometer mehr oder weniger geradeaus auf die Eisernhardt zu, dann wendet er sich – an einer der informativ-lehrreichen Stationen des hier gleichfalls angelegten Ameisenpfads – deutlich nach links, ändert wenig später im Bereich einer Streuobstwiese erneut die Richtung nach links und nimmt Kurs auf einen wichtigen Zeugen der Siegerländer Bergbaugeschichte: den keltischen Schmelzofen aus der La-Tène-Zeit. Der kleine Abstecher zu diesem von einem halbrunden Überbau geschützten Kleinod lohnt, denn es lässt sich beim Blick durch die Glasscheibe recht gut nachvollziehen, wie die Menschen um 500 v. Chr. aus Eisenerz Metall geschmolzen und dieses dann geschmiedet haben. Für die Wandersleut‘ der Gegenwart ist dieser Platz auch ein guter Ort zur Rast – eine Bank ist vorhanden.

Gut markiert mit einem „O“: die Runde um Obersdorf.
Gut markiert mit einem „O“: die Runde um Obersdorf. © Claudia Irle-Utsch | Claudia Irle-Utsch

Zurück auf dem Weg mit dem „O“ ist das nächste Ziel der alte Obersdorfer Ortskern. Dazu führt die Route kurz vor Erreichen der Wohnbebauung nach rechts und dann bergab. Sie passiert die Grillhütte, verläuft über die Jung-Dörfler-Straße zur Rödgener Straße, dort hinüber und über das nach rechts abzweigende Sträßlein An der Bilze am Dillberg wieder leicht bergan. Dort, wo der Weg die freie Flur erreicht, öffnet sich der Blick talwärts und auch auf die Talbrücken-Baustelle bei Eisern. Logisch, dass auch das Rauschen der A 45 hier zu hören ist. Wie gut, dass die Ortsrunde ganz bald scharf links abbiegt und nun zur genussreichen Höhentour wird. Spätestens jetzt verdiente Obersdorf-Rödgen den einstigen Beinamen „Luftkurort“ durchaus.

Serie

An unseren Wandertagen geht es immer rund um ein Dorf im Siegerland. Diese Dorfrunden haben ihren eigenen Zauber, denn sie tragen tatsächlich stets die Handschrift eines Ortes. Sie erzählen aus der Geschichte, führen durch landschaftlich schönes Terrain, sind den Bewohnern vertraut und öffnen allen anderen den Horizont - rund um die eigene kleine Welt.

Heute: Rund um Obersdorf

31. August: Rund um Unglinghausen

7. September: Rund um Helberhausen

14. September: Rund um Achenbach

21. September: Rund um Alchen

28. September: Rund um Gilsbach

Nach einem guten Kilometer ändert sich der Kurs auf „Nord“ und führt erst nahezu parallel und dann auch zur Straße Am Marienhain. Den offiziellen Weg hier für einen Moment zu verlassen, ist eine Empfehlung: und zwar erst rechts, dann links und entlang des kleinen Bolzplatzes über die Pastor-Stenger-Straße zum Supermarkt, wo schließlich eine Stehkaffeepause möglich wäre.

Nach dem Queren des alten Obersdorfer Ortskerns geht es wieder waldwärts. Von da ist die Brückenbaustelle bei Eisern gut zu sehen.
Nach dem Queren des alten Obersdorfer Ortskerns geht es wieder waldwärts. Von da ist die Brückenbaustelle bei Eisern gut zu sehen. © Claudia Irle-Utsch | Claudia Irle-Utsch

Ganz in der Nähe findet sich der Hedwig-Danielewicz-Platz; die Bildtafel am massiven Gedenkstein erinnert seit 2015 an die Ehefrau des aus Obersdorf stammende Malers Carl Jung-Dörfler (1879-1927). Die Jüdin Hedwig Danielewicz, 1880 in Berlin geboren, war eine der ersten Frauen, die in Deutschland ein Medizinstudium abschließen konnten, sie war die erste Frau überhaupt mit einer eigenen Arztpraxis, in Düsseldorf. Im Zuge ihrer Vermählung mit Jung-Dörfler wird Hedwig katholisch.

Rund um Obersdorf

Obersdorf ist einer der elf Ortsteile der Gemeinde Wilnsdorf – in Toplage, erstmals erwähnt 1328. Sehenswert sind die Johanneskirche auf dem Rödgen, der Schmelzofen aus der La-Tène-Zeit und der Natur- und Skulpturenpark NaKuMe. Mehr Infos gibt’s im Netz: www.obersdorf-roedgen.de.

Start/Ziel: Wanderparkplatz am Höhenweg bzw. an der Bushaltestelle „Rödgen Kirche“ (Linie R14).

Distanz/Gehzeit: knapp 9 Kilometer, 2,5 Stunden, bergauf-bergab: 160 Meter.

Markierung: durchweg mit „O“.

Charakter: Eine Wanderung wie ein Sonntagsspaziergang, nur gelegentlich wird der Weg zum Pfad.

Einkehr: Hotel Haus Rödgen & Das Gustav’s (montags bis samstags ab 18 Uhr, Mittagstisch nach Absprache unter Tel. +0 271 3933100).

Dennoch entziehen ihr die Nazis 1938 die Zulassung als Ärztin. Im November 1941 wird sie vom Düsseldorfer Schlachthof aus ins Vernichtungslager Maly Trostenez bei Minsk deportiert. Dort verliert sich ihre Spur 1942. Am 8. Mai 1945 wird sie für tot erklärt. Eine Schwester Hedwigs, Käte, wanderte schon 1922 nach Palästina aus. Ihre Pension „Kaete Dan“, nicht weit vom Strand von Tel Aviv eröffnet, war der bescheidene Anfang der renommierten israelischen Dan-Hotel-Kette – und ein Referenzobjekt der israelischen Baupionierin Lotte Cohn. So ist Heimatgeschichte immer auch Welt- und Zeitgeschichte, stellt Fragen beim Blick aufs Vergangene, sucht Antworten im Heute. Wer mag, nimmt diesen Stoff zum Nachdenken mit ins Tagesgepäck.

Die Runde führt einmal durch Obersdorf (aufgezeichnet mit der App Komoot).
Die Runde führt einmal durch Obersdorf (aufgezeichnet mit der App Komoot). © Claudia Irle-Utsch | Claudia Irle-Utsch

Wandern rund um Wilnsdorf-Obersdorf: Blick auf gleich mehrere Höhen

Rund um Obersdorf geht es weiter über die B 54, am besten an der Ampel. Übers Breitenbachsfeld verläuft der Weg erst ein Stück bergab, dann nach links in den Wald hinein. Absolut romantisch mutet dieses Quellgebiet zweier zur Dielfe führender Bäche an. Bloß nicht jetzt den spitzwinkligen Abzweig nach links verpassen und den Pfad, der in einem feinen Bogen an den Rand einer weiten Weide führt. Genau hier lädt noch einmal eine Bank zur Pause ein, ehe es über den Kirchweg hinauf zur Simultankirche auf dem Rödgen geht. Vom terrassenartigen Vorplatz des Gotteshauses weitet sich der Blick zum Grenzgebirge nach Hessen hin: zur Kalteiche und zur Tiefenrother, zur Gernsbacher und zur Haincher Höhe.

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Wir wünschen Ihnen viel Glück.

Die Kirche erzählt vom Ringen um ein Miteinander der Konfessionen. Nach der Reformation wurde das im 13. Jahrhundert erstmals erwähnte Gotteshaus von katholischen und evangelischen Christen gemeinschaftlich genutzt. Nicht immer im gegenseitigen Einverständnis. Und so entstanden im späten 18. Jahrhundert zwei Kirchenschiffe. Den Glockenturm nutzen beide Gemeinden bis heute zusammen. Das Sandsteinrelief von Wolfgang Kreutter (1953) über der Eingangstür zeigt, wem die Kirche geweiht worden ist: Johannes dem Täufer. Nahe der Doppelschiffkirche schließt die Runde mit dem „O“ und mit dem „Ooooh!“.

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