Siegen-Wittgenstein. Jeder fünfte erwerbsfähige Hartz-IV-Bezieher in Siegen-Wittgenstein ist „Aufstocker“: Gewerkschaft NGG kritisiert hohen Anteil von Kinderarmut.
Im Kreis Siegen-Wittgenstein sind aktuell 2427 Menschen auf Sozialleistungen angewiesen – obwohl sie eine Arbeit haben. Damit ist jeder fünfte erwerbsfähige Hartz-IV-Bezieher im Kreis ein „Aufstocker“ (20 Prozent). Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) unter Berufung auf eine Statistik der Bundesagentur für Arbeit mit.
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NGG-Regionalchefin Isabell Mura spricht von „alarmierenden Zahlen“. Es könne nicht sein, dass so viele Menschen trotz Arbeit zum Jobcenter gehen müssten. „Besorgniserregend ist vor allem der hohe Anteil von Kindern, die unter Armutsbedingungen aufwachsen“, so die Geschäftsführerin der NGG-Region Südwestfalen.
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Laut Arbeitsagentur leben bei 1087 Hartz-IV-Aufstockern im Kreis Siegen-Wittgenstein Kinder im Haushalt. 406 dieser Haushalte werden von Alleinerziehenden geführt – 93 Prozent von ihnen sind Frauen. Nach Beobachtung der Gewerkschafterin sind prekäre Arbeitsverhältnisse eine Hauptursache des Problems: „Wer an der Bäckertheke oder im Restaurant arbeitet und dabei nur einen Mini- oder Teilzeitjob hat, für den wird es am Monatsende sehr eng.“
NGG fordert Reform des Hartz-IV-Systems: „Armut darf nicht vererbt werden“
Zwar sei es kürzlich gelungen, im NRW-Gastgewerbe Lohnerhöhungen im zweistelligen Bereich zu erzielen. Allerdings müssten sich die Unternehmen auch an ausgehandelte Tarifverträge halten, fordert Mura. „Die von der Bundesregierung geplante Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde ist ein wichtiger erster Schritt, um Niedriglöhne auf dem ganzen Arbeitsmarkt einzudämmen.“
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Es komme aber auch darauf an, dass Arbeitgeber mehr sozialversicherungspflichtige Stellen anböten – statt unsichere Jobs mit nur wenigen Wochenstunden, wie sie für Aufstockende die Regel seien. „Besonders wichtig ist es, die Lage von Kindern in Hartz-IV-Haushalten zu verbessern. Armut darf nicht vererbt werden“, unterstreicht Mura. Wichtig sei zugleich, das Hartz-IV-System zu reformieren, damit auch Menschen, die derzeit keine Chance auf Arbeit hätten, in Würde leben könnten.