Siegen. Vor dem Landgericht Siegen: Sein Schwager habe eine Affäre mit seiner Frau – Angeklagter fährt mit seinem Bruder zu ihm. Mit Tötungsabsicht?

Zwei Brüder aus Siegen sitzen seit Donnerstag auf der Anklagebank des Landgerichts. Staatsanwältin Tabea Schneider wirft ihnen vor, am 22. Juli 2021 gemeinsam versucht zu haben, ihren Schwager zu töten. Der ältere Bruder, H., habe ihm ein Messer in den Nacken gestoßen, ihn zweimal ins Bein gestochen. Der jüngere, A., habe ihn unterstützt und vom Tötungsplan gewusst.

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Anlass für die Tat, die der verletzte Schwager nur durch eine Notoperation überlebte, war laut Anklage ein heftiger Familienstreit. H. (40) sei von seiner Schwester zugetragen worden, dass ihr Mann eine Affäre habe – mit seiner Frau. Einige Tage zuvor habe es deswegen ein Streit zwischen H. und seiner Gattin in deren Geisweider Wohnung führte. Laut Ermittlungen hat er sie heftig gewürgt und erst abgelassen, als die gemeinsamen Kinder dazukamen. Dann habe er Frau und Kindern die Handys abgenommen und seine Gattin gezwungen, mit ihm nach Hilchenbach zu fahren. Er parkte, befahl ihr im Wagen zu warten. Sie flüchtete jedoch in ein Gebüsch und rief mit dem Handy eines Passanten den Schwager an. Der kam mit einem Freund, brachte sie in seiner Kreuztaler Wohnung unter, die Schwester des Angeklagten betreute die Frau.

Anklage: Brüder wickelten T-Shirts um Unterarme, einer nahm ein Küchenmesser mit

In den Folgetagen hätten beide Brüder heftige Beschimpfungen und Drohungen gegen Schwester und Schwager ausgestoßen. Am 22. Juli seien sie dann zur Wohnung des Schwagers gefahren, um diesen zu töten. „Ich werde Deine Familie schlachten“, habe H. zuvor seiner Schwester gedroht haben. Ihr Mann hätte sich trotzdem auf das Treffen eingelassen, um ein Gespräch mit den Angeklagten zu führen.

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Laut Anklage stoppten die Brüder ihren Sprinter mitten auf der Straße, umwickelten ihre Unterarme mit T-Shirts, der Ältere hatte ein Küchenmesser dabei. Damit soll er dem Schwager in den Nacken gestochen haben, als der sich umdrehte und ins Haus laufen wollte. Im Flur kam es zu weiterem Gerangel und Stichen ins Bein. Überzeugt, dass der Schwager sterben würde, seien die Männer zurück zum Auto gegangen und ins Krankenhaus gefahren. Der Messerstecher habe seinen Sohn angerufen und gebeten, die Polizei in die Klinik zu schicken: „Ich habe meine Rache. Ich habe meine Gerechtigkeit wieder!“ Im Krankenhaus habe er gerufen: „Ich habe ihn getötet!“

Frau zeigte den älteren Bruder an, die Polizei verwies ihn der Wohnung in Siegen

Sein Mandant werde am nächsten Verhandlungstag eine Aussage machen, kündigt Verteidiger Andreas Trode an und bittet um eine andere Dolmetscherin. Die geladene Frau komme aus dem Irak – sein Mandant verstehe den Dialekt aber nur schwer, brauche jemanden „aus Syrien, Palästina oder dem Libanon“. Das Gericht will sich kümmern.

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Der Bruder A. (31) lässt durch Anwältin Julia Kusztelak eine Erklärung abgeben: Er habe von H.s Eheproblemen gewusst, sich aber möglichst aus allem herausgehalten. H. sei bei ihm eingezogen, weil die Polizei den Bruder der Wohnung verwiesen habe – nach einer Anzeige von dessen Frau. Seine Schwester habe er weder bedroht noch beleidigt, ihr aber vorgeworfen, den Konflikt durch die angebliche Affäre ihres Mannes mit der Schwägerin erst hervorgerufen zu haben. Laut Schwester sei das eine Lüge, sie habe nichts dergleichen erzählt. Am Tattag sei er schon im Bett gewesen, habe mitbekommen, dass sein Bruder sich anzog. In Pyjama und Hausschuhen sei er mit in den Wagen gestiegen, weil er eine Schlägerei befürchtet und Angst um den Bruder gehabt habe. Von mehr sei er aber definitiv nicht ausgegangen – der Bruder habe sich mit dem Schwager aussprechen wollen. Ein Messer habe er während der Fahrt nicht gesehen, von Tötungsabsicht sei nicht gesprochen worden. Auch die Arme hätten sie sich nicht umwickelt.

Jüngerer Bruder: Schwager schlug Mitangeklagten heftig – er habe stark geblutet

H. sei zuerst ausgestiegen, ohne Messer zum Schwager gegangen, der bereits vor dem Haus gewartet und seinen Bruder heftig mit einem Gegenstand geschlagen habe – H. habe stark geblutet. Dann erst sei dieser zurückgekommen, habe ein Messer geholt und sei auf den Schwager losgegangen, der auch ein Stichwerkzeug hatte. A. habe versucht, beide zu trennen, dabei könne er den Schwager auch geschlagen haben. Der wiederum habe nach H. getreten und sich dabei die Stiche eingefangen.

Die Schwester der beiden gibt an, ebenfalls beschimpft und bedroht worden zu sein, als sie zu ihrem Mann kam und diesen versorgen wollte. Die Täter seien zunächst weggelaufen, seien zurückgekehrt, im letzten Moment habe sie die Tür schließen können. Ihr Mann sei erledigt, für sie wollten die beiden am nächsten Tag wiederkommen, hätten sie durch die geschlossene Tür gerufen.

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Auch das bestreitet A.: Die Schwester habe oben am Fenster gestanden, sei gar nicht heruntergekommen. Vieles sei nicht richtig festgestellt, moniert Anwalt Trode. H. habe eindeutig eine große Narbe am Kopf. Die auch von A. erwähnte Verletzung sei aber bisher kaum Thema gewesen. Insgesamt sind noch sechs Termine bis Anfang März festgesetzt.