Siegen. Große Unsicherheit vorm Start des Weihnachtsmarkts Siegen: Corona, 2G, Kontrollen – kann das klappen? Kann es. Manches könnte beibehalten werden.

Lange Schlangen und reger Betrieb bei den Einlasskontrollen neben dem Museum für Gegenwartskunst. „Die Durchführung des Markts in einem gemütlichen Ambiente ist ein organisatorischer Kraftakt gewesen“, sagt Philip De Knuydt, Veranstalter und Geschäftsführer von „3e Märkte“.

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Am Anfang, klar, habe es Anlaufschwierigkeiten gegeben. „Aufgrund der undurchsichtigen Pandemie-Lage stand erst einen Tag vorher fest, dass wir öffnen dürfen und unter welchen Auflagen.“ Mitten in der ohnehin unsicheren Planung sei kurz vor Eröffnung dann 2G dazu gekommen. Zunächst habe keiner so recht gewusst, wie man die Verordnung der Stadt am besten umsetzen soll. Das habe bei den Händlern zu weiterer Ungewissheit geführt, so Marktmeister Andreas Fluge. Die ersten zwei Tage habe man 2G zunächst stichprobenartig kontrolliert. „Das war ein totaler Flop bei der Bevölkerung“, gibt Philip De Knuydt.

Positive Reaktionen auf Einlasskontrollen beim Siegener Weihnachtsmarkt

Daraufhin beschlossen die Veranstalter, dass strenger kontrolliert werden muss. Dafür wurden zwanzig zusätzliche Ordner zur Einlasskontrolle eingestellt, die abwechselnd im Schichtdienst arbeiteten. Es sei schwierig gewesen, von heute auf morgen so viel Personal zu finden. Aber es klappte. „Wir haben eine gute Resonanz, dass das bei den Kontrollen alles sehr ordentlich ablaufen würde.“ Es gab keine Probleme, die Leute seien immer nett und verständnisvoll gewesen, berichtet Andreas Fluge – die Einlasskontrolle sei ja auch für die Sicherheit der Gäste gedacht. „Die Leute zeigten sich sehr zufrieden damit, dass hier keiner ohne 2G-Nachweis auf dem Markt gekommen ist.“

Im „Wichtel“ bietet Wolfgang Finsel auch vegane Crêpes an.
Im „Wichtel“ bietet Wolfgang Finsel auch vegane Crêpes an. © Verena Schlüter

Für Wolfgang Finsel, Crêpe-Stand „Wichtel“, hat die aufwendige Organisation sehr gut funktioniert. „Durch die Kontrollen haben wir uns alle hier sehr sicher gefühlt.“ Karl Reusch, der am Kölner Tor Süßigkeiten verkauft, sieht das anders: Er sei seit mehr als 40 Jahren auf dem Siegener Weihnachtsmarkt, „das ist bis jetzt mein bescheidenstes Jahr.“ Er ist überzeugt: Wenn sich die Leute überall vorher ausweisen müssen, haben sie keine Lust mehr, etwas zu kaufen.

Zahlen im Vergleich zum Siegener Weihnachtsmarkt 2019 teils sogar gestiegen

„Es war für uns Händler zwar nicht das beste Jahr, aber ich bin zufrieden und dass wir alle gesund bleiben, ist das wichtigste“, sagt Wolfgang Finsel. Trotz Pandemie sei der Siegener Weihnachtsmarkt ein Erfolg gewesen. „Im Vergleich zu 2019 halten sich die Besucherzahlen und Gewinne für die Händler in der Waage“, betont Philip DeKnuydt. Ihm seien keine akuten finanziellen Einbrüche bekannt. Im Vergleich zu 2019 seien die Zahlen seinem Eindruck nach teilweise sogar tendenziell gestiegen. „Ich glaube, dass hängt damit zusammen, dass die Leute nach einem Jahr ohne Weihnachtsmarkt die Chance nutzen und einfach wieder Glühwein trinken oder Reibeplätzchen essen möchten“, so der Veranstalter. Oder viele Besucher hätten gedacht „wir gehen mal schnell hin, bevor der Markt wieder schließen muss“.

Käthchen Müller betreibt außer ihrer Pommesbude auch einen Süßwaren-Stand.
Käthchen Müller betreibt außer ihrer Pommesbude auch einen Süßwaren-Stand. © Verena Schlüter

Für Andreas Fluge waren die Besucherzahlen einigermaßen zufriedenstellend. An den Wochenenden sei natürlich mehr los gewesen. „Am Wochenende gegen Abend hatten wir auf jeden Fall immer gut zu tun“, bestätigt Lisa Koch, Verkäuferin an einem Stand für Weihnachtsdekoration. „Sobald es dunkel wurde, kamen immer mehr Menschen.“ Samin Pilli vom Panini-Stand berichtet, dass die Besucherzahlen unter der Woche bis donnerstags immer sehr überschaubar gewesen sein, obwohl das Wetter gut war. „Uns fehlte die etwas ältere Laufkundschaft, die kamen nur sehr schleppend auf den Markt.“ Er nimmt an, dass sei 2G und Corona geschuldet. „Gerade die älteren Leute hatten vielleicht einfach Angst, auf den Markt zu kommen.“

Weihnachtsmarkt: Am Wochenende deutlich mehr Umsatz, werktags deutlich weniger

Am Wochenende hingegen habe es eine wahre Aufholjagd gegeben. „Die jungen Leute wollen bei den winterlichen Temperaturen einfach mal wieder heißen Alkohol“, sagt Bärbel Bertelsmann vom Glühwein-Depot. „Viele haben Lust darauf, abends endlich wieder in gemütlicher Weihnachtsmarktstimmung zusammen Glühwein zu trinken.“ Samin Pilli sagt, dass die Einkünfte an den letzten Wochenenden im Verhältnis zu Vor-Corona-Zeiten bei ihm wesentlich besser gewesen seien. „In der Woche ist mein Umsatz dafür aber um fast 50 Prozent zurückgegangen.“ Das bestätigt Käthchen Müller, die eine Pommesbude betreibt: „Durch Corona sind die Besucherzahlen und Einkünfte sehr verhalten.“ Die vollen Wochenenden waren gut fürs Geschäft – „aber so richtig rausreißen tut es das auch nicht.“

Lisa Koch verkauft Weihnachtsdekoration.
Lisa Koch verkauft Weihnachtsdekoration. © Verena Schlüter

Die Veranstalter wollten den Markt werktags immer erst um 16 Uhr öffnen. Durch die Verkürzung konnten Kosten für zusätzliches Sicherheitspersonal am Einlass gesenkt werden, erklärt Philip De Knuydt. Das habe einige Händler allerdings beeinträchtigt. „Mein Mittagsgeschäft ist deswegen komplett eingebrochen“, sagt Käthchen Müller. „Normalerweise kamen die Leute in ihrer Mittagspause für eine warme Speise vorbei. Die Einkünfte fehlten mir dieses Jahr“. Auch Wolfgang Finsel vom Crêpe-Stand fehlen einige Einkünfte im Vergleich zu 2019. Er ist seit 40 Jahren als Händler auf dem Weihnachtsmarkt in Siegen, seine Stammkunden hätten ihm das Geschäft in diesem Jahr gerettet. Aber Hauptsache man durfte die Bude wieder aufmachen.

Händlerschaft findet veränderte Öffnungszeiten des Siegener Weihnachtsmarkt gut

Überwiegend hätten die Budenbetreiber zurückgemeldet, dass die veränderten Öffnungszeiten keine schlechte Idee seien – das Hauptgeschäft beginne sowieso nicht früher. Aktuell diskutiere die Händlerschaft, ob man das nicht immer so machen sollte. Das freut Philip De Knuydt. Verkäuferin Lisa Koch etwa findet es sinnvoll, den Markt unter der Woche erst ab 16 Uhr zu öffnen: „Um 11 Uhr kommt sowieso kaum jemand, da hätte sich der Aufwand mit den Einlasskontrollen einfach nicht gelohnt.“

Samin Pilli, Besitzer des Panini-Stands, hatte ab freitags gut zu tun.
Samin Pilli, Besitzer des Panini-Stands, hatte ab freitags gut zu tun. © Verena Schlüter

Neu in diesem Jahr sei der große Zulauf aus dem Umland gewesen. Anhand der Autokennzeichen und vielen Telefonate sei den Veranstaltern aufgefallen, dass sehr viele Menschen aus dem erweiterten Umkreis in diesem Jahr zum Siegener Weihnachtsmarkt kamen – womöglich eine Folge der frühzeitigen Absage vieler anderer Weihnachtsmärkte. De Knuydt: „Das hatten wir so auch noch nie.“

Was Händler und Veranstalter des Siegener Weihnachtsmarkts freut...

Sowohl Händler als auch Veranstalter sind letztlich vor allem glücklich darüber, dass der Weihnachtsmarkt am Unteren Schloss überhaupt stattfinden konnte.

Käthchen Müller freut sich sehr darüber, dass die Kunden trotz allem noch kommen und die Buden öffnen durften. „Wir sind alle wahnsinnig froh, dass der Weihnachtsmarkt überhaupt stattfinden konnte“, betont Wolfgang Finsel. Ein großer Dank der Händlerschaft gehe dabei an die Veranstalter, die sich dafür eingesetzt haben, dass der Markt nicht abgesagt werden musste. „Ich bin erleichtert, dass wir überhaupt unsere Bude aufmachen konnten. Die Veranstalter haben viel für uns getan, da hat es andere, beispielsweise im Märkischen Kreis, schlimmer getroffen“, sagt Karl Reusch.

… und was sich Händler und Veranstalter des Siegener Weihnachtsmarkts wünschen

„Wir arbeiten mitten im alltäglichen Wahnsinn der Pandemie – wir versuchen zu retten und akut auf Probleme zu reagieren“, scherzt Philip DeKnuydt. Für nächstes Jahr wünscht er sich, dass Weihnachtsmärkte wieder ohne Einschränkungen ausgerichtet werden können. Auch Käthchen Müller, die gerne Schaustellerin und das ganze Jahr auf Kirmes’ vertreten ist, hofft darauf, dass „wir bald wieder normale Zeiten haben und alles wieder einfacher wird.“ Die meisten fürchten aber, dass Corona die Eventbranche noch länger beschäftigen wird. DeKnuydt rechnet damit, dass er mit Jan Klappert nächstes Jahr da anfängt, wo sie dieses Jahr aufgehört haben: „Der diesjährige Weihnachtsmarkt nützt uns als ein guter Erfahrungswert zur praktischen Erprobung eines coronakonformen Weihnachtsmarktkonzepts für nächstes Jahr.“

Die Veranstalter danken der Stadt Siegen. Die Behörden hätten unter Berücksichtigung der Pandemie sinnvolle Auflagen gemacht, aber die Veranstalter auch sehr dabei unterstützt, diese für alle zufriedenstellend umzusetzen, damit sich sowohl Besucher als auch Händler sicher fühlen können. „Ich glaube, dass die Stadt auch sehr zufrieden ist mit der angepassten Durchführung des Weihnachtsmarkts in diesem Jahr“, sagt Philip De Knuydt.

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Für Marktmeister Andreas Fluge sei es „bis auf ein paar Abzüge in der B-Note“ ein gelungener Markt: „Alle Händler wirkten am Ende zufrieden und alles ist reibungslos verlaufen.“ Insgesamt habe es während der ganzen Weihnachtsmarktzeit in Siegen nur sechs Regentage gegeben. „Noch schöner wären nur Schnee und minus zehn Grad für das richtige Weihnachtsmarktgefühl gewesen.“

Karl Reusch hat am Kölner Tor jede Menge Süßwaren wie kandierte Äpfel im Angebot.
Karl Reusch hat am Kölner Tor jede Menge Süßwaren wie kandierte Äpfel im Angebot. © Verena Schlüter