Kreuztal. Grablichter mit der Aufschrift „Impfopfer“ haben Unbekannte vor den Praxen von zwei Kreuztaler Ärzten aufgestellt. Die Polizei ermittelt
Dr. Jan Khalil aus Kreuztal traute am Freitagabend seinen Augen nicht, als er gegen 21 Uhr noch einmal zu seiner Praxis an der Guten Zeit nach Ferndorf kam. Dort standen zwei rote Grablichter. Beide leuchteten. Beim genauen Betrachten sah der Hausarzt die Aufschrift „Impfopfer“ auf dem Deckel. „Ich wusste im ersten Moment gar nicht, was das zu bedeuten hatte. Dachte, es sei ein blöder Scherz“, erinnert sich Jan Khalil im Gespräch mit dieser Zeitung.
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Seine Frau beunruhigte der Vorfall deutlich mehr. Sie riet ihm, die Polizei einzuschalten, was der Arzt auch umgehend tat. Auf eine Mail hin kamen die Beamten noch am Abend in die Otto-Flick-Halle, wo Jan Khalil zu diesem Zeitpunkt die groß angelegte Impfaktion fürs Wochenende vorbereitete. Er beantwortete alle Fragen. Die beiden Grablichter wurden von der Polizei mitgenommen.
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Täter suchen sogar das Elternhaus eines Arztes auf
Charles Christian Adarkwah von der Gemeinschaftspraxis „Familydocs“ fand ebenfalls jeweils zwei rote Grablichter vor seinen Praxen in Kredenbach, in Fellinghausen und in Krombach, jeweils mit der Aufschrift „Impfopfer“. Aber nicht nur vor den Praxen waren diese Lichter aufgestellt worden. Der oder die Unbekannten hatten auch vor Adarkwahs Elternhaus in Ferndorf nicht Halt gemacht. Wohl um die Familie einzuschüchtern. Oder zu bedrohen?
Auch Charles Christian Adarkwah setzte sich mit der Polizei in Verbindung. Die suchte alle Standorte auf und holte die Grablichter in Papiertüten ab. Eine Nachfrage bei der Kreispolizeibehörde am Sonntagnachmittag ergab, dass die Polizei Strafverfahren eingeleitet hat. Die Ermittlungen stehen am Anfang.
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Auch am vierten Adventswochenende wird Samstag und Sonntag in der Otto-Flick-Halle geimpft. Terminvergabe: praxis-gute-zeit.de Die Familydocs impfen in der „Erlebniswelt“ der Krombacher Brauerei: in dieser Woche am Dienstag, Mittwoch und Freitag. Termine: familydocs.de
Noch am Sonntag verfasste Charles Adarkwah über die sozialen Medien eine Botschaft. Zum einen habe es kürzlich Stress mit einer Person in seiner Praxis in Fellinghausen gegeben, als diese Person nicht auf Verlangen sofort und ohne Termin während der laufenden Sprechstunde geimpft worden sei. Im Nachgang erfolgte eine schlechte Patienten-Rezension auf der Homepage der Familydocs, die seit Monaten nicht nur an Wochenenden Impfaktionen in der Krombacher Brauerei anbieten: „Achtung, diese Arztpraxis macht keine Covid-Impfungen.“
Betroffene Ärzte lassen sich nicht einschüchtern
Weiter schreibt der Hausarzt auf seiner Facebook-Seite: „Gestern wurden an unseren Praxen und zum Teil an Privathäusern Grablichter vor den Eingangstüren abgestellt mit dem Hinweis ‘Impfopfer’. Wo sind wir eigentlich hingekommen? Da wird man nicht nur in den Praxen (und das ist schon zu viel), sondern sogar zuhause von verwirrten Menschen besucht, die Grablichter vor der Tür abstellen…. Irgendwann ist auch hier eine Grenze überschritten – der nächste schmeißt dann eine Scheibe ein und wirft einen Molotow-Cocktail hinterher? Unfassbar, was hier zurzeit passiert…. Und wir sind nicht die einzige Praxis, die betroffen war. Auch @praxis_an_der_guten_zeit wurde mit Grablichtern dekoriert. Wir lassen uns dadurch nicht einschüchtern, setzen unsere Arbeit fort und stehen umso dichter zusammen in dieser Zeit.“
Einschüchtern lassen will sich auch Jan Khalil nicht. Denn weitere größere Impfaktion in der Flick-Halle sind geplant und finden auch statt.
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