Siegen-Wittgenstein. Die Mehrzahl ist auch für strenge 3G- oder sogar 2G-Regeln am Arbeitsplatz – die Industrie mehr als Einzelhandel und Gastronomie.
„Die heimische Wirtschaft erwartet von Bund und Land eine deutlich härtere Gangart in der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Zwei Drittel der Unternehmen in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe vertreten die Auffassung, dass eine für alle gültige generelle Corona-Impfpflicht politisch angestrebt werden sollte. Die Politik sollte daher klarere Kante zeigen und endlich Nägel mit Köpfen machen.“ Mit diesen Worten fasst IHK-Präsident Felix G. Hensel die Ergebnisse einer Blitzumfrage der Siegener Kammer zusammen, an der sich in den vergangenen Tagen 721 Betriebe beteiligten. Nur 33 Prozent der Unternehmen sprechen sich gegen eine grundsätzlich geltende Corona-Impfpflicht aus.
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Fast die Hälfte ist auch für 2G in Firmen
Ähnlich deutlich fällt auch das Votum in der Frage einer verbindlichen 3G- oder 2G-Regelung für die Arbeitsplätze vor Ort aus: 81 Prozent der Unternehmen würden eine entsprechende gesetzliche Vorgabe begrüßen. 32 Prozent halten eine verbindlich vorgegebene 3G-Regelung für angebracht, fast die Hälfte, nämlich 49 Prozent , spricht sich sogar für eine verbindliche 2G-Regelung aus. Auf Ablehnung stößt eine solche Zugangsbeschränkung für die Arbeitsplätze im eigenen Unternehmen lediglich bei einer Minderheit von 19 Prozent .
IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener: „Der deutlichen Mehrheit der heimischen Firmen gehen die derzeit diskutierten Modelle der Ampel offenbar nicht weit genug. Wenn die Problemlösung vor allem im Impfen liegt, muss eben der Status der Nichtgeimpften mit deutlich mehr Nachteilen verbunden werden als bisher.“ Zudem gelte es offenkundig aus Sicht weiter Teile der regionalen Wirtschaft auch, Widersprüche der bisherigen Politik zu korrigieren. Klaus Gräbener: „Ein Gastronom darf von seinen Mitarbeitern nicht wissen, ob sie geimpft sind. Er muss dieselben Mitarbeiter jedoch beauftragen, jedem einzelnen Gast genau diesen Nachweis abzuverlangen.“
Handel und Gastronomie machen sich Sorgen
Die Ergebnisse unterscheiden sich zwischen den Branchen. Während 74 Prozent der Industriebetriebe eine generelle Corona-Impfpflicht befürworten, liegt der Zuspruch hierfür beim Einzelhandel und im Dienstleistungsgewerbe deutlich niedriger (62 bzw. 61 Prozent). Zudem fällt beim Groß- und Einzelhandel die Unterstützung für eine gesetzliche 3G- oder 2G-Regelung für die Arbeitsplätze etwas geringer aus als in den anderen befragten Branchen. Felix G. Hensel: „Die Industrie ist weit überwiegend darauf angewiesen, dass die Arbeit vor Ort verrichtet wird. Homeoffice ist nur in wenigen Fällen möglich. Viele Händler haben die Zeit der Lockdowns hingegen nur mit Mühe und Not überstanden und sind nun auf jeden Euro Umsatz angewiesen. Jede neue Reglementierung droht letzten Endes Kundenausfälle mit sich zu bringen.“
Bei der Umsetzung von Maßnahmen vertraut die Wirtschaft dem Bund in der aktuellen Lage offenbar stärker als den einzelnen Bundesländern: Der Großteil der Befragten (77 Prozent) würde es begrüßen, wenn die verbindliche Einführung von 3G- oder 2G-Vorschriften in den Betrieben zentral durch die Bundesregierung umgesetzt würde. Lediglich 23 Prozent der Betriebe wünschen sich eine dezentrale Regelung durch das jeweilige Bundesland, die an Inzidenzwerten und weiteren Faktoren, wie der Belegung von Intensivbetten in den Krankenhäusern, ausgerichtet ist.
Staat soll Kosten für Tests übernehmen
Zutrittsbeschränkungen für Ungeimpfte gehen mit zusätzlichen Kosten einher, weil entsprechende Tests vorgehalten und durchgeführt werden müssen. Die Unternehmen sehen hier überwiegend den Staat in der Verantwortung, wenn es darum geht, wer hierfür aufkommen soll. Gegen ein Abwälzen hieraus entstehender Belastungen auf die Unternehmen sprechen sich 76 Prozent der Betriebe aus. Hier sind es insbesondere das Baugewerbe (86 Prozent) und der Einzelhandel (84 Prozent), die sich deutlich gegen eine Beteiligung an den Kosten für die Tests aussprechen. Für 24 Prozent aller Befragten ist angesichts der Bedeutung der Maßnahme für die Unternehmen auch denkbar, dass die Wirtschaft selbst Geld hierfür in die Hand nimmt.
46 Prozent der befragten Unternehmen denken darüber nach, auf eigene Initiative verbindliche 3G- oder 2G-Zutrittsregelungen für bestimmte Bereiche im Betrieb einzuführen, etwa für die Nutzung von Sozialräumen oder der Kantine. Etwas geringer liegt mit 41 Prozent der Anteil der Unternehmen, die dies nicht in Erwägung ziehen. Allerdings: 13 Prozent der Befragten antworteten auf diese Frage weder mit „ja“ noch mit „nein“. Felix G. Hensel: „Dies könnte darauf hindeuten, dass sich gerade in diesem Punkt etliche Unternehmen noch nicht im Klaren darüber sind, wie weit eigene Maßnahmen reichen sollten.“
Fast die Hälfte rechnet mit neuem Lockdown
Einen erneuten „Lockdown“ schließt die heimische Wirtschaft nicht aus. Zwar hält die Mehrheit der Unternehmen (56 Prozent) die Wiedereinführung der drastischen Maßnahme derzeit für „sehr unwahrscheinlich“ oder „eher unwahrscheinlich“. Aber vom Tisch ist das Thema offenkundig nicht: Das jedenfalls geben 44 Prozent der befragten Betriebe an: 32 % halten einen erneuten „Lockdown“ für „eher wahrscheinlich“, 12 Prozent sogar für „sehr wahrscheinlich“.
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