Burbach. „Mosja Clothing“ aus Burbach – eine gut laufende Modemarke, nachhaltig und quasi ehrenamtlich: Jakob Sahm und Ann-Kathrin Klein spenden Gewinne.
Für ein Hobby ist „Mosja Clothing“ ganz schön viel Arbeit. Eigentlich ist es auch viel mehr als ein Hobby, auch wenn Ann-Kathrin Klein und Jakob Sahm ihr Modelabel fast ehrenamtlich betreiben. Sie sind zwar Geschäftsleute, verkaufen erfolgreich T-Shirts und Kapuzenpullis. Aber reich werden hat keine Priorität. Gewinne spenden sie. „Wir wollen nicht einfach nur die nächste Modemarke sein. Und wir wollen nicht morgen Porsche fahren“, sagt Sahm.
Die Macher von Mosja Clothing: Jakob Sahm und Ann-Kathrin Klein
Jakob Sahm, Student, nebenher berufstätig, ist schon lange Ehrenamtler. Seit Jahren engagiert er sich für „Weihnachten im Schuhkarton“, packt Geschenke für arme Kinder. Er war auch oft da, in Rumänien vor allem, fuhr Hilfsgüter und Möbel hin, half mit, wo zu helfen war. Dabei lernte er ein deutsches Ehepaar kennen, das ein Waisenhaus betrieb, Kinder bilingual aufzog, ihnen einen Weg zeigte raus aus der Armut, in ein gutes Leben. In Mosna („Moschna“ gesprochen) war das. Daher der Name. Mosja.
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„Auf den Reisen habe ich Verhältnisse gesehen, die für Europa kaum vorstellbar sind“, sagt er. Viele Kinder leben auf der Straße, als Waisen oder geflüchtet aus ihren Familien. Staatliche Strukturen, die sich um sie kümmern, gibt es kaum. Im Waisenhaus leben die Kinder mit dem Ehepaar, wie eine Familie. Komplett spendenfinanziert. Zusammen mit einem Kumpel überlegte Jakob Sahm, wie man Geld sammeln könnte, nicht nur zu Weihnachten. Sie kamen bald auf die Idee mit Klamotten. Neben der Ausbildung zum Industriekaufmann auch eine Möglichkeit, sich kreativ auszuleben, sagt er. Ende 2019 fing Jakob Sahm an mit dem Modelabel und wenig später sollten sie schon auf Festivals und Festen ausstellen. Fiel alles aus, Corona, sie waren dann nur auf einem einzigen Weihnachtsmarkt. „War ein unglaublich guter Tag“, sagt er. Sie knüpften richtig viele Kontakte.
Ann-Kathrin Klein stammt aus Bayern, arbeitet als Lehrerin, Jakob Sahm ist Trauzeuge ihres Mannes – ihr erster Kontakt im Siegerland, außer ihrem Mann, sagt sie lachend. Sie half immer mal wieder aus bei Mosja und als Jakob Sahms Kumpel immer weniger Zeit fand – Mosja lief schon ziemlich gut –, stieg sie voll ein, kümmerte sich um Produktionslogistik und Social Media. „Wenn man merkt, wie wenig Ahnung man von solchen Dingen hat, trifft einen das mit ganzer Härte“, sagt sie über die rumänischen Kinder. „Ich würde mich mein Leben lang ärgern, wenn ich das nicht gemacht hätte.“
Die Mode von Mosja Clothing: Nachhaltig und fair produziert
Beim Thema Kleidung ist Nachhaltigkeit ein ziemlich wichtiger Aspekt. „Auch da wollten wir etwas zum Positiven verändern“, sagt Sahm. Und bei Klamotten gebe es ziemlich viel Potenzial, um wirklich etwas verbessern zu können, betont Ann-Kathrin Klein. Ethisch und ökologisch liegt da vieles im Argen. Und: Kleidung schafft einen Anlass, ins Gespräch zu kommen über solche Missstände. Abends in gemütlicher Runde kommt das oft nicht so gut.
Mosja bezieht die Kleidungsstücke von zwei Lieferanten, die streng auf Auflagen achten – fair bezahlt, keine Kinderarbeit. Alles Biobaumwolle – viel geringerer Wasserverbrauch beim Anbau. Sie prüfen und suchen aus, entwerfen und verwerfen, bestellen, treffen Vorauswahl zu Farben, Schnitten, Druck, Bestickung. Hören nach bei Freunden und Kunden, waschen und irgendwann, nach Monaten, steht die Kollektion. Der Erfolg gibt ihnen Recht, Kundschaft in ganz Deutschland kauft bei Mosja und erzählt weiter, dass es da ein Modelabel in Burbach im Siegerland gibt. „Wir verwenden sehr viel Zeit darauf“, sagt Ann-Kathrin Klein und es freut sie aufrichtig, wenn Kunden von ihrem Mosja-Lieblingspullover erzählen, der so kuschelig ist.
Das Lager ist klein, bestellt wird nicht in großen Mengen, sondern nach Bedarf. Wegschmeißen passt nicht zum Konzept, aber normalerweise dauert es trotzdem nur drei bis fünf Werktage, bis ein Kleidungsstück bei der Kundschaft ankommt. „Angebot und Nachfrage sind immer ganz gut austariert“, sagt Klein. „Es ist schön zu merken, dass es ankommt, dass die Leute Bock drauf haben. Sie bestellen gute und faire Klamotten. Einfach gut“, freut sich Sahm. Den Erlös stecken sie wieder in den Laden, beide sind berufstätig, wichtiger ist ihnen, sich noch in die Augen blicken zu können.
Jede Kollektion von Mosja Clothin ist auf ein Projekt ausgerichtet
Mosja soll ihnen Spaß machen, sie wollen auf ihre Anliegen aufmerksam machen, mit Leuten in Kontakt kommen. Das klappt schon ziemlich gut, Fotografen und Models bieten unentgeltlich Shootings an, Ann-Kathrin Kleins Trauzeugin – Designerin – hat bei der aktuellen Kollektion unterstützt. „Manchmal denkt man, womit wir das eigentlich verdient haben, dass so viele nette Leute uns unterstützen wollen?“, sagt Jakob Sahm lächelnd.
Die erste Mosja-Kollektion war für das rumänische Waisenhaus. „Jede Kollektion ist auf ein Projekt ausgerichtet, das uns am Herzen liegt“, erklärt Ann-Kathrin Klein. Jetzt ist die zweite auf dem Markt und die Gewinne daraus spenden die beiden an „Schattentöchter“. Die komplett spendenfinanzierte Organisation geht zu Prostituierten, leistet Aufklärungsarbeit, bietet ihnen eine Anlaufstelle, hilft auf dem Weg da raus. „Ein Bruchteil der Frauen macht das freiwillig“, sagt Klein. Und auch die rutschen mit der Zeit mehr und mehr in Abhängigkeitsverhältnisse. Zwang. Ein Schutzhaus konnte „Schattentöchter“ finanziell nicht mehr halten. „Die können nur arbeiten, weil Menschen Lust haben, etwas zu geben“, sagt sie. Der Kontakt kam über eine Bekannte zustande. „Sie ist mit so viel Herz dabei, da konnten wir nicht nein sagen.“ Ann-Kathrin Klein und Jakob Sahm haben Lust, etwas zu geben.
Der neue Mosja-Laden mitten in Burbach kann mehr sein als eine Boutique
Mitten in Burbach, Burgweg 1, ist das kleine Geschäft gelegen, das die meisten noch als Fahrschule kennen. Mosja startete als Online-Shop, aber immer mehr Menschen fragten, ob sie die Sachen auch anprobieren können.
Vielleicht bleibt es ja nicht beim Klamottenladen. Nachhaltigkeit- und Kreativworkshops oder Online-Vorträge, zum Beispiel von „Schattentöchter“, sind Ideen. „Eine Plattform für Menschen, die sich ausprobieren möchten“, sagt Jakob Sahm. Etwas für den Ort, die Region tun. Austausch und Miteinander.
Diesen Samstag wird erstmal eröffnet, 14 Uhr. „Schattentöchter“ ist auch vor Ort. Geöffnet ist danach dienstags von 14.30 bis 19 Uhr, samstags von 10.30 bis 13.30 Uhr. Erstmal. Schauen, wie es sich entwickelt.
Infos und Shop: www.mosja.de und www.instagram.com/mosjaclothing.
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