Siegen. Ein Siegerländer Arzt steht wegen Steuerhinterziehung vor Gericht: Er soll private Häuser als „Betriebsstätten“ geführt habe.

Der 1. Juli 2015 war einer der entscheidenden Tage im Steuerhinterziehungsverfahren gegen einen Siegerländer Mediziner. An jenem Sommertag wurden um Punkt 12 Uhr diverse Räume und Firmen des Mannes durchsucht, auch in Greifswald, wo er ein Haus besaß, in dem angeblich auch eine Praxis war.

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Der Zeitpunkt am Mittag sei bewusst gewählt worden, um nicht zu viel Aufmerksamkeit zu erregen. Weil sich dann nach früheren Beobachtungen kaum noch Menschen in der Gemeinschaftspraxis befanden, die der heutige Angeklagte mit einem seiner Söhne betrieb. Er selbst befand sich in Greifswald, was die Beamten vor Ort angesichts eines Pkw mit SI-Kennzeichen bereits angenommen hatten. Allerdings sei ihnen nach Klingeln die Tür nicht geöffnet worden, berichtet einer der Männer. Die Einsatzleitung im Siegerland habe daraufhin per Mobiltelefon Kontakt zum Angeklagten aufgenommen. Dieser habe gesagt, er werde in Kürze vor Ort sein. Was nach Einschätzungen des Zeugen und eines Kollegen zwischen 15 und 30 Minuten gedauert habe. Der Siegerländer Kollege berichtet anschließend, er habe den Mediziner „auf den Rückweg erreicht, eine gute Stunde von Greifswald entfernt“.

Praxis erweist sich als Wohnhaus

Möglicherweise war er mit einem anderen Auto unterwegs, vielleicht mit der unbekannt gebliebenen Frau, die von den Zeugen vor Ort in seiner Begleitung angetroffen wurde. Deren Name sei leider nicht erfragt oder festgehalten worden, bedauern die Finanzbeamten. Ansonsten hatten sie ein reines Einfamilienhaus vorgefunden, mit einer kleinen Arbeitsecke, aber ohne jegliche Firmenunterlagen. Eine Mitarbeiterin der ebenfalls in der norddeutschen Kreisstadt gelegenen Aktiengesellschaft konnte den Ermittlern gleichfalls keine Unterlagen übergeben. Das sei alles in der Karlsruher Zentrale zu finden, hatte die inzwischen verstorbene Zeugin wissen lassen.

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Wenn der Angeklagte vor Ort Untersuchungen durchgeführt habe, dann nur im Unternehmen selbst, nicht aber an der anderen Adresse. Der Arzt selbst hätte es bewohnt, die Fahnder würden nur den Ist-Zustand des Hauses wahrnehmen. Es sei durchaus möglich, dort einmal eine Praxis betrieben zu haben. Das Führen des Gebäudes als Betriebsstätte sei ihm ansonsten vom Steuerberater nahegelegt worden.

Mit Steuerberater beim Finanzamt

Einer der Siegener Ermittler muss Detailfragen der Vorsitzenden über sich ergehen lassen, über das Verhalten des Angeklagten vor allem auch im Schlussgespräch. Da habe es weitgehend Einverständnis gegeben, in einigen Fällen aber erst nach längeren Diskussionen innerhalb der Parteien. Der Angeklagte war damals mit seinem Steuerberater und seinen Söhnen im Finanzamt vorstellig geworden. Alle Anträge und Feststellungen seien aber nur von ihm unterzeichnet gewesen, „deshalb wurden die Söhne nicht angeklagt“. Der Steuerberater habe versucht, alle verdächtigen Vorgänge für nicht absichtlich und als Folge von Kommunikationsproblemen zu erklären. Hätte der Mandant wirklich Dinge verschleiern wollen, wären kaum fast alle Handlungen über normale Buchungen gelaufen.

Der Beamte sah und sieht dies anders. Mängel aufgrund von ganz ähnlichen Kommunikationsproblemen seien bereits bei Vorprüfungen aufgefallen. Es habe von verschiedenen Finanzämtern entsprechende Hinweise und Warnungen gegeben. Wenn sich dann über die Jahre nichts an diesem Verhalten ändere, müsse er von vorsätzlichem Verhalten ausgehen. Am Montag geht es weiter.

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