Kaan-Marienborn. Die Siegener Recycling Werkstätten (SRW) feiern ihr 25-jähriges Bestehen. Sie sind zunehmend gefordert – denn es gibt immer mehr Elektroschrott.

Dass einmal auch Turnschuhe, Armbänder und Nikolausmützen in den Hallen der Siegener Recycling Werkstätten (SRW) landen würden, hätte bei deren Gründung 1996 wohl niemand vermutet. Die Zahl der Artikel, in denen Elektronikteile verbaut sind – seien es nun Pulssensoren oder lediglich blinkende Lämpchen – hat in den vergangenen 25 Jahren aber massiv zugenommen. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht, so dass die SRW auch zum Jubiläum sicher sein können, dass es weiterhin reichlich für sie zu tun gibt.

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Ein Fest gibt es aufgrund der Pandemie nicht. Zurückblicken möchten die Verantwortlichen trotzdem. „Es war ein Wagnis und etwas völlig Neues, so eine gemeinnützige Gesellschaft zu gründen“, sagt Karl-Ludwig Völkel, Vorstandsvorsitzender des AWO Kreisverbands Siegen-Wittgenstein/Olpe. Das Besondere: AWO und Kreishandwerkerschaft teilen sich die Trägerschaft zu gleichen Teilen, weil die SRW zwei große Ziele verfolgen. Einerseits geht es um die sach- und umweltgerechte Entsorgung von Elektroschrott, andererseits darum, Menschen mit schlechten Job-Chancen (wieder) für den Ersten Arbeitsmarkt fit zu machen. „Ureigenstes Terrain der AWO“, sagt Karl-Ludwig Völkel.

Siegener Recycling Werkstätten erhalten rund 2000 Tonnen Elektroschrott pro Jahr

1996 nahm der Umweltgedanke, das Wiederverwerten von Rohstoffen, Fahrt auf“, erläutert Jürgen Haßler, kürzlich als Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft in den Ruhestand gegangen, bei den SRW aber weiterhin in dieser Funktion tätig. Die gesetzliche Verpflichtung zur fachgerechten Entsorgung von ausrangierten elektronischen Geräten habe sich damals abgezeichnet.

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In Zusammenarbeit mit dem AWO-Kreisverband starteten die Werkstätten mit 35 Leuten im IHK-Park in Eiserfeld. Wegen begrenzter räumlicher Entwicklungsmöglichkeiten erfolgte 2008 der Umzug zum jetzigen Standort in Kaan-Marienborn. Rund 2000 Tonnen Schrott werden dort jährlich entgegengenommen, zerlegt, entsorgt und verwertet. Es habe „Höhen und Tiefen“ gegeben, sagt Jürgen Haßler. Heute seien die SRW „ein wirtschaftlich tragfähiges Unternehmen“, das in der Region mit guter Arbeit „das Vertrauen der Betriebe gewonnen“ habe.

Siegener Recycling Werkstätten: Menschen neue Chancen am Arbeitsmarkt eröffnen

Der Begriff „Nachhaltigkeit“ sei 1996 noch nicht in Umlauf gewesen, betont Dr. Andreas Neumann, als Geschäftsführer des AWO-Kreisverbands ebenfalls SRW-Geschäftsführer. Der Slogan „fair entsorgt“ habe aber schon damals auf den Punkt gebracht, dass es sowohl ökologisch als auch sozial um auf Dauer ausgerichtete Ziele ging.

Einzugsgebiet und Finanzierung

Die Siegener Recycling Werkstätten sind in den acht Siegerländer Städten und Gemeinden für die Aufbereitung und Entsorgung von Elektroschrott zuständig.Außerdem werden Einnahmen durch den Verkauf von Wertstoffen – etwa Platin oder Kupfer – generiert.Der AWO-Kreisverband kümmert sich um die sozialpädagogische Betreuung im Haus.

Die Werkstätten haben elf feste Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – Techniker, Facharbeiter, Sozialpädagogen – und derzeit 45 Plätze (von denen 30 belegt sind) für Menschen, die auf dem regulären Arbeitsmarkt kaum Aussichten haben. Dazu zählen Langzeitarbeitslose, Jugendliche mit schwierigen Lebensläufen, Menschen ohne Ausbildung. Über das Jobcenter kommen sie im Zuge von Arbeitsgelegenheiten in die Hallen in Kaan-Marienborn und bleiben drei bis maximal sechs Monate. Sie werden qualifiziert, doch oft „geht es vor allem darum, die Menschen wieder in einen Arbeitsrhythmus zu bringen“, sagt Andreas Neumann.

In den Siegener Recycling Werkstätten sollen Langzeitarbeitslose neuen Mut fassen

„Es ist wichtig, den Menschen wieder Mut zu geben, dass sie Anerkennung finden“, erläutert Jürgen Haßler. Wer sieben, acht, vielleicht neun Jahre keiner geregelten Tätigkeit nachgegangen sei, für den sei es mitunter eben „schwierig, jeden Morgen um 8 Uhr hier zu sein“. An einen Arbeitsalltag müssten sich viele erst wieder gewöhnen. Nicht allen gelingt das.

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„Wir erleben Menschen, die keine sechs Wochen durchhalten. Und andere, die nach sechs Monaten hoch motiviert sind“, ergänzt Andreas Neumann. Für diese ergebe sich dann dank der Beteiligung der Kreishandwerkerschaft oft die Möglichkeit, sie in Praktika oder sogar Anstellungen weiterzuvermitteln, sagt Jürgen Haßler. Etwa 80 bis 90 Personen durchlaufen so jährlich die SRW.

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