Netphen. An der Aufräumaktion in Netphen beteiligt sich auch die Ruanda AG des Gymnasiums. Preisgekrönte „Trashbusters“ bauen nun einen fairen Handel auf.
„Netphen macht sauber“: 16 Vereine und Gruppen sind dem Aufruf von Familien- und Seniorenbüro gefolgt. Unter ihnen auch die Ruanda AG des Gymnasiums Netphen. Die Mädchen und Jungen, zumeist aus der Klasse 5, haben zwar nicht die schweren Lasten bewegen können wie die von der Stadt preisgekrönten Sieger, die im Wettbewerb um Tonnen Abfall je abgesuchtem Hektar standen. Aber Gewinner geworden sind sie doch: Die Naturschutzjugend im Naturschutzbund (Nabu) hat den Netphenern in ihrem jährlichen Trashbusters Award den Sonderpreis für internationales Engagement zuerkannt.
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So geht’s in Ruanda
Umuganda. Das ist das Stichwort, das das Müllsammeln der Netphener zu einem weitere Partnerprojekt mit der Rout Foundation in Kigali macht, die Straßenkindern eine Schulausbildung ermöglicht. Sie haben schon zusammen gefilmt, Theater gespielt, getanzt, sich über ihre Lebens- und Umweltbedingungen ausgetauscht, zuletzt über die Frage, was für sie Glück bedeutet. Und nun: Umuganda. Der Umuganda Day ist der letzte Samstag im Monat, an dem im Dorf oder Stadtteil alle gemeinsam arbeiten: bauen, aufräumen, die Straße reparieren.
Müll sammeln? Inzwischen eher weniger, berichtet Ursula Wussow, die die Ruanda AG leitet: „Da ist nicht mehr viel.“ Auch das hat Kigali Netphen voraus: kaum Plastikabfall, wie die Netphener bei einem vorangegangenen Projekt lernen konnten, keine wilden Müllkippen. Der Beitrag für die Gemeinschaft – das etwa nämlich heißt Umuganda übersetzt – kann stattdessen zum Beispiel im Anpflanzen, Gießen und Pflegen von Grünanlagen bestehen.
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Das machen die Netphener
6865 Mal in insgesamt 59 Arbeitsstunden haben 26 Kinder und ihre Eltern sich gebückt oder die Zange zuschnappen lassen. An den Ufern der Sieg im Kernort Netphen haben sie allein 1501 Kippen und 38 Mundschutze eingesammelt. „Die Ruander sind zu Recht stolz, als sauberstes Land der Welt bezeichnet zu werden“, folgert Ursula Wussow, „uns dagegen scheint dieser Wert so unwichtig zu sein, dass wir ihn Flüchtlingen, die hier Heimat suchen, erst gar nicht vermitteln.“ Die Umgebung des Übergangsheims auf der Braas jedenfalls sei zu einer Müllkippe verkommen.
Unglinghausen vorn
Bei „Netphen macht sauber“ wurden insgesamt fast zehn Tonnen Müll eingesammelt. Den ersten Platz belegt mit einer Menge von 6,34 Kilogramm pro Hektar der Bürgerverein Unglinghausen, der die Spende von 850 Euro zur Unterstützung der Artentafel- und Bankenprojekte in Kooperation mit der Vereinigten Waldgenossenschaft Unglinghausen verwenden wird. Den zweiten Platz erreichte der Heimatverein Walpersdorf mit 1,76 kg pro Hektar. Dieser wird die Spende in Höhe von 600 Euro für den Ausbau eines Fledermausbunkers verwenden. Der dritte Platz geht nach Werthenbach mit 1,44 kg pro Hektar; der Ortsteil wird mit 450 Euro das Projekt „Probier mal Werthenbach“ unterstützen.
„Vielleicht könnte die Stadt Netphen dort oder auch an anderen Stellen, an denen Menschen zusammen stehen und rauchen, Aschenbecher aufstellen. Es gibt ja auch Mülleimer mit Vorrichtungen für Zigarettenkippen“, schlägt eine Schülerin vor. Eine andere notiert: „Was ich sehr schrecklich fand war, dass wir sehr viele Schnapsflaschen und Glasmüll gefunden haben, obwohl es überall Glascontainer gibt.“ Einer der jungen Trashbuster weist auf die Konsequenzen hin: „Wenn man bedenkt, wie lange Plastik braucht, um zersetzt zu werden, kann man sich auch vorstellen, wie viele Tiere schon durch eine verschluckte Tüte ums Leben gekommen sind.“
Da passiert noch was
Die Erkenntnisse sollen Konsequenzen haben. Dem Bürgermeister haben die Kinder einen Brief geschrieben und auf den Müll hingewiesen, der von einem Firmengrundstück ans Siegufer geweht wird. Die Kinder fordern, dass das aufhört und dass die Firma regelmäßig in ihrer Umgebung selbst sauber macht. Die Firma habe sofort reagiert und werde entsprechend umbauen, antwortet Bürgermeister Paul Wagener. „Dass hier so konsequent reagiert wurde, ist wirklich mehr als die Schülerinnen und Schüler und auch ich erwartet haben“, schreibt Ursula Wussow in ihrem Antwortbrief.
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So geht es nun weiter
400 Euro Preisgeld haben die Netphener Kinder eingesammelt: 300 von der Naturschutzjugend und 100 von der Stadt. Das Geld geht an die Root Foundation. „Wir möchten damit ein Fair-Trade-Konzept aufbauend unterstützen“, kündigt Ursula Wussow an. Die Mütter von Kindern der Root Foundation erhalten eine Nähausbildung und produzieren für das Gymnasium Netphen individuelle Schultaschen und Mäppchen aus farbenfrohen afrikanischen Stoffen.
Und dann geht es auch schon weiter: Ein Märchen als Theaterstück hat die Ruanda AG in Vorbereitung. Im nächsten Schuljahr könnten sie, wenn die Pandemie es wieder zulässt, sich gemeinsam um Klimaschutz kümmern. Vielleicht schauen sie auch noch einmal an der Sieg nach.
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