Alchen. Erstmals nach der Gaspfannen-Explosion, die zwei Menschenleben kostete, wird in Alchen ein kleines Backesfest gefeiert. Nicht ganz unbeschwert.

Um sechs Uhr am Samstagmorgen haben sie mit dem Backen begonnen, ab 14 Uhr sollte verkauft werden. „Die ersten stehen aber schon um 13 Uhr an“, erklärt Horst Heide, der Ehrenvorsitzende des Heimat- und Verschönerungsvereins Alchen, warum die Brote und der Kuchen für das Backesfest am Samstag rasend schnell ausverkauft waren. Kurz nach 14 Uhr war bereits alles weg.

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Eine Stunde später können die Besucher nur noch mit Kaffee versorgt werden. Eine letzte Scheibe Rievekooche wird auf den Tisch gestellt und auch sofort verkauft. Zumindest die Vorbesteller seien alle versorgt worden. „Nur ich nicht“, zuckt der Mann aus Alchen lächelnd mit den Schultern.

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Immer noch droht ein Gerichtsprozess

Fast zwei Jahre ist es inzwischen her, dass genau hier ein schweres Unglück geschah. Beim Backesfest war es zu einer Explosion in einer Pfanne gekommen. Zwei Menschen, Mutter und Tochter, starben, insgesamt 14 wurden schwer verletzt.Eine Gedenktafel am Aufgang zum Backes erinnert an das Unglück.

„Die Leute waren ziemlich heiß, dass endlich wieder gebacken wird“, beschreibt Horst Heide die Situation in diesem Sommer und ist „sehr zufrieden“ mit der Reaktion. Wenngleich ihm eigentlich viel zu viel aus der Sache gemacht wird, „das ist gar nicht in unserem Sinne“. Aus seiner Sicht sind die Schatten von damals weitgehend überwunden: „Es war an keinem der Tische hier ein Thema.“

Backesfest in Alchen: In den Gesprächen an den Tischen ist das Unglück vor zwei Jahren kaum noch Thema.
Backesfest in Alchen: In den Gesprächen an den Tischen ist das Unglück vor zwei Jahren kaum noch Thema. © Michael Kunz, Siegen | Michael Kunz

Einzig der mögliche Gerichtsprozess mache noch Sorgen, weil bislang weder Anklage erhoben noch eine Einstellung gekommen sei. Ein Kollege aus dem Vorstand sei betroffen und lasse sein Amt ruhen. Andere hätten deutlich gemacht, dass sie keinen Finger mehr rührten, wenn es zu einer Verurteilung käme: „Das Risiko ist einfach zu groß.“ Zugleich lobt Horst Heide die anderen Heimatvereine, den Siegerländer Heimatverein und den Westfälischen Heimatbund. Da sei sehr viel Unterstützung gekommen. Er erwähnt auch die vielen Spenden, die von Pfarrer Oliver Günther verwaltet werden.

Selbst gebauter Gasgrill

Die Staatsanwaltschaft Siegen gab vor einem Jahr bekannt, dass sie gegen ein Vorstandsmitglied des Heimatvereins Alchen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung ermittelt. Sachverständige hatten den selbst gebauten Gasgrill untersucht.

Viele Auswärtige kommen auch

Jetzt haben sie mit einem kleinen Team gebacken, „wegen Corona nur mit vier Mann“. Wobei viel mehr ohnehin nicht in den Backes passten. Sejjerlänner Riewekooche (klein, groß), Öalcher Landbroet (klein, groß), Körnerbroet/Vitalbroet, Wissbroet und eine Auswahl köstlicher Blächkooche waren im Angebot und bleiben für die meisten, die später als 14 Uhr kommen, nur ein Traum. „Viel zu wenig“, ist von einigen der Beteiligten zu hören, als sie immer wieder Gäste abweisen müssen. Aber es zeigt eben deutlich, wie wichtig den Menschen dieses Datum war. „Ich kenne kaum ein Gesicht hier“, schaut sich Horst Heide später im kleinen Außencafé um. Es seien längst nicht nur Menschen aus dem Dorf gekommen.

Genau genommen sei es gar nicht der erste Backtag seit 2019 gewesen. Um nicht aus der Übung zu kommen, hätten sie auch zwischendurch schon einige Male den Backes im kleineren Rahmen angeworfen. Das nächste Mal dann wohl am 19. September, wenn wieder ein gemeinsamer Backestag für ganz Freudenberg geplant ist – auch den hat es seit 2019 nicht mehr gegeben.

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