Netphen. Eishalle müsste wohl mit Steuererhöhungen finanziert werden. Thema soll nicht öffentlich behandelt werden

Wenn der Netphener Rat sich am Donnerstag für den Neubau einer Eishalle entscheidet, wird das mit Steuererhöhungen zu finanzieren sei. Das macht Kämmerer Hans-Georg Rosemann in einer umfangreichen eigenen Stellungnahme deutlich, die er der nicht öffentlichen Vorlage von Beigeordnetem und Bürgermeister angefügt hat.

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Die Anträge

Für die Beratung in nicht öffentlicher Sitzung hat die Verwaltung nur eine „Mitteilungsvorlage“ vorgelegt; beschlossen werden soll aus ihrer Sicht nichts: Sie schlägt vor, einen Arbeitskreis einzuberufen, „um die weitere Vorgehensweise gemeinsam zu erarbeiten“.

CDU, Grüne und FDP gehen in einem gemeinsamen Antrag weiter: Der Rat soll seinen Beschluss aus dem Dezember 2020 aufheben, den Förderantrag für „Beach & Ice 57“ zurückzuziehen – letzterer wurde im Mai 2021 dann nämlich doch zugesagt. Außerdem soll eine Lösung gefunden werden, die drei Millionen Euro Fördermittel einzusetzen, womöglich mit Unterstützung privater Investoren oder einer Bürgergenossenschaft.

Für öffentliche Diskussion

SPD und Grüne haben sich bereits vor Wochen für eine Bürgerbefragung ausgesprochen, in der auch die Bereitschaft erkundet werden soll, Steuererhöhungen zu akzeptieren.

Die CDU wiederum will beantragen, dass die Diskussion am Donnerstag öffentlich geführt wird. Der Rat tagt ab 17 Uhr in der Georg-Heimann-Halle, Jahnstraße 9.

Die Vorgeschichte

Die Verwaltung erinnert in ihrer Vorlage an die seit 2017 unternommenen vergeblichen Versuche, Fördermittel für die stillgelegte Eishalle zu bekommen. Zuletzt im Spiel waren „Beach & Ice 57“, wie bisher mit Membrandach und einer Sommernutzung mit Beachvolleyball und Sandstrand-Events (3,8 Millionen Euro), für die die Zuschüsse beantragt wurden, und der teurere Neubau einer geschlossenen Eishalle (8 Millionen Euro), die Nachbarn nicht mehr stören würde und auch weniger Energie verbraucht.

Im Juli 2019 hatte der Rat beschlossen, ab Mitte 2020 den Abbruch der Halle vorzubereiten, wenn bis dahin keine Fördermittel zugesagt würden. Danach kamen Corona und neue Konjunkturprogramme. Eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung kam zu dem Schluss, dass „Beach & Ice 57“ ein Zuschussbetrieb bleiben würde; darauf entschied der Rat im Dezember die Rücknahme des Antrags.

Der Stand der Dinge

Weil Netphen mittlerweile einen ausgeglichenen Haushalt vorrechnet – aufgrund gesetzlicher Verpflichtung, um dem Nothaushalt zu entgehen –, reduziert sich der Bundeszuschuss von 90 auf höchstens 45 Prozent. Für „Beach & Ice“ müsste die Stadt demnach 2,5 Millionen Euro, für die geschlossene Halle 5,2 Millionen Euro selbst aufbringen. Auch das rechnet die Verwaltung vor. Derzeit bemühe sich die Stadt um Termine bei der Kommunalministerin, bei Geldinstituten und möglichen Investoren. Gefragt werden sollen auch die Vereine. „Nach Kenntnisstand der Stadt Netphen besteht trotz drei eisfreien Jahren immer noch das verbale Interesse am Eissport. Eine konkrete Bereitschaft zu einer finanziellen Beteiligung der eissporttreibenden Vereine ist bisher an die Stadtverwaltung weder ausdrücklich noch stillschweigend adressiert worden.“

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Der Kämmerer

Kämmerer Hans-Georg Rosemann rechnet nicht mit der einmaligen Investition, die die Verschuldung der Stadt erhöhen würde, sondern mit den jährlichen Kosten für Finanzierung, Abschreibung und Betrieb, die im Haushalt auszugleichen sind: 215.000 Euro für „Beach & Ice“, 350.000 Euro für die geschlossene Halle. Hinzu rechnet der Kämmerer die 750.000 Euro, die die Stadt jährlich der Freizeitpark Obernautal GmbH (FON) überweist, vor allem für den Betrieb des Freizeitbads. Auch dieser seit 2088 unveränderte Betrag werde „zukünftig nicht mehr ausreichend“ sein.

Dabei seien schon die 750.000 Euro „eigentlich zu viel“, sie würden „auf Kosten der Infrastruktur“ erwirtschaftet: Heizungen würden erst erneuert, wenn sie nach 40 Jahren nicht mehr reparabel seien, das Budget für die Straßenunterhaltung sei „ein Tropfen auf den heißen Stein“. Rosemann erinnert zudem an die beabsichtigten Investitionen in die Schullandschaft – für die Erweiterung des Gymnasiums, einen Neubau der Sekundarschule auf der Haardt, den Umzug der Grundschule Netphen auf den Kreuzberg wird ein zweistelliger Millionenbetrag fällig.

Die „weitere Aufblähung“ des Freizeitbereichs hält Hans-Georg Rosemann nur mit Steuererhöhungen für finanzierbar, wenn nicht andere Leistungen gekürzt werden sollen. Je zehn Prozentpunkte mehr Grundsteuer bringen 80.000 Euro und bedeuten für den durchschnittlichen Eigenheimbesitzer 7,50 Euro Mehrbelastung im Jahr. Zehn Prozentpunkte mehr Gewerbesteuer bringen 150.000 Euro. Bei einem Jahresgewinn von 500.000 Euro würde die Steuerlast eines Unternehmens um 1700 Euro zunehmen.

Sollten nur die Mehrkosten für die Eishalle aus Steuererhöhungen finanziert werden, müsste demnach der Hebesatz für die Grundsteuer um 43,75 Prozentpunkte auf 578,75 Prozent für die geschlossene Halle oder um 26,875 Punkte auf 561,875 Prozent für Beach & Ice angehoben werden. Bei einer Erhöhung ausschließlich der Gewerbesteuer von jetzt 475 Prozent betrügen die neuen Hebesätze 489,33 (Beach & Ice) oder 498 Prozent (Halle).

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