Krombach. 1001 Corona-Impfungen an einem Tag: Die familydocs und die Krombacher Brauerei haben die Erlebniswelt gemeinsam zu einem Impfzentrum gemacht

Die einen haben den Corona-Impfstoff und das medizinische Fachwissen, die anderen die notwendigen Räumlichkeiten und Erfahrung darin, Veranstaltungen mit vielen Leuten zu stemmen. Diese Kompetenzen bündeln das Kreuztaler Ärzteteam familydocs und die Krombacher Brauerei, um einen Impftag in der umgebauten Erlebniswelt zu veranstalten. Das Ziel: Tausendundeine Impfung an einem Tag.

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Etwa 90.000 Besucher pro Jahr kommen normalerweise in die Krombacher Erlebniswelt. Seit Februar 2020 bleiben die Zapfhähne trocken. Sehr früh und konsequent habe die Brauerei Schutzmaßnahmen ergriffen, betont Unternehmenssprecher Peter Lemm. „Während im Rheinland Karneval gefeiert wurde, war hier schon zu.“ Wann wieder Gäste kommen können, ist noch unklar. Schnellstmöglich wieder zu öffnen, sei auch nicht das Ziel, erklärt Lemm. Während Mitarbeiter im Home-Office und teilweise in Kurzarbeit stecken, könne es keine Führungen über das Gelände geben. „Wir werden die Erlebniswelt erst wieder öffnen, wenn wir einen sicheren Besuch bei uns garantieren können“, sagt Lemm. Lohnen müsse es natürlich auch, deshalb muss eine gewisse Gästeanzahl erlaubt sein.

Corona-Tests und Impfungen für Krombacher Mitarbeiter

Früh setzte die Krombacher Brauerei auch auf Präventionsmaßnahmen für die Mitarbeiter. Im August 2020 wurde ein eigenes Testzentrum eröffnet und sobald betriebliche Impfungen in Aussicht waren, wurde die Erlebniswelt vorbereitet. Alle Mitarbeiter der Brauereigruppe sowie deren Angehörige bekommen ein Impfangebot, mit etwa 4000 Personen rechnet Peter Lemm nach ersten Schätzungen. Um diese Aufgabe bewältigen zu können, wandte sich die Brauerei ratsuchend an die familydocs. „Wir können Bier brauen, eine ärztliche Empfehlung aussprechen können wir nicht.“

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Das Team der familydocs kam dieser Anfrage gerne nach und unterstützte die Brauerei mit Hinweisen und Tipps. Seit auch die Hausärzte in die Corona-Impfungen mit einbezogen werden, impfen die familydocs jede Woche mehrere hundert Menschen. Nun fiel der Kontakt mit Krombacher genau in die Zeit, in der die Priorisierungen für die Vakzine von AstraZeneca und Johnson & Johnson aufgehoben wurden und die Kreuztaler Ärzte endlich auch mehr Dosen bestellen konnten. In der Erlebniswelt seien Impfungen in einer Taktung möglich, die in einer Arztpraxis undenkbar wären, erklärt Dr. Charles Adarkwah. So entstand die Idee zu dem Impftag – eine Win-Win-Situation.

Mediziner und Brauerei-Mitarbeiter kooperieren in Krombach

Vor dem Eingang werden die Patienten vom Service-Personal der Brauerei empfangen, ein Termin musste zuvor online vereinbart werden. Über eine festgelegte Route geht es über eine Teststation in den Wartebereich. Auf der Kinoleinwand der Erlebniswelt läuft eine Uhr, so dass die Impflinge die Zeit bis zum Testergebnis abschätzen können. Bis hierher hat das Brauereiteam den Ablauf fest im Griff, von nun an übernimmt das medizinische Fachpersonal. Nach der Anmeldung geht es in die zweite Etage, wo die Patienten einzeln in eine der vier Impfkabinen gerufen werden. Dort gibt es dann ein Gespräch mit dem Arzt und die Impfung. Im eigentlichen Meeting-Raum können die Patienten nach der Impfung dann die empfohlenen 15 Minuten ausruhen, auch eine Liege steht bereit, bevor es dann wieder hinausgeht. Zum Abschied gibt es eine Banane oder einen Schokoriegel sowie ein Kaltgetränk – „natürlich alkoholfrei“, sagt Peter Lemm. „Diese Beratungsleistung wird wieder von uns erledigt, das ist unsere Expertise.“

Kreuztal auf gutem Weg

Eine weitere Impfaktion in der Krombacher Erlebniswelt planen die familydocs am kommenden Samstag. An diesem Tag gibt er außerdem Impftage mit Dr. Ala Alzeer in der Turn- und Festhalle Buschhütten sowie mit Dr. Jan Khail und Dr. Salim Louis Jabbour in der Otto-Flick-Halle. Durch das gemeinsame Engagement der Hausärzte, der Krombacher Brauerei und der Stadtverwaltung könne über das gesamte Kreuztaler Stadtgebiet ein breit aufgestelltes Impfangebot gemacht werden, heißt es in einer Mitteilung der Stadt.

Von 8 bis 22 Uhr wird an diesem Tag geimpft, das Team ist zur Vor- und Nachbereitung noch jeweils eine Stunde länger im Einsatz. Deshalb gibt es zwei Schichten, jeweils mit ca. 20 Mitarbeitern der Brauerei und drei Medizinern sowie vier bis fünf Fachangestellten der familydocs. Die Teams lernten sich bereits vorher kennen und gingen den Ablauf gemeinsam durch. „Da merkt man, dass die Krombacher Brauerei Service beherrscht“, sagt Dr. Charles Adarkwah. Es sei so nicht nur ein Impftermin für viele, sondern tatsächlich ein Erlebnis, diese Rückmeldung bekomme er auch in den Impfkabinen. Mit ihrem Konzept hoffen die familydocs und die Brauerei nicht nur, die Patienten glücklich zu machen, sondern darüber hinaus auch Vorreiter für ähnliche Aktionen zu sein.

Kreuztaler Arzt: Es gibt genügend Impfstoff

Verimpft wird an diesem Tag der Impfstoff Janssen von Johnson & Johnson. Wie das Vazkin von AstraZeneca ein Vektorimpfstoff, von dem allerdings nur eine einzige Dosis nötig ist. Die ständige Impfkommission in Deutschland empfiehlt den Impfstoff für Patienten ab 60 Jahren. „Die Deutschen sind da sehr vorsichtig“, sagt Dr. Charles Adarkwah. 98 Prozent der Patienten an diesem Tag seien unter 60.

Wer keinen Impfpass hat, bekommt diese Karte des Herstellers.
Wer keinen Impfpass hat, bekommt diese Karte des Herstellers. © Unbekannt | Tim Haacke

„Wir sprechen mit jedem Patienten“, betont der Mediziner. Bei den vergangenen beiden Impftagen sei es viermal vorgekommen, dass Gründe wie eine bestimmte Vorerkrankung gegen eine Impfung sprachen. In diesen Fällen mussten die Patienten nach Hause geschickt werden, jedoch konnte eine zeitnahe Lösung mit anderem Wirkstoff gefunden werden. Wie lange der Schutz hält, darüber sind sich die Experten noch uneinig. Adarkwah erwartet, dass es nicht die letzte Impfung gegen Corona gewesen sein wird. Er hofft aber, dass sie in Zukunft ähnlich wie die Grippeimpfung von den Hausärzten „nebenbei“ erledigt werden kann, ohne Impftage und Zentren.

„Uns fehlen zwei bis drei Monate“, sagt sein Kollege Klaus Mertens. Hätte es früher mehr Impfstoff für die Hausärzte gegeben, hinke man jetzt nicht so hinterher. Nun gebe es aber genug für alle, sagt Mertens. „Man kann nicht sagen, wir bekommen keinen Impfstoff“, höchstens, dass man es nicht schaffe – oder nicht wolle.

Patienten in Kreuztal sind dankbar

Zwei Sorten Patienten gebe es, sagt Mertens. Die einen seien ein wenig ängstlich und erwarteten „Blitz und Donner“ nach der Impfung. Die anderen aber seien aufgeregt und voller Freude. „Das begeistert uns, genau deswegen machen wir das.“

So ergeht es auch Martin Gawlik. Der 25-Jährige zögerte keinen Augenblick, als er von dem Impftag erfuhr. „Ich habe so lange darauf gewartet“, berichtet Gawlik. Für seine Eltern und Großeltern und manche Nachbarn habe er bereits Impftermine vereinbart und sich selbst immer wieder informiert, wann die Priorisierung aufgehoben werde. Als es soweit war, konnte er bei seiner eigentlichen Hausärztin aber keinen Termin mehr bekommen.

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In der Krombacher Erlebniswelt geht dagegen alles ganz schnell. „Vielen Dank“, sagt Martin Gawlik. Zwei Worte, die an diesem Tag sehr häufig in der Krombacher Erlebniswelt zu hören sind – grob geschätzt eintausendundein Mal.