Hilchenbach. Auf dem Giller stehen stehen Fotos, die an Kultur Pur erinnern. Im Netz gibt es zu Pfingsten den Film mit allen 29 Festivals.

Jens von Heyden sitzt am Samstagabend wahrscheinlich auf der Terrasse des Hotels Ginsberger Heide. Mit Familie zum Abendessen. Normalerweise wäre er um die Zeit unten auf der Wiese. Beziehungsweise da, wo sonst Wiese ist. 2000 bis 3000 Menschen würden dort auf den Einlass zum Top Act dieses Abends warten. Und noch ein paar tausend mehr draußen vor der weißen Zelttheaterstadt ein kühles Getränk genießen. Aber Kultur Pur 30 ist schon wieder abgesagt.

Und wenn Jens von Heyden, der Festivalleiter von Kultur Pur, das wirklich macht mit dem außengastronomischen Ausflug, dann wird er sich warm anziehen müssen. Um die 10 Grad und mehr oder weniger Dauerregen sind für Samstag und Sonntag vorausgesagt. „Wenn es schöner wäre, wäre es noch bitterer.“ Ein bisschen Kultur Pur haben sie trotzdem gemacht.

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42 Bilder erinnern an die letzten Festivals

In einer zweiwöchigen Motivschau im großformatigen Bilderoval wird die Vorfreude auf 2022 geweckt. Nachdem 2020 vornehmlich Innenaufnahmen von Künstlern und Konzerten zu sehen waren, liegt der Fokus in diesem Jahr auf besonders stimmungsvollen Außenaufnahmen: Ob Nächte im strahlenden Mondschein, sonnig-mediterranes Open Air-Feeling oder auch Historisches aus den Anfangstagen der „Sommerbühne für Siegen-Wittgenstein“ – zufällig vorbeikommende Ausflügler und Wanderer sollen ihr persönliches Festivalhighlight aus vergangenen Jahren entdecken oder sich über neue, bisher nicht gekannte Impressionen freuen können.

Mit acht Leuten haben sie die 42 Bilder aufgestellt. Ein bisschen Kultur-Pur-Atmopshäre hätten sie dabei gespürt, sagt Jens von Heyden, „die Wehmut ist noch größer als im vorigen Jahr.“ Damals hatten sie noch fest daran geglaubt, dass Corona zu Pfingsten 2021 Geschichte sein würde. Erste Zweifel seien im Herbst aufgekommen, erinnert sich der Leiter des Kulturbüros. Zu Jahresbeginn hätten sie dann noch Alternativen durchgespielt, mit größeren Zelten, nur mit den Abendveranstaltungen. „Aber das wäre nicht mehr Kultur Pur gewesen.“

Eine Verordnung nach der anderen

Frustrierend oder anstrengend? „Beides“, sagt Jens von Heyden. Immerhin braucht das Festival ein halbes Jahr Vorbereitung. 42 Corona-Schutzverordnungen hat er bis März lesen müssen, ab Januar zwei bis drei pro Woche. „Schwer zu verstehen, manchmal schwer zu akzeptieren.“ Die Versuche, sich immer wieder neu anzupassen, machen Stress. „Man steht ständig unter Strom“, sagt der Kultur-Pur-Chef, „wir haben auch versucht kreativ damit umzugehen, neue Formate zu finden, nicht nur zu streamen.“ Um dann doch zu erkennen, dass überhaupt nichts geht. „Das macht auf Dauer mürbe.“

Die Jahre mit der Pandemie plätschern ereignislos dahin, auch für die Kultur-Leute. Fixpunkte fehlen: die Veröffentlichung des ersten Top Acts vor Weihnachten, die Programmpräsentation vor den Osterferien. Und jetzt: mit den Künstlern verhandeln und die Acts vom einen Jahr ins nächste schieben. „Aus Machersicht ist das ein bisschen langweilig.“ Ein drittes Mal wird es das nicht geben, verspricht Jens von Heyden. „Dann müssten wir uns ganz neue Gedanken machen.“ Immerhin: Suzie Quatro (5. Juni 2022, 22 Uhr) ist nicht nur 70 geworden, sondern hat auch eine neue Scheibe produziert. „Die Künstler entwickeln sich weiter. Das ist schön zu sehen.“

Team und Gäste bleiben treu

Um die 200 Leute helfen Pfingsten bei Kultur Pur mit. Die Truppe der Bühnenarbeiter und Künstlerbetreuer ist nach wie vor abrufbereit. So wie auch das Publikum: Nur etwa 15 Prozent hätten nach der zweiten Absage ihre Karten zurückgegeben, berichtet Jens von Heyden: „Wenns wieder losgeht, sind die Leute voll dabei.“ Und wenn es 2023 Corona immer noch gibt, dann nur noch als ganz normale „behandelbare Krankheit“.

Einige aus dem großen Team der Helfer hätten vorgeschlagen, sich Pfingsten einfach so auf dem Giller zu treffen. Jens von Heyden winkt ab – auch wenn keiner aus der Kulturbüro-Mannschaft in Urlaub fährt, obwohl es schon wieder die eine oder andere Möglichkeit gäbe. Auch wenn sich tatsächlich wieder bis zu 500 Leute zu Veranstaltungen unter freiem Himmel treffen können. Der Kulturbüro-Chef hat eine andere Idee für den Herbst: eine Lesung der Coronaschutzverordnung. Nicht lustig. Noch nicht.

Nur vom 22. bis 24. Mai gibt es auf www.KulturPur30.de die Video-Festivaldokumentation der vergangenen 29 Jahre als Stream.

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