Siegen. Nach mindestens 14 Tagen in Quarantäne können sich symptomlose Studierende „freitesten“. Reaktionen auf öffentliche Kritik an den Maßnahmen.

Die allermeisten Studierenden haben es überstanden: Nach dem Corona-Ausbruch in den beiden Wohnheimen Engsbachstraße gilt die Quarantäne nicht mehr flächendeckend, die meisten können sich „freitesten“. Neue Infektionen sind dem Kreisgesundheitsamt nicht gemeldet worden.

Zwischenzeitlich war Kritik von allen Seiten auf die beteiligten Stellen eingeprasselt: Am schnell wieder abgebauten Bauzaun um die Gebäude, der Unterbringung der Infizierten, der Gebäudestruktur der beiden Wohnheime. Eine Bestandsaufnahme.

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Seit 1. Mai stand bereits nur noch das Wohnheim Nummer 56 unter Quarantäne, die Bewohner von Nummer 58 konnten sich bereits freitesten lassen. Nach mindestens 14 Tagen besteht grundsätzlich für alle symptomfreien Kontaktpersonen die Möglichkeit, mit negativem Test die Quarantäne zu beenden.

Infizierte über alle Etagen verteilt – alle Bewohnerinnen und Bewohner Kontaktpersonen

Die derart umfangreiche Quarantänemaßnahme war nötig geworden auch aufgrund der baulichen Struktur der beiden Wohnheime, erläutert Torsten Manges, Pressesprecher der Kreisverwaltung: Die Gebäude verfügen etagenweise über Gemeinschaftsräume (Küchen, Sanitäranlagen), die von allen Bewohnern genutzt werden. Und damit gelten im Infektionsfall alle als enge Kontaktpersonen. In der ersten Quarantänesituation hätten sich die Infizierten auch über alle Etagen verteilt, so dass hier keine Ausnahmeregelungen gelten konnten. Mit der Zeit sah das anders aus, so Manges, die Studierenden separierten sich konsequent, sprachen sich via WhatsApp ab, was die Nutzung der Gemeinschaftsräume anging – einzelne weitere Fälle hätten so eine genauere Identifizierung der Infektionsketten ermöglicht.

Die Kritik

Der AStA der Uni Siegen erneuert seine Kritik, dass für Fälle wie Corona-Infektionen in einem großen Wohnheim Konzepte hätten vorliegen müssen. „Es hätte früh klar sein müssen, dass es auf so engem Raum einen Ausbruch geben könnte“, sagt Vorsitzender Alexander Steltenkamp. Entsprechend hätte es auch rechtzeitig Quarantänekonzepte geben können.

Vorwürfe, die Wohnheime Engsbachstraße entsprächen nicht aktuellen Standards, weist Detlef Rujanski zurück. Der Geschäftsführer des Siegener Studierendenwerks weiß sehr wohl, dass der aktuelle Zeitgeist Einzelapartments verlangt, Zimmer mit Nasszelle und Küchenzeile. Die Wohnform Engsbachstraße – Einzelzimmer mit Gemeinschaftsküchen, -duschen und -WCs – werde aber in hohem Maße nachgefragt von den Studierenden, insbesondere ausländischen.

Keine eigene Dusche, kein eigenes WC – aber enorme Kostenersparnis

„Vor einigen Jahren standen wir vor der Frage, die Engsbachstraße mit 300 Plätzen im Altbestand in die Hand zu nehmen“, sagt Rujanski – das chronisch und zwangsweise in Sachen Wohnheimplätze unterversorgte Studierendenwerk entschied sich aber dagegen, der Einbau von Nasszellen in jedes Zimmer hätte Plätze vernichtet. „Wir haben uns entschieden, diese Struktur beizubehalten – die Studierenden fragen das nach“, sagt Rujanski. Die Struktur wurde durchsaniert, bei altem Konzept. Entscheidend sei dabei die Kostenfrage – für Studierende mit wenig Einkommen mache es einen riesigen Unterschied, ob sie 400 Euro für das heute übliche Apartment oder 250 Euro Miete bezahlen und dafür Gemeinschaftsräume nutzen. „Davon kann man einen Monat in der Mensa Essen“, zieht Rujanski einen Vergleich. Eine Sanierung wäre auch unter dem Aspekt höchst kompliziert, als die Bewohner für die Umbauarbeiten woanders wohnen müssten. Und die Wohnheime des Siegener Studierendenwerks sind nach wie vor voll, auch in der Pandemie.

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Die meisten der Infizierten konnte die Siegener Ordnungsbehörde in Hotels unterbringen sowie in Unterkünften, die die Stadt für Wohnungsnotfälle bereithält oder anmietet. So auch an der Tiergartenstraße, wo nur Mehrbettzimmer zur Verfügung stehen. Auch dort wurden die Studierenden mit warmem Mittagessen versorgt, Plattenkocher und Mikrowelle bereitgestellt. Beschwerden via Medienberichten dazu weist die Stadt Siegen zurück. Einige Studierende hatten beklagt, dass die Küche schmutzig sei.

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