Siegen/Suez. Die Havarie der „Ever Given“ im Suezkanal wird auch für die Wirtschaft im Siegerland negative Folgen haben. Die IHK Siegen widmet sich dem Thema.

Die Havarie der „Ever Given“ im Suezkanal kann teure Langzeitfolgen für die heimische Wirtschaft haben. Darauf weist die Industrie- und Handelskammer (IHK) Siegen hin, die sich in ihrem Arbeitskreis Verkehrswirtschaft mit dem Thema befasste.

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Eine Woche lang blockierte das 400 Meter lange Containerschiff Ever Given Ende März den Suezkanal und verursachte damit einen Stau von mehreren hundert Schiffen. „Ob die Voraussetzungen für einen ,Havarie-Grosses-Fall‘ gegeben sind, prüfen derzeit Versicherungen, Gutachter und Gerichte“, sagte Uwe Stupperich, M.G. International Logistik GmbH, im Arbeitskreis.

Spedition aus Siegen ist von Ever-Given-Havarie konkret betroffen

Die Spedition mit Hauptsitz in Siegen ist selbst betroffen: Auf dem zwischenzeitlich beschlagnahmten Schiff befinden sich 20 Container ihrer Kunden. „Jetzt geht es um die vermögens- und versicherungsrechtliche Abwicklung des Havarie-Schadens“, erläuterte Uwe Stupperich. Dies werde sich vermutlich noch einige Zeit hinziehen. Vorrangig werde daran gearbeitet, Schiff und Ladung wieder freigegeben zu bekommen. Die Ever Given blockiert den Suezkanal zwar nicht mehr, sitzt aber noch immer fest.

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Der Stau im Suez-Kanal hat nach Einschätzung der IHK Siegen weitreichende Auswirkungen, „denn er verschärft die ohnehin durch die Corona-Pandemie angespannte Situation bei den internationalen Lieferketten“, wie einer Mitteilung zu entnehmen ist. „Unternehmen stehen vor Lieferengpässen, sei es durch Produktionsausfälle bei Lieferanten oder Einschränkungen in der Logistik.“

Siegen-Wittgenstein und Olpe: Frachtpreise steigen, Lieferketten geraten durcheinander

Hinzu komme ein Containermangel in Asien für die Routen nach Nordamerika und Europa. Mehr eine halbe Million Container lägen derzeit auf den Schiffen an der Ost- und Westküste der USA, betonte Uwe Stupperich. Die Häfen seien überfüllt, und die Abwicklung verzögere sich. Die Folge: Die Frachtpreise stiegen um ein Vielfaches. Auch in der Luftfracht gebe es Corona-bedingt Kapazitätsveränderungen, da die Passagierflüge auf bestimmten Routen fast komplett entfallen seien – und damit auch die Möglichkeit der Frachtmitnahme.

Teure Genehmigungen für Schwertransporte

Im Arbeitskreis ging es auch um die ersten Erfahrungen mit den Auswirkungen der Straßenverkehrsordnungs-Novelle, der neuen Gebührenverordnung sowie die Herausforderungen im Verfahrensmanagement für Großraum- und Schwerlasttransporte (VEMAGS-Antragsverfahren).

Jörn Demmer, STL Logistik AG, beklagte die enorme Gebührensteigerung im Genehmigungsverfahren: „Nach der Neuregelung der Gebührenstruktur zum Start des Jahres sind für uns die Kosten wie erwartet explodiert. Dabei sind die bisherigen Gebühren für innerdeutsche Genehmigungen auf 300 bis 1300 Euro je nach Komplexität angestiegen – eine Verteuerung um 400 bis 500 Prozent.“ Ziele der neuen Gebührenordnung seien unter anderem eine bessere Vergleichbarkeit und Transparenz in diesem Prozess gewesen. „Für uns fühlt es sich aber eher so an, als wäre der Prozess undurchsichtiger denn je.“

„Um die gestiegenen Frachtkosten aufzufangen, empfehlen wir, frühzeitig zu planen und die Spedition rechtzeitig damit zu beauftragen, eine Alternativroute auszuarbeiten“, sagte Uwe Stupperich. „Bei Verzögerungen und Ausfällen sind die ‚Force-Majeure-Klauseln‘ zu prüfen, die Regelungen bei höherer Gewalt beschreiben.“ Von Vorteil sei es zudem, zu verschiffende Ware den Standard-Containerabmessungen anzupassen. „Durch die Corona-Pandemie sind die internationalen Lieferketten offenkundig richtig durcheinandergeraten. Sie dürften sich erst im Frühjahr 2022 wieder normalisieren“, prognostizierte Arbeitskreisvorsitzender Michael Kröhl, Krombacher Brauerei Bernhard Schadeberg GmbH & Co. KG.

Arbeitskreis der IHK mit Exkurs über Brennstoffzellenantriebe

Im weiteren Verlauf der Sitzung befassten sich die rund 30 teilnehmenden Unternehmensvertreter mit dem Thema Brennstoffzellenantriebe. „Der Trend nimmt deutlich Fahrt auf: Immer mehr zugelassene Fahrzeuge, Lkw, Busse, Stapler und Niederflurfahrzeuge sind bereits mit dieser Technik unterwegs“, berichtete Dominik Eichbaum, der bei der Wirtschaftsförderung der Stadt Siegen den Themenbereich Elektromobilität und Digitale Infrastruktur verantwortet. Er stellte die Gestaltung der urbanen Wirtschaftsverkehre mit Wasserstoff als alternative Antriebs- und Speichertechnologie vor.

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Die Flurförderzeug-Branche – etwa Hubwagen und Gabelstapler – sei schon lange Vorreiter für Elektromobilität – und nun auch für die Wasserstofftechnologie. Seit einiger Zeit würden immer häufiger E-Stapler als Alternative zu Staplern mit Verbrennungsmotoren nachgefragt. Über die Vorteile und Anwendungsmöglichkeiten dieser Technologie referierten Stefan Prokosch, Linde Material Handling GmbH aus Aschaffenburg, und Sven Kuhnert, Richter Fördertechnik GmbH & Co. KG, Herborn.