Siegen. Der Austausch mit dem israelischen Partnerkreis Emek Hefer ist in der Pandemie schwierig. Die CJZ Siegen initiiert einen virtuellen Kochabend.

Man nehme zwei Menschen, die sich fürs Kochen begeistern, aber mehr noch: auch für gutes Essen, am liebsten mit anderen an einem Tisch, auf Augenhöhe, im Austausch. Und man bereite diesen beiden passionierten Köchen eine Plattform, so dass andere an ihrer Freude teilhaben können. Diesem „Rezept“ gefolgt ist die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland (CJZ). Sie hat in Kooperation mit dem Kreisjugendring Siegen-Wittgenstein und dem Partnerkreis Emek Hefer am Sonntag mit „Kochzoom 2.0“ ein digitales Format erprobt, das Menschen in Deutschland und Israel in einer virtuellen Küche versammelte.

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Variationen mit Spargel, Köfte in Tahina-Soße und sättigender Salat aus Kichererbsen, Roter Bete und grüner Paprika stehen auf dem Speiseplan. Wer mitkochen möchte, kauft zuvor ein: Spargel, Grün und/oder Weiß, Gehacktes vom Lamm, Kalb oder Rind, Zitronen, Kräuter, Parmesan … Klug, wer vorbereitet; den Spargel schält, die Pinienkerne röstet, Schalotten und Knoblauchzehen hackt und die Chilischote auch. Denn nach dem „Guten Abend, good evening, erev tov!“ starten Allon Sander und Werner Stettner, jüdischer und katholischer Vorsitzende der CJZ, mit ihrem kommunikativen Kochprogramm. Stellen sich vor, sagen, was sie wollen („fun, good food and friendship“) und kommen ins Gespräch über „Veronika, der Lenz ist da...“, deutsche und israelische Küche, türkische Metzger und halal, also annähernd koscheres Fleisch.

Kontinuierlicher Kontakt zwischen Siegen-Wittgenstein und Emek Hefer via Internet

Zuvor haben die beiden mit Unterstützung des Siegener Kameraprofis Christian Albrecht einen Film produziert, in dem sie zeigen, wie sie weißen Spargel dünsten, Hackklößchen formen, Vinaigrette anrühren. Und so mischen sich anderthalb Stunden lang Video-Sequenzen mit Plaudereien und schließlich auch Einwürfen der Teilnehmenden. Die kochen teils mit oder haben gekocht und genießen längst – oder schauen einfach zu. Manche kennen einander schon, bringen sich ein und regen „fürs nächste Mal“ vielleicht die Weinverkostung an. Oder die Nudelsuppe, mit der die aus Deutschland stammende Großmutter die Enkel in „Eretz Israel“ so satt und glücklich machen konnte.

Namen, Hintergründe

Werner Stettner absolvierte von 1964 bis 1967 in der damals renommierten Siegener Bahnhofsgaststätte eine Lehre als Koch, arbeitete danach an drei Häusern in Berlin. In Zeiten akuten Lehrermangels orientierte er sich neu, wurde Pädagoge für Grund- und Hauptschule. Bis zum Eintritt in den Ruhestand unterrichtete er an der Hauptschule in Deuz.

Allon Sander arbeitet seit 1996 als Journalist, schrieb lange von Deutschland aus für israelische Tageszeitungen und Internetportale. Inzwischen ist er auch als Dokumentarfilmer tätig. Mit Regisseurin Nina Koshofer erstellte er die ARD-Serie „Die Juden – Geschichte eines Volkes“, gerade hatte ihr Film „Schalom & Alaaf“ im WDR Premiere, aktuell geht es um ein ARD-Leuchtturmprojekt zu 1700 Jahren jüdischer Geschichte in Deutschland.

Die Partnerschaft zwischen Siegen-Wittgenstein und dem israelischen Landkreis Emek Hefer besteht seit 1973 – die älteste Partnerschaft zwischen zwei Kreisen aus Deutschland und Israel. Sie baute auf Jugendbegegnungen auf, die seit 1966 durchgeführt wurden. Der Kreis Siegen-Wittgenstein fördert die Austauschprogramme jährlich – auch während der Pandemie.

Mehr zu den Veranstaltungen der CJZ: www.cjz-siegen.de.

Auf den Punkt gelingt das, was das Veranstaltungsteam initiieren wollte: Begegnungen von Mensch zu Mensch, deutsch-israelische, christlich-jüdische Verständigung. Groß sei die Sorge am Anfang der Corona-Pandemie gewesen, dass die Krise der Partnerschaft zwischen Siegen-Wittgenstein und Emek Hefer nachhaltig schaden würde, sagt CJZ-Geschäftsführerin Jersika Grindel. Denn der geplante Erwachsenenaustausch im Berufsfeld Polizei, Feuerwehr, Rettungskräfte musste 2020 komplett abgesagt werden. Doch dann kam aus Emek Hefer das Angebot eines ersten Koch-Meetings und eines Vortrags via Bildschirmkonferenz – mit ermutigender Resonanz, etlichen Fortsetzungen und dem Effekt, „dass wir kontinuierlich beieinander geblieben sind“, so Grindel. Und weiter: „Ich glaube nicht, dass wir diesen Stand der Vertrautheit hätten, wenn Corona nicht gekommen wäre.“

Siegener geben den virtuellen Kochlöffel nach Emek Hefer zurück

Einig sind sich die Beteiligten, dass das digitale Treffen wohl die Beziehungen aufrechthalten, aber persönliche Begegnungen nicht ersetzen kann. Doch weil sich ein realer Austausch (auch weil dieser über Gastfamilien läuft) so schnell nicht wird durchführen lassen, bleibt die CJZ per Zoom am Ball – und am Herd. „Es hat einen Riesenspaß gemacht“, bilanziert Allon Sander, sagt aber auch, dass die Umsetzung „ein Kraftakt“ war. Den virtuellen Kochlöffel reicht er mit Werner Stettner wieder zurück nach Emek Hefer. In der Hoffnung, dass es von dort bald wieder heißt: „Bete’avon! – Guten Appetit!“