Siegen-Wittgenstein/Olpe. Diese Betriebe aus Siegen-Wittgenstein wollen mehr „Work-Life-Balance“ für Ihre Beschäftigten – und bekommen dafür ein Zertifikat verliehen.

Oft ist es ein Drahtseilakt im Alltag: Familie und Beruf unter einen Hut bringen. Dementsprechend hoch im Kurs stehen familienfreundliche Arbeitgeber bei der Job-Suche. Flexible Arbeitszeiten, Homeoffice- und Betreuungsangebote werden immer wichtiger. Und das nicht erst – aber verstärkt – seit der Pandemie. Acht Unternehmen aus Siegen-Wittgenstein und Olpe wurden jetzt als „familienfreundlich“ zertifiziert. Fünf weitere Betriebe konnten den Fortbestand dieses Gütesiegels für drei weitere Jahre bestätigen.

Darum lohnt sich’s

Die neu ausgezeichneten Betriebe hätten „die Wichtigkeit erkannt“, betont Andreas Müller, Landrat des Kreises Siegen-Wittgenstein. Während einer Onlinekonferenz gratulierte er zusammen mit Landrat Theo Melcher, Kreis Olpe, zu den Zertifikaten, die die Unternehmen vorher postalisch erhalten hatten. „Es ist eine Investition in die Zukunft.“

Seit Corona trete die Relevanz familienfreundlicher Arbeitgeber noch deutlicher hervor. Distanzunterricht stelle Mütter und Väter „vor riesige organisatorische Probleme“. Es sei deshalb eine Herausforderung, „die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie, so optimal es geht, zu ermöglichen“.

Andreas Müller ist der Überzeugung: „Mittelfristig bleibt es bei einem Fachkräftemangel. Qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können sich zunehmend ihren Arbeitgeber aussuchen.“ Bei dieser Entscheidung spielten die Arbeitsbedingungen eine genauso wesentliche Rolle wie die Bezahlung. „Das Zertifikat für Familienfreundlichkeit ist ein Gütesiegel, das die Unternehmen deutlich nach außen tragen können.“

Dafür wird’s verliehen

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Für ihr Zertifikat nahmen die Betriebe an virtuellen Workshops teil, begleitet vom Kompetenzzentrum „Frau und Beruf“ Siegen-Wittgenstein und Olpe – kurz „Competentia“. Sie erhielten dort Impulse zur Unternehmenskommunikation und zu der Frage, wie die Arbeitswelt der Zukunft aussehen könnte. Trotz der räumlichen Trennung erarbeiteten die Unternehmen gemeinsam, wie sich familienfreundliche Strukturen umsetzen ließen.

Anschließend war Kreativität gefragt: Mit selbstgedrehten Videobotschaften sollten die Unternehmen das Erarbeitete der Jury präsentieren – bestehend aus Mitgliedern von Arbeitgeberverbänden, des DGB, der IHK, der Kreishandwerkerschaft, der IG-Metall sowie der Regionalagentur für beide Kreise. „Die Unternehmen haben alle ein hohes Maß an Flexibilität bewiesen und die Jurymitglieder virtuell von der Familienfreundlichkeit in ihren Unternehmen überzeugen können“, so Andreas Müller.

Die haben’s geschafft

Drei der acht frisch ausgezeichneten Unternehmen sind im Kreis Siegen-Wittgenstein ansässig. Sie bieten für ihre Beschäftigten unterschiedliche familienfreundliche Beratungs- und Serviceleistungen an. Dazu gehören zum Beispiel die Bereiche Arbeitsorganisation, Elternförderung, Kinderbetreuung oder auch Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger.

Caritas Siegen-Wittgenstein. Im Großraum Siegen betreibt die Caritas eine Vielzahl unterschiedlicher Einrichtungen: Kindertagesstätten, Tagespflegeeinrichtungen, ein Familienzentrum, diverse Beratungsstellen sowie einen ambulanten Pflegedienst. Aktuell beschäftigt sie 199 Menschen. Jetzt hat sie Familienfreundlichkeit auch in ihrem Leitbild festgeschrieben. In der Praxis heißt das: Projekte zur Stärkung von Teilhabe, Motivation und Identifikation der Beschäftigten als Dienstgemeinschaft. „Dies hat schon nach kurzer Zeit die Entwicklung der Unternehmenskultur für alle Beschäftigten spürbar werden lassen“, lobt Andreas Müller.

Kieferorthopädie-Praxis Dreiner. Ein weiteres Zertifikat nimmt die Kieferorthopädin Dr. Silke Dreiner für ihre Praxis in Siegen entgegen. Mit der Frage: „Was macht uns aus?“ gehe sie „offensiv und strukturiert“ das Thema Familienfreundlichkeit in ihrer Praxis an. Sie selbst sei Mutter einer fünfjährigen Tochter. Mit ihrem aktuell 18-köpfigen Team lege sie viel Wert auf „Wohlfühlatmosphäre“. Durch eine „offene Kommunikation, individuelle Teilzeitmodelle und aktive Einbindung ihrer Belegschaft“ schaffe sie in den Augen des Landrats „eine gelungene Work-Life-Balance.“ Etwas Besonderes ist die neu geschaffene Position der „Feel-Good-Managerin“. Ihre Aufgabe seien regelmäßige Teamgesprächen. Beschäftigte könnten hier eigene Ideen für den Praxisablauf einbringen.

Lindenschmidt Umweltservice. Auch Christoph Lindenschmidt freut sich über das Zertifikat für „Lindenschmidt KG Umweltservice“ aus Krombach. Ein Mitarbeiter des Reinigungs- und Entsorgungsdienstleisters habe gesagt, er hätte immer das Gefühl, es „mit zwei Vätern und nicht mit Chefs“ zu tun zu haben, heißt es in der Laudatio. Als Vater von fünf Kindern wisse Christoph Lindenschmidt sehr genau, wie wichtig die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sei. Die 220 Beschäftigten seien hier nicht nur mit Namen bekannt – man kenne auch deren Familien. Andreas Müller gratuliert mit den Worten: „Die Geschäftsführer suchen regelmäßig das persönliche Gespräch, um individuelle und passgenaue Lösungen für alle Probleme zu suchen und zu finden.“

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