Siegen. Den Haushalt der Stadt Siegen tragen CDU und SPD allein. Grüne, FDP und Volt lassen an der neuen Mehrheit in der Diskussion kein gutes Haar.

Der Rat hat den Haushaltsplan für dieses Jahr mit den Stimmen der CDU-SPD-Mehrheit beschlossen. Alle anderen Fraktionen lehnten ab, bis auf die Linken, die sich der Stimme enthielten. Haushaltsreden wurden nicht gehalten, sondern nur zu Protokoll gegeben – was nichts daran änderte, dass die Stimmung im großen Saal der Siegerlandhalle Stunde um Stunde schlechter wurde.

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Der Rat übt in der vierten Sitzung dieser Wahlperiode immer noch den ökonomischen Umgang mit Zeit und die Delegation an die jeweiligen Fachsprecher. Die Beratung über sechs Einzelanträge zog sich mit einer Vielzahl von Wortmeldungen in die Länge – auch, weil die Themen in den sich über die in den letzten Wochen erstreckenden Sitzungen der Ausschüsse gar nicht erst angesprochen worden waren. Deutlich wurde zudem, dass die Kommunalwahl mit dem Wechsel der Ratsmehrheit erst im vorigen September war.

Scharfer Ton im Rat der Stadt Siegen: „Gipfel der Frechheit“

Grünen-Fraktionschef Michael Groß platzte schließlich auf offener Bühne der Kragen, als er den Umgang mit den Minderheitsfraktionen als den „Gipfel der Frechheit“ bezeichnete: „Das ist keine politische Kategorie, eher eine zwischenmenschliche.“ Die Fraktionen würden mit ihren Anträgen an Fachausschüsse verwiesen, obwohl die am Haushalt nichts mehr ändern könnten. Beschlüsse des Rates würden nicht ausgeführt – und selbst von den früheren Partnern des ehemaligen Jamaika-Bündnisses nicht nachgehalten. Michael Groß machte das am vor vier Jahren gefassten, nun erneut beantragten Beschluss deutlich: „Das ist nicht fair, was hier läuft.“ Es ging, wie 2017, um 50.000 Euro für die Entwicklung von Wanderwegen, zum Beispiel im Bereich Tiergarten/Trupbacher Heide. Ingmar Schiltz (SPD): „Glauben Sie ernsthaft, dass Sie Unterstützung erhalten, wenn Sie uns beschimpfen?“

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In seiner schriftlichen Haushaltsrede war der Grünen-Sprecher auch auf das Scheitern der Jamaika-Neuauflage eingegangen: CDU und Bürgermeister hätten das von den Grünen geforderte Klimaschutz-Dezernat abgelehnt. Dass die CDU an der Stelle von Grünen und FDP einen neuen Mehrheitspartner gefunden hat, ließ Groß nicht unkommentiert: „Gerade wenn man die sozialdemokratische Brille aufsetzt, bleibt die Unterschrift unter eine solche Vereinbarung rätselhaft“ – die meisten Projekte, die noch von Jamaika beschlossenen worden seien, habe die SPD abgelehnt.

CDU im Rat der Stadt Siegen: Zur Hälfte Neueinsteiger

Als ehemaliger Jamaika-Partner unternahm auch Klaus-Volker Walter (FDP) eine Nachlese – er setzte sich mit dem Vorwurf des früheren Mitstreiters auseinander, der FDP gehe es „nur um scheinbar lukrative Pöstchen“. CDU und SPD hätten die Position des Vorsitzenden des Risikoausschusses der Sparkasse und des Vorsitzenden des Bilanzprüfungsausschusses der Sparkasse „brüderlich unter sich aufteilen“ wollen – was der Rat dann verhinderte: „So wird der Vorwurf des Stadtverbandsvorsitzenden der CDU dann ein Vorwurf an die CDU selber.“ Die Kooperationsvereinbarung von CDU und SPD sei eine „Ansammlung von Banalitäten, die weit hinter dem zurückbleibt, was Jamaika vereinbart hat“.

Beschlüsse

Beschlossen hat der Rat die Erweiterung der 25-Prozent-Quote für sozialen Wohnungsbau auch auf städtische Einzelgrundstücke, die mit Mehrfamilienhäusern bebaut werden, sowie die Planung einer Kultur-Markthalle im Krönchen-Center (Anträge CDU/SPD).

Der Antrag von Volt, im Krönchen-Center mehr Platz für die Kinder- und Jugendabteilung der Stadtbibliothek zu schaffen, war zuvor abgelehnt worden.

Erneut beschlossen wurde die Planung von Uferwegen entlang der Sieg und – gegen die Stimmen der SPD – von Wanderwegen im Stadtgebiet (Antrag Grüne).

Abgelehnt wurde der Antrag der Grünen, die 5,2 Millionen Euro für den Ausbau des Schleifmühlchen-Kreisels zu streichen.

Samuel Wittenburg (Volt) zielte in dieselbe Richtung: „Was ist in den vergangenen zwei Jahren passiert, dass Sie nun hier stehen und genau das Gegenteil von dem machen, wofür sie noch vor zwei Jahren einstanden? Diese, gelinde gesagt, flexible Haltung zu grundsätzlichen Fragen hat die SPD an den Punkt gebracht, an dem sie jetzt ist.“ Siegen erlebe „die mut- und konzeptlose Kooperation zweier Wahlverlierer, die bei einer Wahlbeteiligung von unter 50 Prozent nichts Besseres zu tun haben, als bei jeder sich bietenden Gelegenheit Kritik an ihrer vermeintlichen Unfehlbarkeit süffisant wegzuwischen“. Der Sprecher der erstmals in den Rat gewählten Partei weiter: „Wir sitzen hier nicht, um jeden Groko-Spleen abzunicken und durchzuwinken. Wir sitzen hier, um auch anderen Positionen eine Stimme zu geben. Das mag für Sie lästig sein, für uns ist es zwingend notwendig.“

Für die CDU gab stellvertretende Fraktionsvorsitzende Isabelle Eberling eine Haushaltsrede zu Protokoll. Aus der Sicht einer erstmals gewählten Stadtverordneten betonte sie, dass elf von 22 Fraktionsmitgliedern – „der größte Teil davon jünger als 40 Jahre“ – neu in der Kommunalpolitik seien: „Wir freuen uns mit der neu aufgestellten CDU-Fraktion und dem neuen Rat auf eine konstruktive Gestaltungspolitik.“

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