Neunkirchen. Neunkirchen bereitet den Verkehr der Zukunft vor – Mit einem Konzept, das der Rat gut ein Jahr nach Beginn der Planung im Juni verabschieden soll
Im Juni soll der Rat das Mobilitätskonzept für Neunkirchen verabschieden – Gut ein Jahr, nachdem sich Verwaltung und Politik aufgemacht haben, die Gemeinde für den Verkehr der Zukunft neu aufzustellen. Seither hat es Erhebungen gegeben, die Experten des Planerbüros „Energielenker“ aus Greven haben sich die Problemstellen in Neunkirchen buchstäblich erlaufen und erfahren. Die Ergebnisse wurden im Rahmen einer Abschlussveranstaltung per Video-Konferenz nun vorgestellt, bis zu 46 Personen nahmen teil – Mehr als Bürgermeister Dr. Bernhard Baumann und seine Wirtschaftsförderin Sylvia P. Heinz erwartet haben, die sich beide mehrfach bei den Teilnehmern für deren Engagement und Zeit bedanken, die hohe Zahl hervorheben. Ohnehin sieht Heinz ein großes Interesse in der Kommune. Die Menschen seien gut zu motivieren.
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Zu viel Individualverkehr in Siegen-Wittgenstein
Wenig überraschend sind es Vertreter aus Politik und Verwaltung, von Verbänden und Vereinen, die mehr oder weniger mit dem Schwerpunkt Verkehr zu tun haben. Sie bekommen zunächst einen Film zu sehen, der - allerdings für die Stadt Essen - verdeutlicht, wie die Mobilität im Jahre 2030 aussehen könnte und sollte, mit viel ÖPNV, E-Bikes und E-Autos zum Leihen und „Sharing“, genutzt von Menschen, die weitgehend über ihre Zeit verfügen können. Bis dahin ist es für die Region wohl noch weiter, als für den Großraum Ruhrgebiet.
Das wird schnell durch eine Grafik deutlich, die den „Modal Split des Verkehrsaufkommens“ in durchschnittlichen Mittelstädten dem Kreis Siegen-Wittgenstein gegenüberstellt. Während der Anteil motorisierten Individualverkehr (MIV) durchschnittlich 61 Prozent beträgt, sind es im Kreisgebiet 77 Prozent. Mit gerade einmal vier Prozent für den Radverkehr. Eine eigene Statistik für Neunkirchen sei aus Gründen des Aufwandes und der Kosten nicht erstellt worden, erklärt Sylvia P. Heinz auf Nachfrage, sieht die Zahlen aber als vergleichbar. Womit für die Planer Niclas Töns und Fabian Wagner auch gleich die Hauptaufgabe der kommenden Jahre skizziert ist. Den aus diversen Gründen viel zu hohen MIV-Wert zu senken. „Abschaffen wird nicht gehen“, stellt der Bürgermeister zum Verkehr mit einem gewissen Bedauern in der Stimme fest. Aber ein Umlenken sei möglich. Was für Sylvia P. Heinz wiederum im Kopf eines jeden Einzelnen beginnt, der am Morgen entscheide, ob er das Auto zur Arbeit nimmt, oder doch vielleicht mit dem Rad oder der Bahn fährt.
Zwei Busse pro Stunde nach Siegen
Gut zwei Stunden tragen Wagner und Töns ihre Ergebnisse und Vorschläge vor. Letztere können von den Teilnehmern am virtuellen White Board durch Stimmvergabe dann auch noch priorisiert werden. Wobei keiner der Vorschläge wegfalle, es wirklich nur um eine bevorzugte Reihenfolge gehe, versichern die „Energielenker“. Und auch, dass jene, die mit der Technik nicht ganz so gut umgehen konnten an diesem Nachmittag, ihre Wahl auch am Dienstag noch per Mail oder Telefon nachreichen können.
Beim Busverkehr sind Wagner und Töns bei ihren Erhebungen auf viel Zustimmung gestoßen. Nicht zuletzt der Halbstundentakt nach Siegen komme gut an. Problematisch und damit eine Aufgabe seien die Randzeiten. Als positiv werten sie das Vorhandensein des Bürgerbusses, der allerdings viel zu wenig genutzt werde. Ein Schwerpunkt ist der Radverkehr, wo die Infrastruktur weiter auszubauen sei, wo eine Schnellstrecke nach Siegen gewünscht werde und wo auch - nach Hinweis im begleitenden Chat - die Anbindung über Kreis- und Landesgrenzen nicht aus den Augen verloren werden dürfe.
Als Problemfelder allgemeiner Art sind in der vorgelegten Studie etwa das Umfeld des Bahnhofes aufgeführt, dazu vor allem der Bereich Bitzegarten/ Ärztehaus, wo starker Parksuchverkehr den ohnehin belasteten Kreuzungsbereich mit der zentralen Verkehrsader Kölner Straße noch negativer beeinträchtigt. In diesem Zusammenhang wird immer wieder auch auf den bevorstehenden Umbau der Ortsmitte verwiesen. Insgesamt haben Wagner und Töns sieben Handlungsfelder ausgemacht: Fußverkehr; Radverkehr; ÖPNV; Motorisierter Individualverkehr; Alternative Mobilitätsformen; Mobilitätsmanagement und Maßnahmen der Stadtplanung. Diese sind im bislang noch unfertigen Entwurf des Mobilitätskonzeptes aufgeführt und sollen bis zur entscheidenden Ratssitzung am 10, Juni noch detaillierter ausgearbeitet werden – unter Einbeziehung der Auswahl, die an diesem Montag getroffen worden ist.
NRW-Verkehrsminister kommt nach Neunkirchen
Der Bürgermeister verweist darauf, dass sich Neunkirchen auf einem guten Weg befinde und hofft auf weitere Impulse und mögliche Förderungen, die aus einem Besuch des NRW-Verkehrsministers resultieren könnten. Mit Blick auf eine bis dahin verbesserte Corona-Lage ist die Visite durch Hendrik Wüst derzeit für den August vorgesehen, um möglichst eine Präsenzveranstaltung zu haben, sagt Baumann.
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