Siegerland. Mehr Optimismus nach Impfungen in Siegerländer Altenheimen: Gemeinsame Osteraktionen sind erlaubt – doch wie viel Normalität ist zu riskant?

Sie gingen gut über die Bühne. Lediglich die üblichen Nebenwirkungen seien bei den Impfungen aufgetreten, sagt Bernd Spornhauer, Geschäftsführer der Diakonischen Altenhilfe Siegerland, der sieben Seniorenheime angehören. „Schmerzen an der Einstichstelle, Fieber oder Schüttelfrost“. Mittlerweile liege die Impfquote bei den Heimbewohnern bei etwa 90 Prozent – beim Pflegepersonal bei 75. Zahlen, die mehr Normalität zulassen? Zum Osterfest ein Blick in Altenheime der Region.

Mehr Freiheit im „Haus Abendfrieden“ in Hilchenbach

Zarter Optimismus regt sich bei Michael Becker, Leiter der Pflegeeinrichtung „Haus Abendfrieden“ in Hilchenbach. Seit drei Wochen gab es hier keinen Corona-Fall, „nur noch saubere Test-Abstriche“. Davor sah das anders aus: „Da waren um die 40 bis 45 Prozent unserer Bewohner infiziert.“ Einige starben.„Mittlerweile fühlen sich die Bewohner wieder etwas freier.“ Die Türen stünden wieder offen – sie müssten „nicht mehr isoliert auf ihren Zimmern warten, bis jemand kommt, und ihnen in Astronautenverkleidung die Mahlzeiten bringt“. Dank der PoC-Tests dürfe man in Gemeinschaftsbereichen zusammenkommen, auch kleine Gymnastikkurse seien wieder möglich.

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Den NRW-Vorstoß für mehr Lockerungen in Altenheimen sieht er kritisch: Es gebe „keinen durchgängigen Impfschutz“. Es sei nun mal nur ein „Impf-Angebot, was man den Mitarbeitern und den mündigen Bewohnern“ machen könne – zwingen könne man niemanden. Auch Ostern werde man daher auf die Besucherregeln achten, „sauber durchgeplant, keine Massen“ – weiterhin sei Vorsicht geboten.

Acht infizierte Bewohner im „Haus an der Weiß“ in Wilnsdorf

An den Aussagen von NRW-Gesundheitsminister Laumann stößt sich auch Nicole Klemm, Einrichtungsleiterin des Seniorenheims „Haus an der Weiß“ in Wilnsdorf – man könne nicht von „Herdenimmunität“ in Heimen sprechen. Aktuell seien acht Bewohner und zwei Mitarbeiter infiziert – eine Bewohnerin sei daran gestorben. Klemm betont: Auch Geimpfte können sich noch infizieren, hätten zwar abgeschwächte, aber trotzdem noch Symptome: „sie haben kein Fieber, schlafen aber sehr viel, sind abgeschlagen und appetitlos.“

Lockerungen nach Impfungen in Seniorenheimen

Nach den Impfungen gibt es Lockerungen für Altenheime in NRW.

Aktuell sind fünf Besucher plus Kinder unter 14Jahren pro Heimbewohner möglich.

Eine Testpflicht entfällt für Heimbewohner. Personal und Besucher müssen weiterhin getestet werden.

Dabei sei das Jahr „wirklich gut verlaufen“, mit zwei Meter Abstand zwischen den Tischen konnte wieder gemeinsam im Speisesaal gegessen werden – auch Kochkurse und Gottesdienste ohne Singen, „in abwechselnden Kleingruppen mit jeweils 18 Bewohnern“ fanden wieder statt. „Im Sommer gab es tolle Gartenkonzerte, von Heimangehörigen, die in einer Band spielen“. Überwältigende Hilfe käme von Seiten der Wilnsdorfer. Viele übernähmen ehrenamtlich den Türdienst: Besucher testen, Daten dokumentieren, Temperatur eintragen.

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Dann der Infektionsfall: Eine Patientin brachte das Virus aus einem Krankenhaus mit. „Wir nehmen häufig Bewohner aus Krankenhäusern auf und da sind die Zahlen wieder stark gestiegen.“ Drei der acht infizierten Bewohner waren nicht geimpft, da zur Kurzzeitpflege da: „Die dürfen wir nicht mit zur Impfung anmelden, erst wenn Bewohner länger bei uns wohnen“, ärgert sich Klemm. Sofort habe man die Infizierten in Quarantäne verlegt – ein gemeinsames Osterfrühstück für die Gesunden ist deshalb möglich. Generell plädiert Nicole Klemm aber für weniger Besuche: „Muss ich meine Mutter vier mal die Woche besuchen? Kann man nicht auch mal telefonieren?“

Gemischte Gefühle im Hans-Georg-Vitt-Seniorenzentrum der AWO in Kreuztal

Im Hans-Georg-Vitt-Seniorenzentrum der AWO in Kreuztal kommen laut Einrichtungsleiter Hartmut Klein sowieso „selten mehr als zwei Besucher auf einmal“. Grundsätzlich dürfe aber wieder jeder kommen, der mag – natürlich getestet“. Er beobachtet, „dass sich die Bewohner Gedanken über Mutationen und die dritte Welle machen“, sich aber seit den Impfungen wieder mehr Zuversicht verbreite.

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Bislang habe es keinen Coronafall in der Einrichtung gegeben, nur zwei Mitarbeiter, die nicht im Dienst waren, waren zwischenzeitlich infiziert. „Es gibt keine größeren Feiern oder Chöre – aber eingeschränkte, interessensverbundene Veranstaltungen im kleinen Kreis sind wieder möglich.“ Die Speisesäle seien seit geraumer Zeit wieder offen. Zu Ostern werde auf den Etagen vorsichtig gefeiert, die Menschen dürften gemischt zusammenkommen, auch auf anderen Etagen.

Optimismus im Marienheim in Siegen-Weidenau

Dr. Christian Stoffers, Sprecher der Marien-Gesellschaft, spricht von einem „entbehrungsreichen Corona-Jahr“. Eine Rückfrage nach den Impfungen im Marienheim habe ergeben, „dass die Freude unter den Bewohnerinnen und Bewohnern sehr groß und die Stimmung von großem Optimismus geprägt“ sei.

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Begegnungen im Haus seien wieder „normal“, ohne Abstand und Maskenpflicht möglich – auch, wenn trotz Lockerung und Impfschutz teils noch Masken auf eigenen Wunsch hin getragen würden. „Wir sind weiterhin sehr wachsam, da der Virus jede Schwachstelle ausnutzt.“ Mit Sorge beobachte man die aktuelle Entwicklung, um geeignete Maßnahmen einleiten zu können. Ein Ostergottesdienst sei aber geplant und werde „mit großer Vorfreude erwartet“.

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