Siegen. Die Freie Wohlfahrtspflege Siegen-Wittgenstein fordert bessere Angebote zur beruflichen Weiterbildung und Förderung für benachteiligte Menschen.
Eine Weiterbildung im Beruf dient der Bekämpfung des Fachkräftemangels und der Vermeidung von Arbeitslosigkeit. Deswegen sollten Fördermaßnahmen zur beruflichen Weiterbildung von Geringqualifizierten ausgeweitet und verbessert werden, kommentiert Horst Löwenberg, Sprecher der Freien Wohlfahrtspflege im Kreis Siegen Wittgenstein, den neuen Arbeitslosenreport. Er fordert, dass die Angebote sich viel stärker an individuellen Bedarfen orientieren und mehr begleitende soziale Unterstützung bieten müssen.
60 Prozent der Beschäftigten im Kreis Siegen-Wittgenstein, denen die Arbeitsagentur 2019 eine berufliche Weiterbildung mitfinanzierte, hatten keine abgeschlossene Berufsausbildung. Vor allem ältere Arbeitnehmer (knapp 22 Prozent) und Alleinerziehende (13 Prozent) würden hier jedoch noch zu wenig gefördert. „Wir benötigen innovative, passgenaue Weiterbildungsangebote, um lernungewohnte und gering qualifizierte Personen besser zu erreichen“, fordert Löwenberg.
Siegen und Umgebung: Geförderte Weiterbildungen vor allem in der Altenpflege
Eine stärkere Modularisierung und Teilzeit, Lernangebote, längere Lernzeiten sowie Anerkennung von erreichten Zwischenzielen könnten Bausteine sein, damit mehr Geringqualifizierte die Corona-bedingte Krise am Arbeitsmarkt als Chance für Weiterbildung erkennen. Gefördert werden sollten beispielsweise auch die Übernahme von Fahrtkosten oder eine gute Kinderbetreuung. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen ließen solche Unterstützungs- und Fördermaßnahmen zu, die Spielräume müssten jedoch auch genutzt werden. Auch könne eine unterstützende, dezentrale Lernbegleitung beispielsweise in Kooperation mit Trägern der Freien Wohlfahrtspflege viel dazu beitragen, dass gerade benachteiligte Personen ihre Weiterbildungschancen ergreifen und nutzen.
Arbeitslosenreport NRW
Die Wohlfahrtsverbände in NRW veröffentlichen mehrmals jährlich den Arbeitslosenreport NRW. Basis sind Daten der offiziellen Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Hinzu kommen Kennzahlen zu Unterbeschäftigung, Langzeitarbeitslosigkeit und zur Zahl der Personen in Bedarfsgemeinschaften, um längerfristige Entwicklungen zu zeigen. Der gesamte Bericht sowie übersichtliche Datenblätter mit regionalen Zahlen können im Internet unter www.arbeitslosenreport-nrw.de heruntergeladen werden. Der Arbeitslosenreport NRW ist ein Kooperationsprojekt der Freien Wohlfahrtspflege NRW mit dem Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen.
Die meisten beruflichen Weiterbildungen wurden 2019 in Siegen-Wittgenstein in der Altenpflege (40 Prozent von insgesamt 60 Maßnahmen) gefördert. Damit liegt der Kreis über dem Landesschnitt von knapp 31 Prozent. In der Fahrzeugführung im Straßenverkehr wurden 5 Prozent gefördert. Ein Wert der deutlich unter dem NRW-Schnitt von gut 23 Prozent liegt. Altenpflege und Fahrzeugführung im Straßenverkehr gehören zu den sogenannten Engpassberufen, für die Weiterbildung zu Fachkräften von der Bundesagentur besonders gefördert wird. Aus Sicht der Wohlfahrtsverbände ist insbesondere der Altenpflegeberuf von enormer gesellschaftlicher Bedeutung und der Bedarf ist riesig, deshalb seien die vorgelegten Zahlen erfreulich.
Viele Beschäftigte können während der Weiterbildung nicht auf Einkommen verzichten
In den Fällen, in denen Beschäftigte wegen einer Weiterbildung ihrer normalen Arbeit nicht voll nachkommen können, benötigen Betriebe Zuschüsse, um Löhne weiterzahlen zu können. Beschäftigte mit niedrigen Löhnen können während einer Weiterbildung nicht auf Einkommen verzichten, da sie meist keinerlei Rücklagen haben. Deshalb hätten bisher zu oft ausgerechnet diejenigen darauf verzichtet, die eine fundierte Weiterbildung besonders benötigten. „Wir begrüßen die Möglichkeit des Entgeltzuschusses für die Betriebe für alle Weiterbildungsmöglichkeiten ausdrücklich und wünschen uns, dass in Zukunft Betriebe in Siegen-Wittgenstein davon angemessen Gebrauch machen werden“, so Löwenberg.
Im Kreis Siegen-Wittgenstein gab es 2019 insgesamt 58 Förderungen mit einem Arbeitsentgeltzuschuss für die berufliche Weiterbildung von Beschäftigten. Auch müsse man zudem den Betrieben helfen, vorübergehenden Ersatz zu finden für die Beschäftigten, die für eine Weiterbildung freigestellt werden. Die Freie Wohlfahrtspflege regt an, Konzepte in Kooperation mit Beschäftigungsträgern zu entwickeln, um solche Stellen zum Beispiel mit Langzeitarbeitslosen zu besetzen, die im Rahmen des Teilhabechancengesetzes gefördert werden.