Netphen. Für ihren Entwurf des Stellenplans bekommt die Verwaltung keine Mehrheit. Der Digitalisierungsbeauftragte kommt.

Der Rat hat den Haushalt für 2021 einstimmig beschlossen. Zwischen 52,7 Millionen Euro Einnahmen und 53,7 Millionen Euro Ausgaben klafft nun eine Lücke von einer runden Million, fast doppelt so viel wie ursprünglich geplant. Das liegt vor allem daran, dass der Kreis die Jugendamtsumlage erhöht und die Kreisumlage weniger als erwartet abgesenkt hat.

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Debatte

Die Debatte über den Haushalt verlief unter Coronabedingungen und somit ungewöhnlich. Insgesamt 43 Seiten Haushaltsreden wurden nicht vorgelesen, sondern ungehalten zu Protokoll gegeben. Die Änderungsanträge der Fraktionen hatte Kämmerer Hans-Georg Rosemann schon vor der Abstimmung in seine Vorlage eingearbeitet – an den Stellen, wo der Beschluss dann doch nicht gefällt wurde, werden dann doch noch ein paar Euro eingespart. Ganz ohne Reibungen kam der Rat aber nicht aus. Zwei Mal musste die Sitzung für interne Beratungen der Fraktionen und für Absprachen zwischen den Fraktionen unterbrochen werden.

Beim Stellenplan der Verwaltung hakte es besonders: 4,416 Stellen mehr sah der Entwurf vor, der mit 14 Gegenstimmen und neun Stimmenthaltungen abgelehnt wurde. Mit 25 Stimmen beschlossen wurde ein Antrag der SPD, den Zuwachs auf zwei Stellen zu begrenzen: eine für den künftig auch für Klimaschutz zuständigen Fördermittelmanager, eine für Hochbau, Ordnung und Bürgerservice oder für einen „Springer“. Davon unabhängig soll ein Digitalisierungsbeauftragter seine Arbeit aufnehmen können. Dessen Stelle steht längst im Stellenplan, war aber bisher durch den Rat gesperrt. Durch diesen Beschluss werde der Verwaltung „erhebliche Flexibilität“ eingeräumt, stellte Manfred Heinz (SPD). Die Entscheidung fiel bei fünf Gegenstimmen von UWG und Bürgermeister und drei Enthaltungen aus den Reihen von CDU und UWG.

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Haushaltsreden

Bürgermeister Paul Wagener legte einen umfassenden Einblick in alle Bereiche der Verwaltung vor. „Es gibt noch sehr viel Potenzial, welches wir stetig im Blick haben und nutzen möchten, um die weichen Standortfaktoren der Stadt Netphen auszubauen. Wir denken voraus und stellen Weichen für die Zukunft.“ Wagener kritisierte CDU, SPD, Grüne und FDP, die bisher die Freigabe der Digitalisierungsstelle abgelehnt hätten. „Das ist kurzsichtig.“ Wagener betonte die Verantwortung des Rates: „Wir wollen handlungsfähig bleiben, neue Wege aufzeigen und Bewährtes fortführen. Dabei gilt es nicht, jemanden in die Verantwortung zu ziehen, sondern gemeinsam die Verantwortung für die gefassten Beschlüsse zu übernehmen.“

Sebastian Zimmermann (CDU) ging auf die zwei Tage zuvor erfolgte Wahl des neuen Beigeordneten Andreas Fresen ein: „Damit verbunden ist die Erwartung an den Bürgermeister, den Ersten Beigeordneten und allgemeinen Vertreter zu respektieren und ihm den ihm zustehenden Raum zu belassen.“ Die Wahl Fresens sei „Chance für einen Neustart“, sagte Zimmermann mit Blick auf den Bürgermeister: „Vermasseln Sie es bitte nicht durch unnötige Querelen.“ Im Rat gebe es eine „überwältigende Mehrheit“, die „lösungsorientiert und pragmatisch“ zusammenarbeiten wolle. „Das macht Hoffnung. So solle es weitergehen.“

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Manfred Heinz (SPD) nannte die Zusammenarbeit mit CDU, Grünen und FDP „fruchtbar“: „Es gibt eine Mehrheit, die entscheidungsfähig ist, ohne ihre politischen Positionen aufzugeben. Das reduziert den Bürgerfrust über Sandkastenstreitigkeiten, wie sie auch bei den Abwehrversuchen des obersten Amtsträgers gegen einen Beigeordneten viel zu lange zutage getreten sind.“ Kritisch äußerte sich Heinz zur „personalintensiven Beratungs-Verwaltung“ im Rathaus – „rund um die gebildete mittelständische Familie, die meist keiner Beratung bedarf“. Der vom Rat geforderte und nach einem Jahr vorgelegte Bericht zu Situation armer Kinder in Netphen sei dagegen „nur eine unlustige oberflächliche Zusammenstellung ohne Handlungsabsichten“.

Klaus-Peter Wilhelm (UWG) teilte die Einschätzung seiner Vorredner nicht. „Das allgemeine Niveau ist jetzt am Anfang der Legislaturperiode schon wieder auf einem Tiefstand . Wir haben uns nach der Wahl öffentlich für eine Zusammenarbeit mit allen politischen Parteien ausgesprochen.“ Wilhelm sprach auch den Mangel an bezahlbaren Mietwohnungen an. „Es ist nicht damit getan, neue Wohngebiete zu erschließen, um den Einfamilienhausbau zu forcieren.“ Die Stadt müsse „gegebenenfalls“ selbst in den sozialen Wohnungsbau einsteigen.

Silvia Glomski (Grüne) forderte einen „neuen Anschub“ für die Entwicklung im Freizeitpark. Die Trampolinhalle sei „schon zur Eröffnung nicht recht ins Laufen“ gekommen und führe „weiterhin ein defizitäres Dasein“. Erneut im Raum steht die Forderung der Grünen nach einem Klimaschutzkonzept. Der Wunsch nach einer Baumallee, die durch private Baumspenden aus Anlass von Jubiläen oder Geburtstagen wachsen könnte, bleibe bestehen. „Wir setzen hier auf eine veränderte Haltung seitens der Verwaltung.“ Der neue Beigeordnete werde auch für den Klimaschutz zuständig sein. Er könne „wichtige neue Wege“ beschreiten, „auch im Hinblick auf regenerative Energie wie Windkraft“.

Louis Roth (FDP) sprach Digitalisierung, Wirtschaft und Bildung als Kernthemen seiner Fraktion an. „Lassen Sie uns einen Schritt weiter gehen und uns zu einer der fortschrittlichen und bürgernahen Stadtverwaltungen in einem weiten Umkreis werden.“ Roth begrüßte das Programm für die Zentralisierung von Gymnasium und Sekundarschule auf der Haardt, mit der auch die Erschließung des Baugebietes Burggraben/Altwiese verbunden ist. „Machen wir aus dieser Legislatur eine der erfolgreichsten für Netphen.“

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