Burbach/Siegen. Zwei Verfahren gegen ehemalige Wachmänner stehen vor der Einstellung. Oberstaatsanwalt ist zuversichtlich über weitere Aussagen und Verständigungen

Im Frühling wird es wärmer, verhärtete und verkrustete Strukturen brechen auf. Das lässt sich dieser Tage auch auf den Burbach-Prozess übertragen. Am Mittwoch hat es zwei Einlassungen gegeben, weitere sind angekündigt. Terminiert ist aktuell bis Mai. „Vielleicht sind wir dann ja durch“, denkt Oberstaatsanwalt Christian Kuhli positiv voraus.

Der Anklagevertreter hat in den vergangenen Wochen zahlreiche Einzelbesprechungen gehabt, vor 14 Tagen gab es ein gemeinsames Rechtsgespräch mit Verteidigern und der Kammer. Dessen Ergebnisse trägt die Vorsitzende Richterin Elfriede Dreisbach am Morgen vor. Annäherungen sind da ebenso zu spüren, wie noch die eine oder andere Kontroverse. Aber insgesamt liegt ein Miteinander in der Luft, mehr als jemals zuvor in diesem langen Verfahren. Einstellungen sind danach kein Tabuwort mehr, wobei zwei Sachverhalte klar ausgenommen sind. Für die Vorfälle, bei denen das öffentlichkeitsträchtige Video respektive Foto entstanden sind, sieht Christian Kuhli keinerlei Spielraum. Auch hat er an die Ausgewogenheit erinnert und lehnt es ab, Sicherheitsleute und Sozialbetreuer unterschiedlich zu bewerten, soweit diese gleich gelagerte Straftatbestände erfüllen. Sollten einige Verteidiger an eine Revision denken und diese „wider Erwarten“ Erfolg haben, werde der Oberstaatsanwalt erneut eine Verurteilung anstreben.

Betreuer bedauert Geschehnisse in Burbach

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Am Ende stand der Vorschlag, zwei Verfahren dann zeitnah einzustellen, wenn sich die Angeklagten entsprechend einlassen. Dem kommt an diesem Tag Anwalt Alexander Hauer für einen der Wachmänner nach. Seinem Mandanten wird die Anwesenheit bei diversen Freiheitsberaubungen vorgeworfen, an die er sich aber nicht mehr erinnern könne, trägt der Verteidiger vor. Zugleich habe der 45-Jährige von der Existenz des „Problemzimmers“ gewusst, wenngleich er nie jemanden dort hingebracht oder gesehen habe.

Natürlich könne und wolle der Mandant auch nicht ausschließen, das diese Dinge während seiner Arbeitszeit geschehen sein könnten. Aufgrund der im Vergleich zu anderen Taten geringen Schuld beantragt Hauer eine Einstellung nach Paragraf 153 II StPO, wegen Geringfügigkeit. Der Oberstaatsanwalt betont ebenfalls, dass sich eine aktive Beteiligung des Sicherheitsmannes an Straftaten nicht habe nachweisen lassen und stimmt zu. Die Kammer will außerhalb der Hauptverhandlung darüber entscheiden. Das wird zu einem späteren Zeitpunkt auch für einen zweiten Wachmann gelten, dessen Einlassung noch aussteht.

Zähe Verhandlung

Die Ereignisse, um die es im Burbach-Prozess geht, spielten sich bereits 2014 in der Flüchtlingsunterkunft in Burbach ab. Der Prozess begann vier Jahre später. Aufgrund des großen Zeitraums gestaltet sich die Rekonstruktion der Geschehnisse schwierig, die Pandemie führte zu einer weiteren Verzögerung. Fortgesetzt wird der Prozess am 24. März, der nächste Gerichtstermin ist dann erst wieder nach Ostern.

Dafür meldet sich der Verteidiger eines Sozialbetreuers und drückt ausdrücklich dessen Bedauern über das in Burbach Geschehene aus. Sein Mandant habe auch nur sehr geringe Erinnerungen an die Zeit, in der er auf Nachfrage aufgrund seiner Sprachkenntnisse in der Einrichtung gearbeitet hätte. Zweimal findet sich seine Unterschrift in den entsprechenden Wachbüchern, in denen dokumentiert ist, dass Bewohnern ins „PZ“ gebracht wurden. Der Angeklagte sei darüber aber nur informiert worden, habe keine eigenen Erkenntnisse im oder vor dem Raum gehabt. Aus heutiger Sicht bedauere er sehr, seinerzeit nicht selbst nachgesehen und den Versuch gemacht zu haben, den Personen zu helfen. Der Anwalt hebt im Anschluss noch ausdrücklich die Belastung seines gesundheitlich angeschlagenen Mandanten durch das lange Verfahren hervor.

Burbacher Sozialbetreuer soll 1500 Euro an Ärzte ohne Grenzen zahlen

Auch hier sieht der Staatsanwalt eine im Vergleich geringe Schuld und spricht sich für die Anwendung von Paragraf 153a der Strafprozessordnung aus. Da geht es um ein „Absehen von der Verfolgung unter Auflagen und Weisungen“. Die wären für Christian Kuhli durch Zahlung von 1500 Euro an „Ärzte ohne Grenzen“ abgegolten. Wobei er in beiden Fällen die Last für die Angeklagten durch die Dauer des Prozesses anerkennend betont. Die Vorsitzende verliest abschließend die Vorstrafenregister der zehn Männer, von denen acht allerdings völlig ohne Belastung sind. Bei einem der beiden anderen gab es einmal eine fahrlässige Körperverletzung, alles andere ist nicht einschlägig.

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