Dahlbruch. „DaHeim“ soll der künftige Dahlbrucher Heimatverein heißen. Seine Idee: eine Heimatstube am Ernst-August-Platz.
Es sind alte Dahlbrucher, die sich vor dem Schulhaus am Ernst-August-Platz versammeln. Friedrich-Wilhelm Kunze zum Beispiel, als Presbyter der benachbarten Kirche verbunden und als letzter Betreiber des Lebensmittelgeschäfts Wilhelm Neus sowieso eine Institution im Ort. Oder Malermeister Dieter Hoffmann, mittlerweile 82 Jahre alt, der von 1945 bis 1953 zur Schule gegangen ist und noch weiß, wie sie hier jeden Morgen um viertel vor Acht die Schulglocke geläutet haben, außerdem, bis 1954 die Kirche gebaut wurde, zu jedem Gottesdienst und zu jeder Beerdigung. Und es sind junge Leute dabei, wie zum Beispiel Tim-Bastian Rücker, der sich für die Geschichte seines Heimatortes interessiert – und sammelt: „Ich weiß von vielen, die gern etwas dazu beitragen würden.“
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Wo? Das Haus ErnA
Die beiden Transparente zeigen Bilder, wie die Schule einmal ausgesehen hat: beim Neubau 1873, bei der Erweiterung und Aufstockung 1906/07, noch mit Glockenturm – lange, bevor sie Teil der oberhalb errichteten Adolf-Reichwein-Hauptschule wurde und, nach deren Schließung, für drei Jahre und drei Monate Stützpunkt der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe: das Haus ErnA mit Kleiderstube und Fahrradwerkstatt. Die Botschaft ist klar. „Es ist wichtig, dass das Gebäude für die Dahlbrucher erhalten bleibt“, sagt Thomas Rücker, „und es wäre schön, wenn wir das mit nutzen könnten.“
Was? Eine Heimatstube
„Da Heim“ steht auf dem Transparent. Die Abkürzung für „Dahlbrucher Heimatverein“. Den es längst gäbe, wenn der Corona-Lockdown nicht schneller als die Gründungsversammlung gewesen wäre. Thomas Rücker denkt an eine „kleine Heimatstube“ – so haben einst auch die Ferndorfer mit ihrem heutigen Museum angefangen, ebenfalls eine alte Schule.
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Tim-Bastian Rücker könnte Feuerwehr-Exponate beisteuern: die Standarte von 1902, die Handdruckspritze von 1906, den Schlauchwagen aus den 1920ern, die Magirus-Patentleiter von 1936. Es gibt landwirtschaftliche Geräte. Den Bestand der heimatlos gewordenen Müsener Heimatstube. Die Kegel von der Kegelbahn des Gasthofs Hufenbach. Jede Menge Fotos. Und natürlich die Glocke von 1897, die lange Zeit in der Friedhofskapelle aufbewahrt wurde. „Die haben wir in Sicherheit gebracht“, berichtet Ortsheimatpfleger Michael Thon. Ins Depot des Stadtmuseums in der Wilhelmsburg.
Mit dem SMS-Lernwerk haben sie schon über ein Modell des Dahlbrucher Reckhammers gesprochen, das dort gebaut werden könnte. Auch diese Verbindung ist da: Heinrich Weiss, Eigentümer des Unternehmens, hat schließlich selbst seien ersten Schuljahre am Ernst-August-Platz verbracht. Namensgeber für diese Adresse sind übrigens die Brüder Ernst und August Klein. Ihre Maschinenbau AG wurde 1927 Teil der Siemag.
Stationen- Hilchenbachs Mammutprojekt in Dahlbruch
Für wen? Großes Interesse in Dahlbruch
Das Interesse der Dahlbrucher ist vorhanden. Die 200 Exemplare des Kalenders mit historischen Fotos fanden jedenfalls ihre Abnehmer. Wäre Corona nicht gekommen, hätte es schon die große Fotoausstellung im Gebrüder-Busch-Theater gegeben. Karl-Heinz Jungbluth, einer der Initiatoren des Haus-ErnA-Projekts, wundert sich nicht über die Begeisterung: „Hier gibt’s ja nichts.“ Keinen Heimatverein, kein Bürgerhaus. „Das wird keine Konkurrenz zum Kulturellen Marktplatz“, betont Olaf Kemper, stellvertretender Bürgermeister und Vorsitzender des Gebrüder-Busch-Kreises. Tatsächlich war das Haus ErmA schon bei frühen Planungen ins Blickfeld geraten: Die vier Klassenräume, jeder ohne die abgehängte Decke locker dreieinhalb Meter hoch, würden Platz für Bands und Bühnen bieten.
Schul-Geschichte
1784 wurde das erste Dahlbrucher Schulhaus gebaut. Es wurde 1873 durch den Neubau nebenan ersetzt, zunächst zweiklassig, nach der Erweiterung 1906/07 vierklassig. 1957 und 1965 entstanden oberhalb die Neubauten der späteren Adolf-Reichwein-Hauptschule, die 2013 geschlossen wurde.
Von 1965 bis 1970 wurde das Haus von der Pestalozzischule mitgenutzt, der Sonderschule des Amtes Keppel und der Stadt Hilchenbach. Sie zog danach in die ehemalige katholische Volksschule neben der katholischen Kirche, die heutige Kita Kuckucksnest.
Mit wem? Stadt sucht Investor
Mitnutzer wären zu finden, glaubt Olaf Kemper. Eine Zeitlang war die Kita Kuckucksnest interessiert, aktuell befasst sich die Stadt mit dem Angebot, in dem Haus eine Praxis einzurichten. Gebraucht wird aber jemand, der die Immobilie kauft und vermietet – und dabei einen oder zwei Räume an den künftigen Heimatverein abgibt, der sich seinerseits Finanziers suchen müsste. Den ersten Heimatscheck aus dem Düsseldorfer Ministerium hat er sogar schon bekommen.
Dass es so einfach wird wie bei der alten Florenburgschule am Kirchweg, die die Stadt zum symbolischen Preis verkauft und dazu noch den Klimawelten einen mietfreien Start vermittelt hat, erwartet der Kommunalpolitiker allerdings nicht. „Das Grundstück ist wertvoll“, weiß Olaf Kemper. Noch steht der Ratsbeschluss, das gesamte Gelände samt Schulaltbau zum Abriss zu verkaufen und dort eine neue Mehrgenerationen-Wohnbebauung zu ermöglichen – auch wenn die Politik mittlerweile Signale sendet, das Haus am Ernst-August-Platz zu erhalten. Den Denkmalschutz für die alte Schule hat die Stadt schon frühzeitig abwenden können.
Info bei Facebook, Instagram und auf www.dahlbrucher-heimatverein.de
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