Siegen. Ein junger Mann bereut eine Jugendsünde: Die Verbreitung der Fotos sei nicht beabsichtigt gewesen.
„Ich kann es mir im Nachhinein nicht erklären“, versichert der 23-jährige Angeklagte, warum er sich vor ein paar Jahren mit kinder- und jugendpornografischen Netzinhalten beschäftigt habe. Jedenfalls muss er sich nun im Siegener Amtsgericht verantworten und auf die erste Verurteilung seines Lebens warten.
Zwei Straftaten werden ihm von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen. Am 29. August 2018 soll der damals noch als Heranwachsender geltende Siegener 21 pornografische Fotos auf der Plattform „Tumblr“ hochgeladen haben. Davon zeigten zwei Kinder unter 14 Jahren, die restlichen zwischen 14 und 19 Jahren in problematischen Posen und bei sexuellen Beschäftigungen. Bei einer Hausdurchsuchung am 21. Mai 2019 wurden beim mittlerweile 21-Jährigen diverse Speichermedien sichergestellt, die zahlreiche Fotos und Videos aus beiden Gruppen enthielten. Letzteres hatte er auch schon im Vorfeld zugegeben, das Hochladen allerdings nicht.
Suche nach einer Erklärung
Amtsrichterin Dr. Sandra Al-Deb’i-Mießner hat „wegen der Corona-Pandemie“ trotzdem auf die Ladung von Zeugen verzichtet und bittet die Beteiligten zum Rechtsgespräch, „um Möglichkeiten auszuloten“, die Verhandlung möglichst schnell zu beenden. Der Angeklagte und seine Verteidigerin Petra Heinrich signalisieren auch schnell Entgegenkommen. Es habe da im Vorfeld wohl ein Missverständnis gegeben, erklärt die erfahrene Anwältin, die seinerzeit noch nicht im Verfahren war. Ihr Mandant habe die Bilder auf die Plattform geladen, aber nicht unbedingt deren Verbreitung im Kopf gehabt. Ähnlich wie bei Facebook könne ein unbestimmbarer Kreis von Menschen auf die Dateien zugreifen, dessen Ausmaß ihm gar nicht bewusst gewesen sei.
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Der Angeklagte nickt zustimmend. Damit müssen weder Polizeibeamte geladen noch die Bilder einzeln in Augenschein genommen werden. Seitens der Jugendgerichtshilfe ist zu erfahren, dass der junge Mann aus gutem Hause stammt, keine Vorstrafen und inzwischen eine gleichaltrige Freundin hat. Er sei damals länger krankgeschrieben gewesen, habe zu viel Zeit gehabt, sucht der inzwischen 23-Jährige nach einer Erklärung.
Hinter jedem Foto ein Schicksal
Seine Anwältin spricht von einer Ausnahmesituation, „in der er nichts Richtiges mit sich und seinem Leben anfangen konnte und ist sich sicher, „dass wir ihn im Gericht nicht wiedersehen werden“. Seit damals sei auch nichts mehr vorgefallen. Sie schließt sich dem Staatsanwalt an, der zuvor bereits viele mildernde Umstände berücksichtigt und eine Geldstrafe in Höhe von 4800 Euro beantragt hat. Wobei die Verteidigerin die Summe ins Ermessen des Gerichts stellt. Der Angeklagte wiederholt, nicht zu wissen, was ihn damals getrieben habe: „Ich blicke auch mit Reue auf die Sache zurück, möchte jetzt mit dem Thema endlich abschließen.“
Die Vorsitzende schließt sich im Urteil auf den Punkt dem Antrag der Staatsanwaltschaft an. Auch sie geht von „einer einmaligen Aktion“ aus und glaubt, den Täter im Gericht nicht mehr zu sehen, der jetzt ja auch „das Leben eines ganz normalen jungen Mannes“ führe. Allerdings solle dieser nicht vergessen, dass hinter jedem Foto zugleich ein Schicksal stehe, dass Kinder dafür zu unangenehmen Dingen gezwungen worden seien: „Lassen Sie sich das eine Lehre sein!“
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