Siegerland. Der Bezirksverband der Siegerländer Frauenhilfen möchte Menschen, die in der Krise wenige Kontakte haben, ein offenes Ohr bieten.

Das Telefon klingelt zur verabredeten Zeit. Fast die ganze Woche hat Hanna allein verbracht, hatte keinen Menschen, mit dem sie sich austauschen konnte. Doch nun kann sie sich unterhalten, nun ist da jemand, der ihr zuhört, der sie wahrnimmt. Mit dem telefonischen Besuchsdienst „Hallo Hanna“ möchte der Bezirksverband der Siegerländer Frauenhilfen Menschen unterstützen, die unter Einsamkeit leiden.

„Hanna“ ist die fiktive Frau, die dem Projekt den Namen gibt. Doch vielen sehr realen Menschen geht es wie ihr. „Viele haben keinen Gesprächspartner“, sagt Heike Henrichs-Neuser, Geschäftsleitung. „Gerade in Corona-Zeiten möchten wir Menschen erreichen, die sich einsam und isoliert fühlen.“

Siegen und Umgebung: Telefonischer Besuchsdienst "Hallo Hanna" ist für alle Altersgruppen offen

Vorwiegend gehe es um ältere Menschen, auch um chronisch Kranke, die nicht so mobil sind. Es seien aber ebenso jüngere Menschen von Einsamkeit betroffen, „gerade Studierende, die von zuhause weg sind“, sagt Heike Henrichs-Neuser. Eigentlich würde man das Problem bei dieser Alters- und Personengruppe nicht vermuten, da in der Öffentlichkeit das Bild vom geselligen Studenten vorherrscht. Aber der Bezirksverband sitzt in der Friedrichstraße im selben Gebäude wie das Gründerbüro der Uni Siegen, von daher gibt es Kontakte: „Das wird uns unter der Hand erzählt.“

Bei „Hallo Hanna“ können sich Frauen und Männer – das Angebot ist für jede und jeden offen – melden, die einmal in der Woche einen Anruf erhalten möchten. Ein ehrenamtlicher Mitarbeiter oder eine ehrenamtliche Mitarbeiterin meldet sich dann zum vereinbarten Termin. Die Anrufer müssen in erster Linie gute Zuhörer sein, „mit offenem Herzen zuhören“, wie Heike Henrichs-Neuser sagt. Der oder die Angerufene erfahren Wertschätzung und werden wahrgenommen, erfahren „eine Resonanz: Ich kann jemandem etwas erzählen“. Es sei wie ein wöchentlicher Plausch, beschreibt es die Geschäftsleiterin. Die Ehrenamtlichen zeigen Interesse: „Wie geht es Dir? Was hast Du die letzten Tage gemacht?“

Siegerland: Koordinatorin bringt für "Hallo Hanna" Ehrenamtliche und Nutzer zusammen

Im November stellte der Bezirksverband auf 450-Euro-Basis extra eine Koordinatorin für das Projekt ein. Diese bringt Anrufende und Angerufene zusammen, muss dafür abschätzen, wer zu wem passt und wer sich mit wem verstehen wird. „Das erfordert Menschenkenntnis“, sagt Heike Henrichs-Neuser - schließlich sollen die Gespräche für beide Seiten erbaulich sein und ein Vertrauensverhältnis entstehen. „Dafür müssen wir die Ehrenamtlichen natürlich persönlich kennenlernen. Wie sind sie im direkten Umgang, wie geben sie sich?“

Dies sei derzeit zwar aufgrund der Corona-Auflagen nicht möglich, habe sich vor dem zweiten Lockdown aber mit gebührendem Abstand machen lassen. Zehn Ehrenamtliche haben sich bisher für „Hallo Hanna“ zur Verfügung gestellt. Einige kommen aus anderen Projekten des Bezirksverbands, die pandemiebedingt derzeit nicht im gewohnten Umfang stattfinden können.

"Hallo Hanna": Ehrenamtliche werden in Fortbildungen qualifiziert

Die Ehrenamtlichen treffen sich auch in der Gruppe und erhalten Fortbildungen, in der aktuellen Situation natürlich, sofern möglich, online. Es geht um Themen wie Grundlagen der Kommunikation, aber auch um das Erkennen von Problemsituationen und Kenntnisse über Beratungs- und Hilfsangebote in der Region. Der telefonische Besuchsdienst, das betont die Geschäftsleiterin, sei keine Telefonseelsorge, sondern eine Plattform für zwischenmenschliche Unterhaltungen. Mit der Telefonseelsorge ist laut Konzept aber eine Zusammenarbeit vorgesehen: Um von den Erfahrungen zu profitieren und im Bedarfsfall weitervermitteln zu können.

„Hallo Hanna“ soll im Idealfall über die Corona-Krise hinaus eine feste Einrichtung werden; Einsamkeit wird schließlich auch danach noch ein Problem sein, unter dem viele Menschen leiden. Wer den telefonischen Besuchsdienst nutzen möchte, kann sich an Koordinatorin Beate Ohrendorf-Weiß wenden unter 0151/62832612 oder info@hallohanna.de. Auf hallohanna.de gibt es außerdem weitere Infos zum Projekt. Auch Menschen, die sich als Ehrenamtliche anschließen wollen, können sich melden.

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