Siegen. Blitzumfrage Siegen-Wittgenstein: Durch zweiten Lockdown steigt Insolvenzgefahr im Handel. Die Geschäftsleute zeigen aber Verständnis.
„Durch den zweiten harten Lockdown steigt die Insolvenzgefahr im Handel und es drohen zahlreiche Geschäftsaufgaben in unseren Innenstädten. Gleichwohl ist für die deutliche Mehrheit der heimischen Händler der Schritt der Bundes- und Landesregierungen nachvollziehbar.“ Mit diesen Worten fasst IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener wesentliche Ergebnisse der aktuellen Blitzumfrage zur Lage des lokalen Einzelhandels zusammen, an der sich 136 Händler aus Siegen-Wittgenstein und Olpe beteiligten.
Zwei Drittel der Händler zeigen demnach Verständnis, dass die hohen Infektionszahlen einschneidende Maßnahmen erfordern. Es werden jedoch auch Stimmen laut, dass die Politik zu spät reagiert habe und bei einem früheren harten Eingreifen das Weihnachtsgeschäft vielleicht noch hätte gerettet werden können. Auch fehlt es zahlreichen Einzelhändlern an einem ganzheitlichen Konzept und an einer Perspektive, wie es nach dem 10. Januar weitergehen solle.
Die Händlerschaft in Siegen-Wittgenstein braucht die Überbrückungshilfen dringend
Insgesamt verdeutlicht die Blitzumfrage einmal mehr eine sehr gespaltene Gesamteinschätzung. IHK-Konjunkturexperte Stephan Häger: „Während über die Hälfte zu kämpfen hat, geben etwa 44 Prozent der Händler an, dass die Corona-Pandemie keine negative Auswirkung auf ihre Finanzlage habe. Es macht eben einen Unterschied, ob man mit Lebensmitteln in offenen oder mit Moderartikeln in geschlossenen Läden handelt.“
Für mehr als 40 Prozent der Einzelhändler ist die vorgesehene finanzielle Unterstützung der Überbrückungshilfe III nicht ausreichend, um die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen des zweiten Lockdowns abzufedern. Klaus Gräbener: „Wichtig aus Sicht der Händler ist: Die notwendigen Hilfen müssen jetzt treffsicher und schnell fließen. Die Schwierigkeiten bei den November- und Dezemberhilfen dürfen sich nicht wiederholen. Ohnehin haben viele Unternehmen vor lauter Hilfsprogrammen im gegebenen Förderdschungel bereits die Orientierung verloren. Weniger wäre hier mehr.“
IHK Siegen: Dramatische Lage im Modeeinzelhandel
Für wenig nachvollziehbar hält die Mehrheit der Einzelhändler zudem, dass bei der nun relevanten Überbrückungshilfe III wieder eine andere Berechnungsgrundlage gilt und nur die Fixkosten, wie Mieten und Pachten, erstattungsfähig sind.
Etwa ein Drittel der Einzelhändler beziffert seinen Umsatzrückgang auf mehr als 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Vergleich zur IHK-November-Umfrage ist dies eine Steigerung um 8 Prozentpunkte. Stephan Häger: „Besonders dramatisch ist die Lage beim Modeeinzelhandel. In dieser innenstadtprägenden Branche geben zwei von drei Unternehmen einen Umsatzrückgang von mehr als 25 Prozent an. Das abrupt abgebrochene Weihnachtsgeschäft schadet dem Innenstadthandel immens. Der Internethandel ist erneut der große Nutznießer. Hier brummt es auf breiter Basis. Nicht ohne Grund sprechen einige Händler von einem Sonderkonjunkturprogramm für den Onlinehandel.“
Finanzielle Belastungsgrenze bei Händlern in Siegen-Wittgenstein erreicht
Jeder vierte Händler denkt aufgrund des zweiten Lockdowns über eine Geschäftsaufgabe nach bzw. hält es für sehr wahrscheinlich, sein Geschäft aufgeben zu müssen. Die Gefahr von flächendeckenden Geschäftsschließungen und sich immer weiter leerenden Innenstädten ist hoch, zumal die Einzelhändler bereits vor dem zweiten Lockdown erheblich unter Druck standen.
Klaus Gräbener: „Die finanzielle Belastungsgrenze ist bei vielen Händlern erreicht, Reserven sind aufgebraucht. Für etliche Betriebe hat ein Wettlauf mit der Zeit begonnen. Ein Drittel der Unternehmen berichtet aktuell von Eigenkapitalrückgängen, jedes Vierte von Liquiditätsengpässen und jedem Zehnten droht nach eigener Angabe die Insolvenz. Diese Entwicklung ist sehr besorgniserregend.“
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