Siegerland. Weihnachtsgrüße, Fotos rund ums Fest sind im Corona-Jahr für viele wichtig: Wie gelingen gute Bilder? Tipps vom Siegener Fotografen Chris Klein.
Jedes Jahr zu Weihnachten: Liebevoll gestaltete Grußkarten, Fotos der neuen Adventsdeko, immer mehr Weihnachtswünsche in den sozialen Medien. Wer seinen Lieben eine Freude machen will, gibt sich Mühe – im Idealfall mit Fotos, die aus der Masse herausragen.
Und in diesem Jahr, in dem viele Familien nicht unter dem Weihnachtsbaum zusammenkommen können, sind besondere Fotos, die in Erinnerung bleiben, vermutlich ganz besonders wichtig. Der Siegener Foto- und Social-Media-Experte Christian Klein sagt, wie.
Die Technik: Warum Blende & Co. wichtig für gute Bilder sind
Verschlusszeit, Blende, Iso – die Dreifaltigkeit der Fotografie, ohne sie entsteht kein Bild. Für die meisten Smartphone-Kameras und Kameras im Automatikmodus braucht man sie nicht. Aber sie sind immer da, entscheiden mit über Gestaltung und Anmutung des Fotos. Wer sie beherrscht, macht bessere Bilder. Also kurz zum Verständnis:
Verschlusszeit – die Zeit, während der das Licht auf den Kamerasensor (früher: Film) fällt. Wird länger belichtet als ungefähr eine Zwanzigstelsekunde (abhängig vom Bildstabilisator in Kamera und/oder Objektiv), braucht es für verwacklungsfreie Fotos ein Stativ – oder wenigstens eine stabile Unterlage.
Blende – die Öffnung im Objektiv, durch die das Licht während der Belichtung auf den Sensor fällt. Je weiter die Blendenlamellen im Objektiv geöffnet sind, desto mehr Licht fällt ein und desto kürzer kann die Verschlusszeit ausfallen bzw. desto weniger empfindlich der Iso-Wert gewählt werden. Die Blendenöffnung wird mit „F“ abgekürzt und ist maßgeblich für Tiefenschärfe oder -unschärfe. Was entscheidend zur Bildwirkung beiträgt. Merksatz: Großer Wert für kleine Öffnung (z. B. „F 16“ – die meisten Bildbereiche sind scharf), kleiner Wert für große Öffnung (z. B. F 2,8 – nur der fokussierte Bereich ist scharf).
Iso/ASA – die Empfindlichkeit des Bildsensors. Zu Analogfilmzeiten war ein ASA-Wert von 200 der Standard, moderne Kameras schaffen problemlos rauschfreie Fotos bei Iso 4000 und mehr.
Smartphone-Kameras können dank immer besserer Sensortechnologie Effekte wie Tiefenunschärfe inzwischen gut simulieren – bauartbedingt ist die Wirkung einer großen Blendenöffnung mit den winzigen Kamera-Sensoren und -Objektiven optisch nicht möglich. In den Kamera-Anwendungen steht aber meist ein Profi-Modus zur Wahl.
Die Trends: Mut zum unperfekten Bild – und keiner trägt mehr Ugly Sweater
Accessoires: Weihnachtsstrickpullis, auch „Ugly Sweater“ genannt, sind aus der Mode, sagt Christian Klein. Dagegen im Kommen: kleinere Details. Rentier-Haarreifen zum Beispiel. Auch weihnachtlich-humorige Masken erfreuen sich einer gewissen Beliebtheit.
Fotofilter: „Macht keiner mehr“, sagt Klein. Denn Filter zerstören Bildinformationen und verschlechtern damit die Qualität. Tausende Varianten halten die meisten Smartphones oft bereit – wer einigermaßen ambitioniert Fotos optimieren möchte, nutzt Bildbearbeitungs-Apps, von denen es viele gute und auch kostenlose gibt.
Inszenierung: „Weniger ist mehr“, rät Christian Klein – die einzelne Kugel statt des (weitwinkelverzerrten) Weihnachtsbaums zum Beispiel. In den Telebereich ranzoomen, damit überflüssige Bildanteile verschwinden, das Motiv verdichten. Und: „Mut zum nicht perfekten Bild“ – vielleicht auch absichtlich. Kann überaus erheiternd sein.
Bildebene: „Hintergrund macht Bild gesund“ – eine abgedroschene Fotografen-Phrase, die aber ihre Berechtigung hat. Ist der Hintergrund langweilig oder unruhig, empfiehlt sich eine große Blende, weil er verwischt. Oder: Warum nicht das Motiv in den Hintergrund rücken und über den unscharfen Vordergrund hinweg fotografieren? Das verleiht dem Bild Tiefe. Im Fotografenjargon: „DWD – durch was durch“. Der Fokus kann am Smartphone per Touch gesetzt werden, erklärt Christian Klein.
Gruppen: Auf keinen Fall alle nebeneinander vor der weißen Wand – öder geht’s kaum. Christian Klein rät zum Beispiel, die ganze Familie aufs schön geschmückte Sofa zu verteilen – da kann auch gleich der Mut zum unperfekten Bild getestet werden.
Essen: Festliche Menüs gehören zu Weihnachten einfach dazu. Und bei einem Festtagsessen, bei dem in diesem Jahr einige fehlen, wollen die Lieben ja erst recht wissen, was auf der Speisekarte steht. „Vogelperspektive“, ist dazu Christian Kleins Bildempfehlung – „von oben sieht es meist schöner und aufgeräumter aus.“
Kinder: In der Regel machen Erwachsene die Fotos von den Kleinen. „Raus aus der Komfortzone“, sagt Fotograf Klein, auf Augenhöhe hinknien. Davon profitiert auch der Hintergrund – statt Teppich die geschmückte Wohnung.
Video: Für Weihnachtsgrüße per Video rät Experte Christian Klein: „Quer- oder Hochformat geht beides – aber auf jeden Fall einheitlich bleiben.“ Das Handy während des Clips kippen zu müssen, nervt. Und: „Selfievideos sind aus der Mode“ – sich lieber filmen lassen.
Klauen: Auf Bildideen gibt es kein Urheberrecht – warum also nicht die gute Idee eines anderen neu interpretieren? Kein Fotograf erfindet die Fotografie neu, sondern entwickelt Bestehendes weiter.
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