Siegen. Der Siegener Rapper Mohamed El-Chartouni steht selbst mit eigenen Songs auf der Bühne. Er weiß ganz genau worauf es bei einem guten Rap ankommt.
Wie wäre es einen Rap über die besinnliche Adventszeit zu schreiben? Aber passt das überhaupt zusammen? Mohamed El-Chartouni findet: Ja, auf jeden Fall.
Der Siegener Rapper
Noch ist es ruhig in der Blue Box in Siegen. Hier kommen Kinder und Jugendliche hin um gemeinsam abzuhängen oder kreativ zu werden. Mohamed El-Chartouni holt sich eine Tasse Kaffee und stellt sie auf den Tisch, sein Handy in der Hand. Der 35-Jährige ist Sozialarbeiter und arbeitet seit 2011 in der sozialen Einrichtung. Mohamed El-Chartouni ist es aber nicht nur wichtig, für Kinder und Jugendliche da zu sein, sondern auch Musik zu machen.
Sommer 2000: Er war mit seiner Klasse auf Abschlussfahrt in England unterwegs, als eine Mitschülerin auf ihn zu kam und ein Tape mit dem neuen Album von Eminem gab. „Ich habe das Album auf meinem Walkman rauf und runter gehört. ‘The Real Slim Shady’ war für mich der Song schlechthin“, sagt er.
Durch Eminem die Liebe zum Rap entdeckt
Das Album von US-Rapper Eminem hat er dann ein Jahr ständig gehört und so entwickelte sich seine Liebe zum Rap. „Es hat mich direkt fasziniert, wie viel man in nur einem Lied erzählen kann“, sagt Mohamed El-Chartouni. Ende 2000 fing er an, eigene Raptexte zu schreiben und 2005 gründete er mit neun weiteren Rappern aus Siegen eine Gruppe. Bald veröffentlichten sie ihre erste CD. Um aber den Lebensunterhalt mit Musik zu verdienen, reichte es nicht. Mit der Zeit suchten sich die Mitglieder der Gruppe andere Jobs. So auch Mohamed El-Chartouni, er studierte Soziale Arbeit.
Er hat aber nie mit der Musik aufgehört und brachte 2009 sein erstes Soloalbum auf den Markt. El-Chartounis Künstlername ist „B.E. – der Micathlet“. Der Musiker merkte schnell, dass sich Musik machen und Sozialarbeit gut miteinander harmonisieren lassen. Mohamed hat beide Komponenten miteinander verbunden und bietet seit 2007 mehrtägige Rap-Workshops für Kinder und Jugendliche an.
So schreibt man einen Rap
„Einen Song an einem Tag zu schreiben klappt nicht“, sagt der Rapper. Man solle sich Zeit nehmen, sich einen „Flow“ (Sprechrhythmus) und eine Inspiration in einem Beat (Musik mit Rhythmus) suchen. Für einen Rap braucht man also: Ein Thema, ein gutes Reimgefühl und einen Flow. „Bei der Themensuche ist es ganz leicht. Es muss etwas sein, was einen wirklich berührt oder interessiert“, sagt der 35-Jährige.
Das Thema: Es bestimmt den Rap-Flow und auch den Beat. Bei einem traurigen Thema sollte man einen langsamen, bei einem fröhlichen Thema einen schnelleren Beat wählen. Auf ein ein persönliches Thema folgt auch der persönliche Text, das komme ganz automatisch. Um einen ersten guten Raptext zu schreiben, empfiehlt El-Chartouni, dass man seine Geschichte, die man erzählen möchte, aufschreibt. Anschließend die wichtigsten Sätze raussuchen, um diese dann aufeinander zu reimen.
Kostenlose Beats gibt es auch YouTube
Der Beat: Wenn das Thema steht, muss der dazu passende Beat gesucht werden. „Ich habe schon seit zehn Jahren keinen eigenen Beat mehr gebaut. Ich habe Freunde, die das besser können als ich“, sagt Mohamed El-Chartouni. Für Anfänger empfiehlt er kostenlose Beats auf YouTube. Wenn man dann fortgeschrittener ist und sich seinen eigenen Beat bauen will, dann könne man sich auch das Programm „FL Studio“ runterladen, erklärt der Rapper. „Für den Anfang reicht es aber, sich einfach bei YouTube um zu sehen. Solange man nichts runterlädt und aufnimmt, kann man alle Beats dort gut verwenden“, sagt er. Unter dem Suchbegriff „freebeat“ findet man unzählige Rap-Beats. Wenn man zum Beispiel Fan des amerikanischen Rappers „Drake“ ist, kann man den Namen auch noch mit in die Suchleiste eingeben und findet Rhythmen, die an seine Musik erinnern.
Der Flow: „Wenn ich dann einen Beat gefunden habe, der mir zusagt und zu meinem Thema passt, fange ich an, den passenden Flow zu suchen“, sagt er. Der Flow ist die Rap-Melodie. In einem Song könnenganz viele unterschiedliche Flows vorkommen. So können die ersten acht Zeilen langsamer gerappt werden und die darauf folgenden dann schneller werden.
Das Reimen zeigt wie gut man rappen kann
Das Reimen: Es gibt ein Thema, den passenden Beat und einen Flow, mit dem man beginnen kann. „Es folgt das Reimen. Da zeigt sich ob man sein Handwerk als Rapper versteht“, sagt Mohamed El-Chartouni. Seine Augen strahlen, als er als Beispiel den Song „The Real Slim Shady“ von Eminem auf seinem Handy abspielt: „Das ist der beste Beweis dafür, dass Rap ein kompliziertes Handwerk ist. In diesem Song sind so viele Sinnebenen drin, das ist der Wahnsinn.“ Er schaut auf den Text, der während des Songs über den Display läuft und lächelt dabei.
Beim Rappen komme es nicht darauf an, dass sich einzelne Worte reimen, sondern Wortsilben. Den Reim zweier mehrsilbiger Wörter nennt man beim Rappen „Doppelreim“. Ein Beispiel: „Man hat mir gesagt ich soll nicht so viel Scheiße baun’, sonst liegt nachher nichts für mich unterm Weihnachtsbaum“. Es sei immer besser wenn sich so viele Silben wie möglich in zwei aufeinander folgenden Sätzen reimen. Auf das Wort „Laufband“ würde sich perfekt „Kaufland“ reimen. „Die ganz hohe Kunst im Rap sind Sätze, wo sich alle Silben auf den folgenden Satz reimen“, erklärt Mohamed El-Chartouni.
Der Siegener ist Teilzeit-Rapper
Es gibt außerdem noch das „Spitten“. Dabei werden Wörter oder Wortfolgen aufeinander gereimt, die fast identisch gesprochen werden, da sie teilweise das gleiche Buchstabenmaterial vorweisen. Dabei haben die Wörter aber nicht die selbe Bedeutung: Alte Reimer, Alter Eimer.
Mohamed El-Chartouni hat seine Tasse Kaffee ausgetrunken. Gleich muss er in der Blue Box arbeiten. Parallel veröffentlicht er seinen neuen Song „Recording“. Rapper kann halt auch ein Teilzeitjob sein.
Mehr Nachrichten, Fotos und Videos aus dem Siegerland gibt es hier.
Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook.