Hilchenbach. Hilchenbach bei der Regionale: Auf den Kulturellen Marktplatz folgt die Digitalisierung von Bergwerken.
Auf dem gerade aufgestellten Baustellenschild für den Kulturellen Marktplatz Dahlbruch erscheint noch der Hinweis auf die Regionale 2013, in deren Rahmen das Projekt entwickelt wurde. In Rat und Verwaltung ist der Blick auf die Regionale 2025 gerichtet: Hilchenbach, so hat es der Rat jetzt ein stimmig beschlossen, soll ein weiteres Mal dabei sein. Bis zum nächsten Frühjahr soll die Projektidee für die „Digitalisierung von Bergwerken“ so weit ausgearbeitet sein, dass sie den Regionale-Gremien vorgelegt werden kann – für den ersten von drei Qualifizierungssternen.
Die Idee
Rolf Golze, stellvertretender Vorsitzender des Vereins Altenberg und Stahlberg, verweist auf die gemeinsamen Forschungen mit der Archäologie des Landschaftsverbandes und dem Deutschen Bergbaumuseum Bochum. Sieben mittelalterliche Bergwerke wurden seit 2013 neu entdeckt. Es stehe fest, dass das Müsener Revier „eine sehr wichtige Bergbauregion des Hochmittelalters“ gewesen sei. Die Frage nach der Dokumentation der Erkundungen stehe nun an. Die bisher erstellten zweidimensionalen Karten und Pläne seien „für Laien wenig aussagekräftig“.
Erste Versuche
2017 kam die Verbindung mit einem Siegener Unternehmen zustande, das den dreidimensionalen Laserscan, wie Rolf Golze berichtet, „mal ausprobieren wollte“. Erstmals habe eine größere Grube komplett gescannt werden können, „das war damals das größte Scanprojekt in Deutschland". Innerhalb eines Tages hat der Scanner Millionen von Punkten aufgenommen, die auf dem Bildschirm neu zusammengesetzt werden: die Eisensteingrube Brüche mit Schacht, Dampfkesselraum, 500 Metern Strecke im Stollen und Kohlebunker. Auch einzelne Funde („Artefakte“) und Bauwerke wie der Fürsteneingang an der Müsener Hauptstraße wurden bei dieser Gelegenheit digital aufgenommen.
Inzwischen, so berichtet Rolf Golze, sind die Scanner kleiner, handlicher und auch schneller geworden, auch ein Film ist entstanden. „Das ist der Versuch, Geschichte zu dokumentieren, die in einigen Jahren nicht mehr zugänglich sein wird.“ Bereits jetzt seien nur noch zehn Prozent der Hohlräume unter der Martinshardt erfassbar, der Rest steht unter Wasser.
Der Nutzen
Die gewonnenen Daten seien nicht nur museal nutzbar, sondern nach entsprechender Aufbereitung auch für den Tourismus. Denkbar sei die digitale Rekonstruktion des Altenbergs, „man kann ganze Städte wieder entstehen lassen“, sagt Rolf Golze, „vandalismussicher“. Archäologen könnten mit dem Material arbeiten, ebenso Natur- und Artenschützer oder Geologen. Fledermäuse finden in Hohlräumen ein Zuhause, in den ehemaligen Bergwerken stauen sich regelrechte „unterirdische Talsperren“, und die Erdwärme ist eine weitere Energiequelle. Schulen bekommen Anschauungsmaterial, Denkmalpfleger für ihre Restaurationen Handlungsanleitungen. Denn die Funde würden digital „für alle Zeiten millimetergenau gesichert“. Anders als Hochbauten, die über die Zeit verändert würden, „sehen wir Bergwerke heute noch genau so wie die Leute vor 800 Jahren“, sagt Rolf Golze. Angeboten werde nicht weniger als die Reise in eine „Zeitkapsel“.
Die Umsetzung
Am Ende könnte unter anderem auch ein komplettes Silbererzbergwerk des 18. Jahrhunderts mit Abbauen, Stollen und Schächten für Besucher virtuell befahrbar gemacht werden. Einfach werde die Umsetzung des Vorhabens nicht, erforderlich sei eine sechsstellige Summe, schätzt Rolf Golze. So viel Zeit wie die Kulturelle Marktplatz werde dieses Vorhaben aber nicht brauchen: 25 Tage für die Scans und dann eben die Weiterverarbeitung der Daten. Zielmarke ist das 100-jährige Bestehen des Altenberg-und Stahlbergvereins, das 2025 gefeiert werden kann.
Erste Schritte
Beim Zukunftspreis des Kreises Siegen-Wittgenstein 2019 wurde das Müsener Projekt mit einem zweiten Platz ausgezeichnet.
Die Jahreshauptversammlung des Vereins Altenberg und Stahlberg hat einer Regionale-Beteiligung mit großer Mehrheit zugestimmt.
Die Bergbausiedlung Altenberg und das Stahlbergmuseum sind Erlebnisorte der Eisenstraße Südwestfalen.
Auch interessant
Die Südwestfalen-Agentur als Regionale-Koordinator hat allerdings die Messlatte für ein Regionale-Projekt noch ein Stück höher gelegt: Gefordert wird eine „digitale Strategie“ für das Stahlbergmuseum – Rolf Golze: „Deutschlands drittältestes Bergbaumuseum“ – eine Vision für die nächsten zehn Jahre und die Einbindung von Schulen, Vereine und interessierten Bürger im Sinne eines „Citizen Science Projekts“. „Dafür brauchen wir starke Partner“, ahnt Fachbereichsleiter Hans-Jürgen Klein, zum Beispiel die Südwestfalen IT und die Uni. Die Stadt selbst werde zumindest einen Stellenanteil in der Verwaltung bereitstellen müssen.
Die Hilchenbacher Politik reagiert begeistert. „Ein großartiges Projekt“, sagt Dr. Peter Neuhaus (Grüne). „Ich bin beeindruckt“, pflichtet André Jung (CDU) bei. „Das zeigt, wie digitale Technik geht“, sagt Andreas Bolduan (UWG), „das wird ein dickes Pfund, mit dem wir wuchern können“. „Das Mittelalter für die Zukunft erhalten“, gibt Ulrich Bensberg (UWG) als Motto aus, „das hat Strahlwirkung für ganz Hilchenbach.“
Mehr Nachrichten, Fotos und Videos aus dem Siegerland gibt es hier.
Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook.