Das Thema „Wohnraum in Siegen“ erhält die zweitschlechteste Note überhaupt in unserem Heimat-Check. Wie steht die Politik dazu?

Im Frühjahr haben Leserinnen und Leser dieser Zeitung den Heimat-Check gemacht und ihrer Stadt ein Zeugnis ausgestellt. Wir haben die lokale Politik mit den Ergebnissen konfrontiert und um Stellungnahmen gebeten – diesmal geht es um das Thema „Wohnraum in Siegen“. Mit Ausnahme der AfD haben alle Ratsfraktionen geantwortet.

Mit einer Durchschnittsnote von 4,00 erreicht das Thema den zweitschlechtesten Wert über alle 14 Fragen und alle acht Siegerländer Kommunen hinweg. Mit 4,08 schneidet lediglich der Nahverkehr in Siegen noch mieser ab. Rosig sieht es wohnraummäßig aber auch in den anderen Städten und Gemeinden nicht aus: Die beste Note erhält Hilchenbach mit 3,39. Woran liegt das durchwachsene Ergebnis in Siegen? Und was ist dagegen zu tun?

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Jens Kamieth, CDU: Die Menschen wollen hier bauen – aber es fehlt an Flächen

Diese Note kann ich in Bezug auf das Thema Baulandangebot nachvollziehen. Durch die niedrigen Zinsen können sich derzeit so viele Menschen wie nie zuvor den Traum vom Eigenheim erfüllen. Gleichzeitig bekommen wir die Rückmeldung, dass sich Siegen positiv verändert hat und die Menschen hier bauen wollen. Sie können dies aber in der Regel nicht, weil Baulücken nicht veräußert werden. Und neue Baugebiete fehlen noch. Was den Wohnungsmarkt angeht, so gibt es in bestimmten Bereichen der Stadt eine starke Nachfrage. Dies trifft aber nicht überall zu. Für mich zeigt das Ergebnis, dass wir mit unserem Wohnbauflächenkonzept auf dem richtigen Weg sind. Die Menschen möchten in Siegen dauerhaft bleiben.

Detlef Rujanski, SPD: Mangel vor allem in der Stadtmitte

Die schlechte Benotung ist berechtigt. Wir haben einen Mangel an preisgünstigen Wohnungen für Familien, Senioren und Studierende – gerade in der Stadtmitte. Auch fehlen Sozialwohnungen für Geringverdienende. Dies liegt daran, dass unsere Stadt dank der Universität in den letzten zehn Jahren um rund 3000 Einwohner*innen gewachsen ist, der Wohnungsmarkt jedoch nicht. Die Anzahl der Sozialwohnungen ist sogar zurückgegangen. Die Siegener SPD möchte neuen Wohnraum schaffen, indem Baulücken geschlossen, neue Wohnbaugebiete ausgewiesen und der Sozialwohnungsbau gefördert werden. Die städtische Kommunale Entwicklungsgesellschaft (KEG) wollen wir in die Lage versetzen, aktiver auf dem Wohnungsmarkt tätig zu werden.

Michael Groß, Grüne: Lücken schließen und selbst gesetzte Quoten erfüllen

Der Wohnungsmarkt in Siegen ist angespannt. Es fehlt an bezahlbarem Wohnraum. Es ist eine Herausforderung, gleichzeitig neuen und auch günstigen Wohnraum zu schaffen und andererseits nicht weitere ökologisch wertvolle Flächen zu vernichten. Unsere Lösung:

1. Baulücken schließen;

2. die im Baulandkonzept aufgeführten Flächen prüfen und nur ökologisch verträgliche, kleine Gebiete neu erschließen;

3. Umsetzung des Ratsbeschlusses, nachdem 25 Prozent der Neubauflächen für den sozialen Wohnungsbau bereitgestellt werden müssen;

4. Darstellung und Bewertung der klimapolitischen Auswirkungen.

Hans Günter Bertelmann, UWG: Zentrale Aufgabe angesichts immer mehr Studierender

Die UWG Siegen kann die Bewertung der Umfrage–Teilnehmer nachvollziehen. Günstiger Wohnraum wird – insbesondere bedingt durch die große Anzahl von Studierenden und eine weiterhin hohe Anzahl unterzubringender Flüchtlinge – in Siegen kaum angeboten. Hierfür muss auch die KEG als städtische Wohnungsbaugesellschaft endlich mehr Sozialwohnraum schaffen. Die Universität Siegen zieht aber von Jahr zu Jahr mehr Studierende an. Deshalb ist die Schaffung von ausreichend Wohnraum eine zentrale Aufgabe. Hierfür ist die Fortschreibung des Wohnbaulandkonzepts notwendig, wobei nachhaltiger Schutz großer Erholungsflächen in der Stadt Siegen berücksichtigt werden muss.

Klaus Volker Walter, FDP: Mehr Bauland – und ein Gebiet für Tiny Houses

Bauland ist zu teuer in Siegen. Das spüren Hausbauer ebenso wie Mieter. Wir wollen aber, dass Siegenerinnen und Siegener in Siegen wohnen bleiben können, wenn sie wollen. Deswegen ist der Weg unseres Wohnbaulandkonzeptes in Siegen richtig, zweieinhalb Dutzend Flächen inklusive Giersberg und Wellersberg zu untersuchen, ob dort Wohnen realisiert werden kann. Übrigens wollen wir auch ein Gebiet für Tiny Houses ausweisen. Was wir nicht wollen ist exzessiver Flächenfraß. Auch die Bauvorschriften sollten entschlackt werden – Regeln ja, aber mehr Freiheit, wo es eben geht.

Silke Schneider, Die Linke: Bezahlbarer Wohnraum ist sehr schwer zu finden

Hierzu teilen wir den Unmut vieler Bürgerinnen und Bürger voll und ganz. Insbesondere bezahlbarer Wohnraum ist sehr schwer zu finden und müsste dringend geschaffen werden. Was das Angebot im oberen Preissegment angeht, sehen wir das anders. Das Problem sehen wir darin, dass private Investoren meist nicht bereit sind, in Sozialwohnungsbau zu investieren. Daher möchte ich auf unseren Antrag in der Ratssitzung vom 6. Mai verweisen, wo wir neben einem Sachstandsbericht die Stadt aufgefordert haben, über die KAG Sozialwohnungen zu schaffen und selbst zu vermieten. Wie recht wir mit unserer Einstellung haben, zeigt der Sachstandsbericht aus der Ratssitzung vom 24. Juni. Wir werden auf jeden Fall am Ball bleiben.

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