Siegen. Die Siegener Roman Mengel und Marijo Boskovic machen als Tashenknall seit 1997 Musik. Echter Hip-Hop aus der Oberstadt
„Oberstadtstyle, sowas kann man nicht kaufen“, rappt Marijo „Don Bosko“ Boskovic im Song „Molli“ des Siegener Hip-Hop-Duos „Tashenknall“. Er und sein kongenialer Partner Roman „Mike Meister“ Mengel sind Urgesteine der lokalen Rapszene. Seit 1997 machen die beiden gemeinsam Musik. Angefangen hat alles mit einer Wohngemeinschaft – natürlich in der Oberstadt.
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Ursprung in der Siegener Oberstadt
„Hier ging es los“, sagt Marijo Boskovic. Er sitzt auf dem Sofa in eben jener Wohnung, die er einst mit Roman Mengel bezog und in der Tashenknall entstand. Irgendwann zogen die beiden aus, irgendwann später zog Mengel wieder ein – eine Freundin hatte zufällig genau dort einen Besichtigungstermin vereinbart. Eine der vielen runden Geschichten in der Historie der Hip-Hopper.
Rund fing es auch an. Beim Basketballspielen lernten sich Mengel und Boskovic kennen, hatten sonst zunächst nichts miteinander zu tun. „Mach den Molli – Jumpshot“ , „Slamdunk“, „Rebound“. Reminiszenzen an den Sport, der wie der Hip-Hop seine Wurzeln in den vereinigten Staaten hat, finden sich auch heute noch in den Texten von Tashenknall. Zufällig suchten beide zur selben Zeit eine Wohnung. Als sie dann zusammenzogen, sagten sie sich: „Wenn, dann machen wir auch Musik“.
Verschiedene Richtungen treffen in Siegen zusammen
Und davon machten sie viel in ihrer „Findungszeit“. Beide liebten die Musik, kamen aber aus unterschiedlichen Richtungen. „Mario hat Techno gemacht“, erzählt Roman Mengel. Boskovic hatte sogar schon einen Label-Vertrag hinter sich, galt als Geheimtipp in der Szene. Mit der kommerziellen Entwicklung des Techno wollte er aber nicht mitgehen. „Roman war die Gitarrenfraktion“, scherzt Boskovic. „Ich war immer Musik-Fan“, ergänzt Mengel. Zahlreiche Schallplatten, Musikinstrumente und Accessoires, wie ein lebensgroßer Elvis-Aufsteller in seiner Wohnung, zeugen davon. „Hier stehen lauter Instrumente rum, ich kann keine bedienen“, sagt Mengel lachend. Im Gegensatz zu vielen chronisch bescheidenen Musikern, die Ähnliches behaupten, sei das bei ihm die reine Wahrheit.
Breakbeats waren die musikalische Schnittmenge, Gesellschaftskritik die inhaltliche. Mengel und Boskovic probierten aus, welcher Sound dabei herauskommt. „Der Mann, der sich unser Manager nannte“, so Mengel, habe das Ergebnis „gut genug“ gefunden. Deshalb wurde dieser Entstehungsprozess die erste Platte.
Auftritte in Siegen und Umgebung
Damit brauchte das Kind auch einen Namen. Tashenknall sollte auf der einen Seite eingängig und unverwechselbar sein. Auf der anderen Seite ist die Schreibweise eine Würdigung der englischsprachigen Wurzeln des Rap. Das ist den beiden Musikern wichtig. Man dürfe nicht vergessen, dass Hip-Hop eigentlich schwarze Musik sei, sagt Boskovic. „Es ist eine Kultur, die einem nicht gehört“, sagt Mengel. In Hachenburg hatte Tashenknall den ersten Auftritt. Zwei weitere Rapper und ein DJ gehörten damals ebenfalls zur Formation. Jeder, der etwas beitragen wollte, ist bei Tashenknall willkommen. Das sei in der ganzen Zeit ihre Philosophie gewesen, sagt Mengel.
Wo es die Musik zu hören gibt
Vier Tracks von Tashenknall gibt es aktuell auf Spotify und Bandcamp zu hören, auf Soundcloud finden sich auch ein paar ältere Tracks.
Wer physische Tonträger des Hip-Hop-Duos erwerben möchte, kann sich auch auf Facebook an das Siegener Label Transit Records wenden.
Ohne jegliche Erfahrung stand Tashenknall direkt einem großen Publikum gegenüber – als vorletzter Act, vor einer damals durchaus erfolgreichen „Band mit Videos und so“. Im Backstagebereich sei die Aufregung ohnehin schon groß gewesen. Dann schauten die Musiker durch den Vorhang und sahen eine volle Halle mit etwa 700 Zuhörern. „Dafür hat es gut funktioniert“, sagen die beiden im Rückblick. So gut, dass eine ganze Reihe weiterer Auftritte folgte. „Wo man auftreten kann, sind wir auch aufgetreten“, sagt Marijo Boskovic. Vor allem in der Region, aber auch darüber hinaus. Und „auswärts waren die geilsten Sachen“.
Corona stoppt Auftritte
Ohne, dass die Band sich auflöste, gab es ab 2005 eine Pause. Für Marijo Boskovic standen Familiengründung und Umzug an. Aus der Pause wurden fast zehn auftrittsfreie Jahre. Irgendwann wurde Mengel wieder angesprochen, vom ehemaligen Besitzer des Vortex, der bei seinem Abschied befreundete Musiker und Wegbegleiter auftreten lassen wollte. „Ich frage Marijo mal“, sagte Roman Mengel, in der Erwartung, dass dieser absagen würde. Tat er nicht. „Meine größte Sorge war, 45 Minuten zu überstehen“, verrät Mengel. Doch der Auftritt wurde ein Erfolg und trat einen neuen Hype in der lokalen Musikszene los. „Seitdem werden wir immer mal gefragt“, erzählt Mengel – „wir suchen nicht“. Der neuerliche Siegeszug durch die lokalen Veranstaltungsstätten wurde erst durch Corona gestoppt.
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Quarantäne-Video aus Wohnung in Siegen
Nicht jedoch die Kreativität. Neue Songs haben Mike Meister und Don Boskovic natürlich auch produziert – und noch einiges in Planung. „Die Sozialkritik war immer da“, sagt Roman Mengel. Ansonsten verarbeiten die beiden in ihren Songs unterschiedlichste Themen, „Sachen, die uns gerade bewegen“. Oft humorvoll, nie unter der Gürtellinie. „Deine-Mutter-Sprüche könnten wir auch“, sagt Mengel, „aber die langweilen mich seit 2000“. Bei ihrer Musik und ihren Texten lassen sich Mike Meister und Don Boskovic nicht reinreden. Vielleicht ist das ein Grund, warum sie seit über 20 Jahren eher unterm Radar fliegen. Aber mit Sicherheit ist es auch ein Grund, warum ihre Musik relevant ist und ihrer Zeit voraus. Davon zeugen die Aufnahmen von 1997. Und davon zeugt „Molli“ aus 2020, das Mengel und Boskovic mit einem Quarantäne-Video veröffentlicht haben. Noch bevor zahlreiche namhafte Bands diesem Trend ebenfalls gefolgt sind. Und natürlich in einer gewissen Wohnung in der Siegener Oberstadt.
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