Wilnsdorf. Die Gemeinde Wilnsdorf schafft seit 2019 bewusst Lebensraum für Insekten. Nachsicht ist erwünscht: Schön sieht das Ergebnis nicht unbedingt aus

In scheinbar wildem Durcheinander recken sich Kornblume, Margeriten und Spitzwegerich direkt neben dem Gehweg der Sonne entgegen. Was aussieht wie mangelnde Grünflächenpflege, ist tatsächlich pure Absicht und ein Beitrag zum Umweltschutz: Mit den blühenden Wegesrändern und Wiesenflächen will die Gemeinde Wilnsdorf wertvollen Lebensraum für Hummel, Biene und Co. schaffen, denn die Insekten finden immer weniger naturbelassene Flecken.

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Heimisches Saatgut für Siegerländer Boden

Um auch wirklich nachhaltige Ergebnisse zu erzielen, hat die Gemeinde Wilnsdorf schon im vergangenen Jahr einen Feldtest gestartet und verschiedene Saatgutmischungen an unterschiedlichen Standorten in Anzhausen, Obersdorf und Wilnsdorf ausprobiert. Für eine erste Zwischenbilanz nahmen kürzlich Wilnsdorfs Bürgermeisterin Christa Schuppler und Dipl.-Ing. Martin Jünger die Versuchsflächen in Augenschein. Jünger, im Wilnsdorfer Rathaus unter anderem für das Thema Landschaftspflege zuständig, blickt ins Frühjahr 2019 zurück: „Wir wollten zunächst an ausgewählten Stellen Erfahrungen sammeln, bevor wir weitere Flächen einsäen“. Denn wie jeder Gärtner weiß, gedeiht nicht jede Pflanze an jedem Standort. „Nur wenn wir dauerhafte, stabile und artenreiche Blühflächen anlegen, bringt das auch einen wirklichen Nutzen für Natur und Landschaft“, ist sich Jünger sicher.

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Deswegen wurden in einem ersten Schritt zwei mehrjährige regionale Saatgutmischungen auf deren Reaktion auf das heimische Klima und die Siegerländer Bodenverhältnisse getestet. Wie Martin Jünger erklärt, sind dabei besonders das zweite und dritte Jahr nach der Aussaat spannend, da dann die Entwicklung der Pflanzenbestände sichtbar wird: „Einige Pflanzen, die noch im ersten Jahr besonders stark geblüht haben, sind in der Folge möglicherweise schon verschwunden, während andere Pflanzen erst im zweiten oder dritten Jahr so richtig in Erscheinung treten“.

Ehrenamtliches Engagement in Wilnsdorf

Diese Erfahrungen wurden auch auf den Testflächen gesammelt, so dass im Frühjahr 2020 weitere Flächen in Wilden und Rudersdorf angelegt werden konnten, unter Verwendung einer zusätzlichen Saatgutmischung aus der Region. Bürgermeisterin Christa Schuppler weiß zu berichten: „Auch hier überwiegend in Zusammenarbeit mit Bürger- und Heimatvereinen sowie anderen Gruppen, die sich für die Allgemeinheit einsetzen, und uns bei der Anlage und Pflege tatkräftig unterstützen“, lobt sie das ehrenamtliche Engagement in der Gemeinde.

Dramatischer Rückgang

Eine Studie des NABU von 2017 zeigt, dass die Biomasse an Fluginsekten in Schutzgebieten Nordwestdeutschlands in 27 Jahren um mehr als 75 Prozent zurückgegangen ist.

Mehr Wissenswertes ist unter www.wilnsdorf.de/insektenschutz.

Der kommunale Insektenschutz beschränkt sich aber nicht nur auf das Anlegen blühender Wiesenflächen. Auch beim Mähen wird mittlerweile anders gehandelt, um natürlichen Lebensraum für Insekten zu erhalten und zu entwickeln. „An geeigneten Stellen mähen wir nur einmal im Jahr und dann auch möglichst spät, damit viele Samen ausreifen und den Bestand für das nächste Jahr sichern können“, berichtet Jünger.

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Darüber hinaus verbleibt das Mähgut anschließend einige Tage auf der Fläche, damit auch die letzten Samen nachreifen und ausfallen können. Erst dann wird das Mähgut abgeholt, damit es nicht weiter zur Düngung der Flächen beiträgt, denn magere Böden sind eine wichtige Voraussetzung für blühfreudige und artenreiche Pflanzengesellschaften. „Wir gestatten der Natur, sich so selbst zu regenerieren, auch wenn das naturbelassene Erscheinungsbild einigen Passanten vielleicht nicht so gefällt“, bittet die Bürgermeisterin um Verständnis.

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