Siegen. 88 Tage lang musste die Philharmonie Südwestfalen stumm bleiben – jetzt gibt sie wieder Konzert im Siegener Apollo.
Voll war`s im Apollo. Alle Sitze des reduzierten Platzangebots belegt. Das Theater- und Musikleben beginnt wieder zu sprießen. Denn die erzwungene Pause war lang, wie Landrat Andreas Müller, Vorsitzender des Trägervereins Philharmonie Südwestfalen, eingangs betonte.
Nach dem Lockdown am 9. März keine Proben mehr und 38 ausgefallene Konzerte: Die Musiker blieben zu Hause, hielten sich dort musikalisch fit… und warteten. Dass nun, genau 88 Tage danach, das Konzertleben wieder startet, zeigt, welche Qualitäten die Philharmoniker und ihr Chef Nabil Shehata haben. Mit 24 Streichern zwar nur – die Bläser dürfen noch nicht dabei sein -, aber einem Programm, das die Musikfreunde überrascht und begeistert.
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Ein Ohrwurm von Bach als Zugabe
Fangen wir mit der Zugabe an: Johann Sebastian Bachs „Air“ aus der Suite Nr. 3. Einer seiner musikalischen Geniestreiche und ein Ohrwurm der Klassik. Alle dynamischen Abstufungen zwischen federleichtem Pianissimo und kraftvollem Fortissimo auskostend werden die Streicher zu Streichlern ihrer Instrumente. Und die drei Tieftöner legen mit ihren gezupften Bässen und mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks einen flauschigen Klangteppich.
Nicht zuletzt sind es Kombinationen, die einem Konzert die besondere Würze geben. Und da haben die Philharmonie-Verantwortlichen als Einstieg Edvard Griegs „Aus Holbergs Zeit“ gewählt, eine musikalische Verneigung vor Schriftsteller Ludvig Holberg, auch „Moliere des Nordens“ genannt, aus Anlass seines 200. Geburtstags. Ein fünfsätziges Werk, ganz ohne Pauken und Trompeten, mal expressiv, mal unaufgeregt impressionistisch. Und manchmal meint man Verweise auf andere große Komponisten zu hören, ein Air nach dem Vorbild Bachs, barocke Tanzformen und ein Vivaldi-haftes Finale voller Schwung und Rhythmus.
Glänzend aufgelegtes Ensemble
Ganz anders das Adagio für Streicher des Belgiers Guillaume Lekeu. Ruhig, einem gemächlich dahinfließenden Strom gleichend entwickelt sich die Melodie und erzeugt eine meditative Stimmung von unaufgeregter Ruhe. Schön, dass Publikum und Musiker die Möglichkeit bekommen, einen weitgehend unbekannten Tonschöpfer kennenzulernen.
„Der Kerl hat mehr Ideen als wir alle.“ Dieses Kompliment aus dem Munde des Kollegen Johannes Brahms beschreibt die Vielseitigkeit der Kompositionen von Antonín Dvořák. Mal klangvolle Harmonien, mal wienerisch angehaucht, kleine Verweise zum englischen Musikstil, vor allem aber slawischer Pfeffer. Dvořáks Serenade Op. 22 E-Dur hat alles, was das Publikum gerne hört, es unterhält und optimistisch stimmt. Noch dazu, wenn die Spielfreude eines glänzend aufgelegten Ensembles und das inspirierende Dirigat des Orchesterchefs Nabil Shehata über den Bühnenrand ins Publikum springt.
Die nächsten Konzerte der Philharmonie Südwestfalen im Apollo sind am Freitag und Samstag, 19. und 20. Juni, jeweils um 17 und 20 Uhr.
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