Hilchenbach. Archäologen der Uni Marbutg sind in Hilchenbach. Sie erkunden das Umfeld der Ginsburg. „Nicht invasiv“ und „mikrochirurgisch“.
Sie messen Magnetfelder. Schicken Strom durch den Boden und messen den Widerstand, auf den er trifft. Und sie fahren mit der Antenne des Georadar über das mit einem Raster überzogene Feld, registrieren, wie Wellen reflektiert oder gebrochen werden.
„Nicht invasive Archäologie“ nennt Prof. Dr. Felix Teichner das, was er in dieser Woche mit acht Studierenden rund um die Ginsburg unternimmt. „Wir schauen uns erst einmal vorsichtig den Boden an“, sagt der Wissenschaftler von der Marburger Uni. Gegraben wird dann später. „Mikrochirurgisch.“
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Die Vorburg: Eine neue Entdeckung
Und graben werden der Professor und seine Studierenden im späteren Sommer hier tatsächlich. Denn sie sind fündig geworden: Vor der Ginsburg, die in den 1960er Jahren auf Ruinen neu gebaut wurde, liegen einen halben Meter unter der Erde ziemlich unberührt Reste der Mauer und des Turms einer Vorburg. Das, so Felix Teichner, deute darauf hin, dass auf der Ginsburg im späten Mittelalter eine Menge mehr los war als bisher angenommen. Die bewohnte Vorburg könnte auch als Marktplatz gedient haben, die Ginsburg hätte dann so etwas wie eine „zentralörtliche Funktion“ gehabt, „auf niedrigem Niveau“.
Geschossspitzen und Musketenkugeln, Münzen und Keramik könnten die Archäologen jenseits der Burgmauer finden. Felix Teichner rechnet mit einer ergiebigen Suche: „Es gab ja damals keine Müllabfuhr.“ Die Funde werden bestätigen, was sich bei der Entdeckung der Bastion beim Ginsburg-Wiederaufbau schon andeutete: Die Blütezeit ist irgendwo im 15. Jahrhundert oder noch später anzusiedeln – jedenfalls als es schon Distanzwaffen gab und nicht mehr Ritter mit dem Dolch aufeinander losgingen.
Für Besucher erfahrbar machen
„Wer hat hier gelebt, wie haben die gelebt?“ Da fragt Dieter Viehöfer, Vorsitzender des Vereins zu Erhaltung der Ginsburg, der die Uni-Archäologen eingeladen hat – sozusagen zur Spurensicherung, bevor der Ausbau zur barrierefreien Höhenburg beginnt. Felix Teichner freut sich, dass Zeit für die Grabungen und damit auch für den Einsatz der Studierenden ist. „Hier können Sie noch viele Jahre buddeln“, sagt Markus Völkel, stellvertretender Vorsitzender des Ginsburg-Vereins. Vielleicht wird sogar der geplante Rundweg um die Burg so gelegt, dass die Ausgrabungen sichtbar bleiben. „Wenn man will, kann man das für die Besucher erfahrbar machen.“
Der Kulturraum: Auch Wehbach gehört dazu
Die „geophysikalische Prospektionskampagne“ – so der wissenschaftliche Titel des Vorhabens – umfasst den ganzen Kulturraum um die Ginsburg. Dazu gehören neben der Vorburg, auf deren Fläche später ein Besucherpavillon errichtet wird, die Schanze als ehemalige Grenzbefestigung zwischen Siegerland und Wittgenstein, unweit der Rangerstation Hofginsberg, und die Wüstung Wehbach, die sich auf der heutigen Alten Mühlwiese unterhalb des Hotels Ginsberger Heide befand.
Die Wehbacher Kirche von 1319 haben sie nicht gefunden, wohl aber einen Hausgrundriss. Mit Hilfe der Geomagnetik, sagt Professor Teichner, „sieht man abgebrannte Fachwerkhäuser immer sehr gut.“ Viel mehr wird aus Wehbach nicht herauszuholen sein, glaubt Teichner: „Das Gelände ist schon sehr stark überprägt.“ Soll heißen: Hier haben andere schon zu viel gegraben.
Arbeiten beginnen demnächst
Die Ginsburg wird als „barrierefreie Höhenburg“ zukunftsfest gemacht.
Ein Historiker, der das Projekt begleiten soll, wird in der nächsten Woche beauftragt. Weiterer Schritt wird die Auftragsvergabe für die Sanierung des Fachwerkhauses. Außerdem soll der Bauantrag für den Besucherpavillon gestellt werden. „Ideal“, so Markus Völkel, wäre die Herstellung der Bodenplatte noch im Herbst.
Für das Museum im Bergfriede hat der Ginsburgverein einen Wettbewerb ausgeschrieben. 20 Anfragen für eine Teilnahme gab es. Anfang Juli wird das Preisgericht zwischen drei Finalisten zu entscheiden haben.
Bilder, Modelle und Funde fürs neue Museum
Die Daten der Messungen verdichtet der Rechner zu Punktwolken, die zu Bilden weiterverarbeitet werden. Zweidimensionale Karten und – auch mit Unterstützung von Drohnenaufnahmen des Geländes – dreidimensionale Modelle machen das, was hier war, wieder sichtbar: „Die Burg verständlich machen", nennt das der Archäologe, der sich der Geschichte so ganz anders nähert als der Historiker, der nur Schriftstücke analysiert.
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Der Ginsburgverein wird von beiden Disziplinen profitierten: Karten, Modelle und auch Funde, die schon beim Bergfried-Aufbau gesichert wurden, können Teil der Ausstellung im künftigen Pavillon und der musealen Präsentation im Turm werden.
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