Siegen/Hilchenbach. Ein Pfingsten ohne Kultur Pur: Was machen die Macher in diesem Jahr? Und was geht ihnen durch den Kopf?

Am Samstagabend wäre Suzi Quatro gekommen, am Sonntag die Spider Murphy Gang, am Montag Mark Forster. Stell dir vor, es ist Pfingsten – und kein Kultur Pur. Für eine ganze Generation war das undenkbar. Bis Corona kam. Was machen eigentlich die Menschen, für die das Festival auf dem Giller Teil ihres Berufs ist?

Viel Arbeit

„Das ist schon ein komisches Gefühl“, sagt Jens von Heyden, der auf dem Giller dabei ist, seit es Kultur Pur gibt – in diesem Jahr wäre es das 30. Mal gewesen, erst als Technikchef, dann als Organisationsleiter, seit 2018 als Festivalchef: „Ich werde am Wochenende einfach mal für einen Nachmittag hochfahren.“ Dass er das Programm nahezu komplett nach Pfingsten 2021 retten konnte, freut den Leiter des Kulturbüros. Sowieso. Aber auch, weil an anderer Stelle dringend benötigte Arbeitskapazität frei wird. „Die Lage ist im Moment noch besorgniserregend“, sagt Jens von Heyden – vor allem mit Blick auf die freien Kulturanbieter. „Man hält das eine gewisse Zeit durch, aber ab dem Sommer wird das sehr kritisch.“ Ein besonderer Blick gilt den Clubs und anderen Locations: Wenn es die nicht mehr gibt, brechen für freie Künstler Auftrittsmöglichkeiten weg. Öffentliche Spielstätten wie im Lyz sind da noch auf einer sicheren Seite, solange nicht um den nächsten Haushalt gerungen wird. Aber mit 40 zugelassenen Zuschauern im großen Schauplatz, sagt Jens von Heyden, „lässt sich ein Betrieb nicht wirtschaftlich führen.“

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Viele Filme

Ralf Gerecht ist der Dienstälteste im Kulturbüro, wo er direkt nach dem Studium angefangen hat. Die Werbung und die Online-Medien sind sein Thema. „Ein Leben ohne Kultur Pur ist möglich, aber sinnlos.“ Den Spruch ließ er sich einmal in dem Mund legen. Und jetzt? „Total komisch. Wir werden auf jeden Fall eine Fahrradtour da hoch machen.“ Ansonsten findet Pfingsten im eigenen Garten statt, Mit viel Besuch, immer im erlaubten Rahmen, der die Videos vom Festival vorgeführt bekommt, die an diesem Wochenende auch im Netz Premiere haben. Draußen sein geht ja – bei dem Wetter.

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Viele Gedanken

Patrick Zöller, heute stellvertretender Leiter des Kulturbüros, ist seit 16 Jahren dabei. Irgendwann an Pfingsten, sagt er, „werde ich ein bisschen gedankenverloren über das Gelände schlendern und daran denken, was sich hier schon alles abgespielt hat“. Und 2021 abspielen wird. Patrick Zöller ist für den Umsonst-und-draußen-Teil des Festivals zuständig. Von den etwa 15 Acts, die er für die Heide gebucht hat, haben noch längst nicht alle für das nächste Jahr zugesagt. „Viele wissen nicht, ob sie ihren Betrieb dann überhaupt noch haben.“ Mit Unbekannten versehen ist auch die Planung für das Literaturfestival Vielseitig, dass eigentlich im Herbst ansteht. Sicher, sagt Patrick Zöller, man kann mit kleinem Publikum in einen großen Saal gehen und alle Abstände einhalten. „Es ist nur die Frage, ob man die Veranstaltung in so einer Atmosphäre dann überhaupt noch will.“

Kultur Pur – auch @home

Bis Montag, 9. Juni, stehen die Fotowände mit Impressionen von 29 Festivals auf der Ginsberger Heide. Zu jedem Kultur Pur gibt es Fotos, das Plakat von Uli Bender und die Liste aller Künstler, die dabei waren.

Verbunden mit der Ausstellung ist ein Wettbewerb: Wer die mit Bild dargestellten Künstler erkennt und dies bis zum 15. Juni an i mitteilt, kann ein Ticket für KulturPur30 an Pfingsten 2021 gewinnen.

Alle Festivaldokumentationen der vergangenen Jahre gibt es zum ersten Mal auch als Video-Streams. Wer auf kulturpur-festival.de zu der Plakatwand scrollt und ein Plakat anklickt, wird auf Youtube zum passenden Film für das ausgesuchte Jahr geführt. Insgesamt können so 17,5 Stunden Kultur auf den Monitor geholt werden. Die Videos werden am Samstag, 30. Mai, freigeschaltet und sind nur bis Pfingstmontag, 1. Juni, zu sehen.

Viele Karten

Christel Hellermann hat seit 28 Jahren zum ersten Mal an Pfingsten frei. Die Herrin über alle Eintrittskarten wird jeden Tag unsanft an das erinnert, was nicht mehr stattfinden darf: Die Reservierungslisten kommen einfach automatisch. Umtauschen ist kaum ein Thema, berichtet sie: „Viele behalten ihre Karten fürs nächste Jahr.“ Alle anderen hat sie schon umgebucht, gleiche Reihe, gleicher Platz. Klar, auch sie macht den Ausflug auf die Heide, auf der die weißen Zelttheater nicht stehen – eine Fahrradtour, „mit einem kleinen Schlenker, und dann geht’s ganz schnell weiter.“

Viel – gar nichts

Andreas Schmidt, der Pressechef von Kultur Pur, ist nicht im Büro. Er macht, einmalig in seinem Berufsleben, an Pfingsten Urlaub.

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