Siegen. In Siegen bringt die Aussage eines ehemaligen Bewohners im Burbach-Prozess den Oberstaatsanwalt auf die Palme. Der Zeuge kann sich kaum erinnern

Trotz des sonnigen Wetters kracht es am Mittwochmorgen im Hüttensaal der Siegerlandhalle bei der Verhandlung des Burbach-Prozesses einmal kräftig. „Sie hören mir jetzt zu“ ruft Oberstaatsanwalt Christian Kuhli mit sich überschlagender Stimme ins Mikro und übertönt einen ständig weiterredenden Zeugen. Die Worte „Beeinflussung“ und „Einschüchterung“ fallen, „Sie verlieren hier gerade die Nerven“, wird Kuhli vorgeworfen, bis die Vorsitzende für Ruhe sorgt.

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Nur einer von zwei Zeugen erscheint in Siegen

Zwei Zeugen sind an diesem Verhandlungstag in Siegen geladen, von denen nur der eine kommt, mit Verspätung. Immerhin hatte er aus dem Zug angerufen. „Der 37-jährige Mann aus Leverkusen war 2014 „einen Monat, oder 36 Tage“ in Burbach gewesen, kann sich ansonsten allerdings an kaum etwas erinnern. Was immer die Security „oder auch die Polizei“ getan hätten, das sei schon richtig gewesen. Wie sonst sollten Diebstähle, Gewalt und ähnliche Dinge geahndet werden, wenn nicht auch mit einsperren, findet der Mann.

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Zunächst versichert er sich allerdings: „Ich bin nicht angeklagt?“ Was natürlich verneint wird. Er selbst hatte seinerzeit der Polizei berichtet, mit einigen Nordafrikanern ins „Problemzimmer“ gekommen zu sein, weil diese geraucht hatten und er im gleichen Raum war. Im Zeugenstand fällt ihm das Erinnern schwer. Der Zeuge braucht etwas Nachhilfe der Vorsitzenden, damit er sich überhaupt auf den Vorgang und das „PZ“ besinnt.

Burbacher Wachleute forderten stärkeres Durchgreifen

„Die Security hat mich nie geschlagen“, betont er. Damals hat er bei einer Wahllichtbildvorlage einen Mann als „Chef der Security“ bezeichnet, den er später noch einmal in Siegen als Maler bei der Arbeit getroffen haben will. „Jede Schicht hatte einen Chef“, schränkt er nun ein, identifiziert auch im Saal einen Angeklagten, will aber nicht mehr sicher sein, ob es der gleiche ist, wie damals. Das ist es unter anderem, was Kuhli so auf die Palme bringt.

Verfahren mit Hindernissen

Der Angeklagte K. ist wegen seiner langen Anfahrt aus Mitteldeutschland mehrfach verspätet oder gar nicht gekommen. Auch an diesem Tag erscheint er eine Viertelstunde zu spät.

Das Verfahren war zuletzt Anfang März durchgeführt worden, bevor es wegen der Corona-Pandemie unterbrochen wurde. Weiter geht es am Freitag, 5. Juni, um 14 Uhr.

Als der Zeuge entlassen wird, wirkt er fast enttäuscht: „Soll ich nicht weiterreden?“ „Was denn. Es sei denn, Ihnen wäre noch etwas Wichtiges eingefallen“, fragt Elfriede Dreisbach. Da geht der Mann lieber. Zuvor wurden diverse Dokumente in Augenschein genommen, unter anderem der Brief, mit dem mehrere Wachleute vom Einrichtungsleiter stärkeres Durchgreifen verlangten.

Nebenprozess im Siegener Gericht

Nach kurzer Pause und dem Wechsel ins Gerichtsgebäude geht um 14 Uhr im Saal 165 auch der „Ableger“ des Burbach-Prozesses gegen den Wachmann K. weiter. Ein Polizist sagt zu einem der Fälle aus, in denen K. an der Verlegung eines Bewohners ins „Problemzimmer“ beteiligt gewesen sein soll. Er hat den Betroffenen vernommen, der nach einem Streit mit einem Sozialbetreuer über eine zusätzliche Familie im bereits belegten Zimmer ins „PZ“ kam.

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Die Anwälte fragen in gewohnter Weise nach der Kompetenz des eingesetzten Dolmetschers und wollen wissen, ob der Beamte selbst die Größe des Raumes in Burbach überprüft hat. Das wird verneint, ebenso die Sichtung von Arbeitsbüchern und -listen, die zeigen sollen, ob K. am angeblichen Tattag überhaupt Dienst hatte.

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