Siegen. Seit 14 Jahren gibt es die Schule für Kranke an der DRK-Kinderklinik. Die Coronakrise ist für Lehrer und Patienten eine besondere Herausforderung

An der Patientenschule der DRK-Kinderklinik Siegen werden kranke Kinder, die lange im Krankenhaus bleiben müssen, unterrichtet, damit sie in ihrer Heimatschule nicht den Anschluss verlieren. Eine große Herausforderung für die Lehrerinnen und Lehrer, die durch die Coronakrise noch schwieriger geworden ist.

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Normalität für kranke Kinder in Siegen

Die Lehrer: Sieben Lehrer arbeiten an der Patientenschule. Drei in Vollzeit, eine davon ist Schulleiterin Annette Ott, und vier Teilzeitkräfte. Es handelt sich um normal ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer – aus verschiedenen Fachrichtungen und Schulformen. Ott unterrichtete zum Beispiel an einer Regelschule in Kreuztal, bevor sie die Leitung der Patientenschule übernahm. Ein Sekretariat gibt es ebenfalls.

Die Schüler: Alle schulpflichtigen Kinder, die länger als vier Wochen in der Klinik bleiben, werden in der Patientenschule unterrichtet. Die Kinder werden in diesen Fällen meistens von Beginn ihres Klinikaufenthalts an unterrichtet, da die Ärzte die nötige Dauer einschätzen können.

Die Eckdaten

Seit 2006 gibt es die Schule in den Räumen der ehemaligen Cafeteria der DRK-Kinderklinik.

Die Schüler kommen aus der psychiatrischen Abteilung und der Tagesklinik, sowie von den „Kinderinseln 1 und 2“, zwei Intensivstationen für mehrfach-schwerstbehinderte und dauerbeatmete Kinder und Jugendliche.

Der Unterricht: Der Stoff orientiert sich an den Lehrplänen der jeweiligen Heimatschulen. Ziel ist, dass die Kinder den Anschluss nicht verlieren. Dazu stehen die Lehrer in enger Absprache mit den Schulen. Bis zu 20 Wochenstunden werden die Patienten unterrichtet, je nach Belastbarkeit. Auch für die Wiedereingliederung in die Heimatschule findet eine Absprache zwischen den Lehrern statt, manchmal auch mit dem Therapeuten. Noten gibt es in der Patientenschule nicht, das Zeugnis wird in Wortform ausgestellt, wie in der ersten und zweiten Grundschulklasse.

Die Schule: Fünf unterschiedlich große Klassenzimmer gibt es, in denen Gruppen von maximal sechs Schülern unterrichtet werden. Wenn es nötig ist, zum Beispiel bei Kindern mit schwerer Behinderung, findet der Unterricht auch am Krankenbett statt. Es gibt auch einen Schulhof, auf dem die Kinder ihre Pause verbringen können. Sie haben auch einen festen Schulweg aus ihren Krankenzimmern. Das gesamte Konzept der Patientenschule ist darauf ausgerichtet, den Kindern mit dem Schulbesuch ein Stück Normalität zu ermöglichen.

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Kinder der Siegener Klinik haben Angst vor Corona

Mit der Coronakrise hatte die Normalität jedoch auch in der Schule für Kranke ein Ende. Wie in anderen Schulen war der Betrieb zunächst komplett eingestellt. Ende April ging es langsam wieder los, jedoch mit einigen Schwierigkeiten.

Drei Lehrer, also fast die Hälfte, darf in der Coronazeit nicht unterrichten. Und für die Schüler, die wegen ihren Krankheiten ohnehin schon mit einer zusätzlichen Belastung zu kämpfen haben, ist die Situation besonders belastend. „Natürlich haben sie auch Angst“, erklärt Kerstin Ott, sie in dieser Zeit zu motivieren sei besonders schwer.

Trotzdem hat das Team Lösungen gefunden: Um den Kindern die Angst zu nehmen, sage sie zum Beispiel ganz klar, was sie dürfen – und was nicht, erklärt Lehrerin Heike Gröning-Müller. Sie und ihre Kollegen haben außerdem spezielle Unterrichtseinheiten entwickelt, die die Hygienevorschriften nicht nur einhalten, sondern teilweise auch thematisieren. Auch ganz praktisch mit Experimenten, die in der Krisenzeit jedoch nur von jeweils einem Schüler praktiziert werden dürfen.

Unterricht leidet unter Corona

Die anderen schauen zu und dann wird das Ergebnis gemeinsam besprochen. Der Mundschutz ist dabei ein Handicap, gerade für Kinder mit Sprachproblemen, da sie vieles von den Lippen ablesen. Ein Lächeln für eine gute Leistung, ein tadelnder Blick für ein Fehlverhalten – das klappt nicht mit Maske. „Das hast du gut gemacht“ oder „Jetzt bin ich wütend“ spricht die Lehrerin jetzt ganz bewusst aus.

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„Für die Krisenzeit klappt das“, fasst Annette Ott ihre Erfahrungen zusammen. Es könne aber kein Dauerzustand sein. „Die Qualität leidet, die Schüler leiden auch“, resümiert die Schulleiterin. Vom Ministerium fühlt sie sich ein Stück weit im Stich gelassen. „Wir müssen umsetzen, was andere sich ausdenken, die gar nicht in dem System arbeiten“, kritisiert sie. Niemand habe sich vor Ort die Situation angesehen und keiner habe gefragt, was diese besondere Schule in dieser besonderen Zeit brauche – „das wäre schön gewesen“.

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