Siegen. Kultur in der Coronakrise: Streaming-Angebote des „virtuellen Huts“ im Siegener Lyz rufen bei den Beteiligten durchaus gemischte Gefühle hervor.

Wenn die Menschen nicht zur Kunst kommen können, müssen umgekehrte Wege gefunden werden. Das ist ein Gedanke hinter den Veranstaltungen, die auch noch in den nächsten Tagen aus dem Siegener Lyz in die Wohnzimmer gestreamt werden. Darunter auch das, was Guido „Fliege“ Müller am Montagabend als „Geisterkabarett“ bezeichnet. https://www.wp.de/staedte/siegerland/corona-ticker-die-wichtigsten-infos-zum-virus-in-siegen-und-umgebung-id228702479.html

Vier Künstler auf der Bühne, vor leeren Reihen und vier Kameras. Der Moderator im knallrosa Hasenkostüm verbringt im Gegensatz zu seinen sonstigen Shows die ganze Zeit auf der Bühne. Um Reaktionen und Postings der Netzgemeinde einzufangen, die das spätösterliche Spektakel auf vier Kanälen live miterleben kann.

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Kulturbüro Siegen-Wittgenstein: „Der virtuelle Hut“

Der Dank geht vor allem an die Initiatoren der Plattform „Der virtuelle Hut“, an die sich Landrat Andreas Müller und Kulturbüro angeschlossen haben, um in Coronazeiten leidende Künstler und die regionale Kulturszene zu unterstützen. Dabei zeigt sich Jens von Heyden als Leiter des Kulturbüros mit den Erfahrungen zufrieden und sieht auch künftig neue Möglichkeiten für solche Veranstaltungen.

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„Wir haben das Haus ja auch schon in Arena Lyz umbenannt“, sagt er grinsend. Einig sind sich alle, dass solche Auftritte ohne Publikum nicht die Zukunft sein dürfen – obwohl die Klickzahlen weit über das hinausgehen, was an Menschen ins Lyz passt: 2700 Menschen haben am Osterwochenende Kleinkunst, Lyrik, Blechblasmusik und Kabarett übers Internet verfolgt.

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Manche Menschen können einfach alles tragen: Guido Fliege moderiert im rosafarbenen Hasenkostüm.
Manche Menschen können einfach alles tragen: Guido Fliege moderiert im rosafarbenen Hasenkostüm. © Michael Kunz

Kein Live-Publikum im Lyz – eine neue Erfahrung!

„Ich möchte mich nicht daran gewöhnen“, bekräftigt Comedian Matthias Jung aus dem Hunsrück, seit Jahren künstlerischer Gast in Siegen, der erneut launig-komische Erfahrungen mit Teenagern auf die Bühne bringt. „Als es noch Publikum gab“, sei einmal diese und jene Reaktion gekommen, stellt er fest und lässt mehrfach durchblicken, dass er sich eine schnelle Rückkehr zur Normalität wünscht. „Hat es Reaktionen oder Fragen gegeben?“, fragt er danach hoffnungsvoll den moderierenden „Hasen“. Der verneint.

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Überwiegend Sprüche und Grüße von Bekannten habe es gegeben, sagt Guido Müller hinterher, kann aber auch einige Spenden melden. Rund 400 Euro sind nach etwa zwei Dritteln des gut 90 Minuten langen Programms eingegangen. Am Ende des Wochenendes waren es 3000 Euro.

Dazu gehört noch Matthias Reuter, Oberhausen, der am Piano zu den Klängen von „In The Mood“ ein Hohelied auf das Zuhausebleiben vorträgt: „Drin ist gut“, eine Ode an die Autokinos, die aktuell eine neue Hochzeit erleben, und ein paar schräge Gedichte anhängt. Schräg und böse passt auf den Berliner Liedermacher Falk, erstmals in Siegen, mit Sondergenehmigung des Landrats für die Übernachtung. Mit schwärzestem Humor lässt er sich aus über Kinder, Anbahnen von Beziehungen, aussterbende Raucher und versehentlich Einkaufen im Biomarkt.

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Weigand & Genähr sind krank

Nicht geschafft haben es Weigand & Genähr, „die trotz Bühnenabschied die Teilnahme versprochen hatten, jetzt aber erkältet zu Hause sind“, bedauert Guido Müller, dafür wurde kurzfristig der Siegener Sebastian Stenczl verpflichtet, ein alten Mitstreiter aus „Lyz-Mix-Tagen“. Der liefert zwei humorige Texte ab, wünscht sich aber ebenso die baldige Rückkehr der Normalität, gerade „in einem Jahr, wo es eigentlich endlich richtig losging für mich“. Jetzt sei alles abgesagt bis August, und „ob es mit einer Musicalproduktion im Herbst noch etwas wird“, stehe auch noch in den Sternen. Alles nicht so einfach eben.

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„Ich improvisiere ja vor allem“, gibt Guido zu bedenken, während sich die Kollegen von Pointe zu Pointe hangelten und auch schnell einmal aus dem Rhythmus kommen könnten, wenn die Lacher nicht kämen. Tatsächlich gibt es sogar welche, von den Technikern im Raum, die sich aber zurückhalten müssen und still vor sich hin prusten. Warum, erklärt Susanne Klotz vom Kulturbüro: Geräusche aus dem Saal werden nicht übertragen. Zuschauer bekämen dann nur eine Pause mit, wenn der Künstler auf etwas reagiere – das irritiere. Also klare Anweisung: Bitte kein Lachen und Klatschen. Was trotz oder gerade wegen der „Geister-Atmosphäre“ bei den Sprüchen der Jungs auf der Bühne nicht so einfach ist.

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